Fesseln des Schicksals (German Edition)
Hortensia in der Gesellschaft von Klaus und Scott zurück. Sehnsuchtsvoll beobachtete Charlotte, wie Richard sich in der Menge entfernte.
Nachdem er Gwendolyn Burton mit einem knappen Gruß bedacht hatte – trotz ihres Alters trug sie ein schreiend gelbes Ensemble –, sprach Richard einen Moment mit Laura, die durch ein mit Rüschen und Verzierungen überladenes Kleid verriet, dass sie den schlechten Geschmack ihrer Mutter geerbt hatte. Trotz allem war Laura eine attraktive junge Frau, die wusste, wie sie aus ihrem schönen ovalen Gesicht und den blauen Augen Kapital schlagen konnte. In diesem Moment tauchte Camille Carson auf, die einzige Tochter eines wohlhabenden Pflanzers aus der Gegend. Da stand sie, nur wenige Schritte von Richard entfernt. Charlotte konnte genau beobachten, dass Camille auf plumpe Weise so tat, als wäre sie zufällig neben Richard gelandet. Sie runzelte die Stirn. Obwohl sie sich bemühte, an Camille irgendwelche Fehler zu entdecken, musste sie anerkennen, dass sie großartig aussah. Das Kleid in sehr hellem Blassrosa betonte ihre schmale Taille. Die blonden Locken fielen ihr über die züchtig bedeckten Schultern, und ihr Gesicht erstrahlte, sobald Richard das Wort an sie richtete.
Mit halbem Ohr hörte sie die Schilderung eines Kampfes mit den wilden Eingeborenen einer abgelegenen Insel, die Leutnant Fritz mit seiner tiefen und energischen Stimme zum Besten gab. Aber Charlotte hatte nicht die Absicht, ihre Zeit mit Geschichten über längst vergangene Scharmützel zu vergeuden, wo doch in diesem Moment die entscheidende Schlacht ihres eigenen Lebens bevorstand.
Sie nahm Hortensia am Arm und lächelte dem Offizier zu.
«Es tut mir leid, Leutnant Fritz», unterbrach sie ihn mit zerknirschtem Gesichtsausdruck und legte sich die Hand aufs Herz. «Wenn Sie uns entschuldigen, ich denke, wir sollten unseren Onkel begrüßen.» Dann ging sie und schleifte ihre Schwester mit sich.
Klaus blieb nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie die beiden attraktivsten Frauen des Balls zwischen den anderen Gästen verschwanden.
«Mach dir nichts draus», munterte Scott ihn auf, der sich über den Misserfolg seines Freundes amüsierte. «So sind die Frauen.»
Resigniert zuckte Klaus mit den Schultern, als sein Blick auf die junge Dame fiel, die Richard vor wenigen Minuten begrüßt hatte. Sie war zwar bei weitem nicht so anziehend wie die anderen beiden, hatte aber durchaus ihre Reize. «Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich ein bisschen unter die Leute mischen.»
«Kein Problem.» Scott grinste, als er entdeckt hatte, was Klaus plötzlich so interessierte. «Lass mich nur allein hier im feindlichen Gebiet zurück. Ich werde schon zurechtkommen.»
Als Charlotte die Nase in den Speisesaal steckte, stellte sie zufrieden fest, dass sich niemand darin aufhielt. Der Tisch war schon gedeckt, und die Sklaven, die beim Abendessen bedienen würden, hatten noch genug im Empfangszimmer zu tun, wo zahlreiche Gäste versuchten, immer noch eines der leckeren Horsd’œuvres zu erhaschen. Die Platten leerten sich jedes Mal wieder in Windeseile.
«Darf man wissen, was du vorhast?», fragte Hortensia, die nervös im Türrahmen stehen geblieben war. Mit einem Wink brachte Charlotte sie zum Schweigen und bedeutete ihr, dort stehen zu bleiben und aufzupassen.
Hortensia hatte keine Ahnung, was Charlotte hier wollte, aber da sie ihre Schwester kannte, wusste sie, dass sie sicher nichts Gutes im Schilde führte. Jetzt sah sie, wie Charlotte ihr Augenmerk auf die eleganten beigefarbenen Kärtchen richtete, die auf den Tellern lagen und auf denen die Namen der Gäste eingeprägt waren. Sofort wurde Hortensia von einer schrecklichen Vorahnung überfallen, die nur eine Sekunde später bestätigt wurde. Charlotte nahm eine der Karten und tauschte sie mit einer anderen ein paar Plätze weiter.
Hinter die Treppe geduckt, die neben der Tür zum Speisesaal nach oben führte, beobachtete Hortensia mit einem Auge die Gäste. Mit dem anderen überwachte sie die Schritte ihrer Schwester. Ihre Knie wurden weich. Wenn jemand sie entdeckte, würde sie es bis ans Ende ihres Lebens nicht mehr wagen, vor die Tür zu gehen.
Als Charlotte wieder neben ihrer Schwester stand, war Hortensia kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
«Bist du verrückt geworden?», flüsterte sie, traute sich aber nicht, ihre Stimme zu erheben, bis sie Charlotte rasch so weit wie möglich vom Speisesaal weggezerrt hatte.
Charlotte ließ sich nicht aus der
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