Fesseln der Unvergaenglichkeit
wieder zurechtfinden wird.«
»Sie war so glücklich, als sie mir von dem Kind erzählte.« Leonardo ging zum Fenster und lehnte seinen Rücken an das kalte Glas. Arme Chloe. Er hatte sie als Kind immer bei ihrem Namen genannt, wenn er erwachsen sein wollte. Sie hatte ihr Leben auf das Kind eingestellt. Eine Gänsehaut kroch ihm über den Rücken. Wenn sie für immer daran zerbrach? Sie musste verzweifelt sein. »Weißt du, warum es passiert ist?«
Zakhar schüttelte den Kopf. »Nein, es verlief alles ganz normal. Sie hat auch immer darauf geachtet, genügend Blut zu trinken. Gestern Abend setzten Blutungen ein und ich habe sie ins Krankenhaus gebracht. Für eine Vampirin ist eine Fehlgeburt nichts Gefährliches, ich hätte sie mit nach Hause nehmen können. Aber sie wollte sich an einem Ort erho len, wo sie alles vergessen konnte, der sie nicht an ihre hoffnungsvollen Stunden während ihrer Schwangerschaft erinnerte.« Zakhar sah Leonardo traurig an. »Ich hatte mich auf das Kind gefreut und gehofft, es würde ein Junge werden, der dir die Bürde, eine Lix zu heiraten, ersparen könnte.« Zakhar stand vor dem Sofa. Das schwarze Leder betonte seine Haut, die grau wirkte. »Aber diese Möglichkeit besteht jetzt nicht mehr. Sobald deine Mutter sich erholt hat, werden wir den Termin deiner Heirat mit Helena festsetzen.«
Leonardo wusste, dass der Moment gekommen war, um die Wahrheit zu sagen. Er sah seinen Vater an, der vom Kummer gezeichnet, gebeugt vor ihm stand. Gleich würde Leonardo seine Schmerzen bis ins Unerträgliche steigern. Seine Worte würden Zakhar wie einen Dolchstoß durchbohren und seinen Hass entflammen. Warum hatte er nicht mit Daphne sterben können, um damit den Fluch zu verhindern. Er liebte seinen Vater und hätte alles getan, um ihm die zerschmetternde Nachricht zu ersparen. »Vater, ich würde dir gern gehorchen. Ich wünschte, ich könnte dir deinen Wunsch erfüllen.«
Zakhar richtete sich auf. »Was soll das heißen?«
»Ich würde mich umbringen, wenn es etwas ändern könnte.«
Zakhar sah ihn misstrauisch an. »Du musst Helena heiraten. Es geht um das Überleben der ganzen Familie.«
Leonardo zögerte, er hatte immer noch die Möglichkeit wegzugehen und sein Geständnis zu verschieben. Er hob sein Kinn und sah Zakhar an. Ein Visconti gab erst auf, wenn der Tod ihn besiegt hatte. Bis dahin kämpfte er mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen. »Ich kann Helena nicht heiraten.«
Zakhar sah in ungläubig an. »Ein Visconti steht hinter der Familie, auch wenn er dafür sein Leben opfern muss.« »Mein Tod ändert nichts. Ich habe Daphne verführt, darum ist sie gestorben.« Zakhar taumelte und ließ sich aufs Sofa fallen. Er röchelte, als ob er Asthma hätte, und versuchte keuchend Luft zu inhalieren.
»Du hast sie verführt?« Er wiederholte die Worte, scheinbar ohne sie zu verstehen.
»Ja, Vater, auf mir liegt der Fluch.«
Das Schweigen, das sich über den Raum legte, war unerträglich, erschien Leonardo noch viel schlimmer, als wenn Zakhar losgebrüllt hätte. Vater saß stumm da. Er schüttelte den Kopf. Kein Laut kam aus seinem leicht geöffneten Mund. Er erhob sich schweigend wie ein Traumwandler, kam auf ihn zu und legte ihm die Hand auf seine Schulter. »Bitte sag mir, dass es nicht wahr ist.«
Leonardo sah in die dunklen Augen, die ihn bittend ansahen. »Es ist wahr. Sie hat sich vor den Zug geworfen, um mich zu schützen.«
Zakhars Körper krümmte sich leicht nach vorn. »Ich kann nicht glauben, dass du mein Sohn bist. Noch nie hat ein Visconti seine Familie ins Unglück gestürzt.«
Zakhars Worte trafen Leonardo schlimmer, als jeder Tadel es vermocht hätte. Sein Vater betrachtete ihn als Verräter.
»Wie ist es möglich, dass du sie verführt hast?«
»Sie hat mich eingeladen, sie wollte mich besser kennenlernen. Wir haben Wein getrunken und dann erinnere ich mich an nichts mehr.«
Zakhar sah ihn wütend an. »Ich kann es nicht glauben. Daphne wusste, dass sie sterben würde, wenn sie sich vor der rituellen Heirat vereinigt.« Zakhar stützte sich am Fenster ab und sah Leonardo argwöhnisch an. »Hast du sie gezwungen?«
Die Frage traf Leonardo wie ein Faustschlag. Er konnte sich nicht an den Nachmittag erinnern, aber er wusste, dass er niemals eine Frau nötigen würde. »Du meinst, sie hat sich aus Verzweiflung vor den Zug geworfen, weil ich sie mit Gewalt verführt habe?«
»Das scheint mir die einzige plausible Erklärung.«
Leonardo stellte sich
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