Fesseln des Schicksals (German Edition)
Mutter geteilt habe.»
«Das ist nicht wahr!», schimpfte Charlotte. Auf keinen Fall würde sie sich davon überzeugen lassen, dass die Hütten auf New Fortune noch schlechter waren als dieses Loch, das eher für Tiere gebaut schien.
«Wie Sie meinen», seufzte Noah und sah sich nun den Herd genauer an. Er wollte sich nicht streiten.
Aber Charlotte konnte das Thema nicht einfach fallen lassen. «Wie kannst du es wagen zu behaupten, dass dieser Ort besser ist als unser Zuhause! Wie kannst du nur so treulos sein!»
Gerade wollte Noah Charlotte einmal gründlich die Meinung sagen, als die junge Sklavin mit einem großen Bündel auf dem Kopf wiederauftauchte.
«Entschuldigt», sagte sie. Die Atmosphäre war merklich spannungsgeladen. «Ich kann auch später wiederkommen.»
«Nein, es ist schon gut. Bitte, komm herein», sagte Noah.
Trotzig verschränkte Charlotte die Arme und drehte sich zur Wand. Aber Noah kümmerte sich nicht weiter um sie und half der Sklavin, das Bündel auf den Tisch zu legen.
«Ich habe euch ein paar Kleider mitgebracht. Sie müssten eigentlich passen. Hier ist auch etwas Brot und Maismehl.»
Charlotte war es leid, die Wand anzustarren, und lief zum Tisch. Schnell griff sie sich ein paar Kleider und Tücher. Sie waren nicht neu, aber wenigstens schienen sie sauber zu sein.
«Ich will mich waschen», sagte Charlotte brüsk.
Verärgert starrte die Sklavin sie an.
«Ich danke dir für alles», sagte Noah schnell, bevor Charlotte mit ihren Allüren noch den Hass der anderen Sklaven auf sich zog. «Das ist Charlotte, meine Schwester. Kümmere dich nicht um ihre Umgangsformen. Wie du siehst, lassen sie wirklich zu wünschen übrig.»
Charlotte sprühte Feuer aus ihren Augen.
Aber die Sklavin bemerkte es nicht. Sie lächelte nachgiebig.
«Macht nichts. Ich bin Melody. Ich lebe mit meinen Eltern und Geschwistern in der übernächsten Hütte. Und du?»
«Noah.»
«Noah …», wiederholte Melody langsam und ließ sich den Klang des Namens auf der Zunge zergehen. «Ein schöner Name», sagte sie, immer noch lächelnd.
Als Melody sie zu der Stelle führte, wo sie sich waschen konnte, starrte Charlotte entsetzt auf den kleinen Fluss, der nahe am Sklavendorf verlief. Es war sogar eher ein Bach, denn der Wasserlauf war keinen Meter breit und nur knietief.
«Hier?»
Melody nickte.
Obwohl die Sklavin ihr mehrmals versichert hatte, dass die Männer sich an einer anderen Stelle wuschen, musste Charlotte selbst nachsehen, ob auch niemand in der Nähe war. Erst dann entkleidete sie sich und tauchte ins kühle Wasser ein.
Die kräftige Strömung hatte die Wirkung einer belebenden Massage. Was hätte sie in diesem Moment nicht für ein Stück von der Lavendelseife gegeben, mit der Latoya ihr immer den Rücken eingeseift hatte. Aber das klare Wasser des Baches musste diesmal ausreichen. Sie blieb im Wasser, bis ihre Finger blau anliefen. Danach trocknete sie sich ab und zog endlich ein sauberes Kleid an.
Als sie in die Hütte zurückkam, hatte Noah schon aufgedeckt. Auch er hatte sich gewaschen und etwas Frisches angezogen. Und trotzdem hatte er noch die Zeit gefunden, einen weißlichen Brei zuzubereiten, der in einem Topf auf dem Herd blubberte.
«Was ist das?», fragte Charlotte, ließ ihre dreckige Wäsche auf den Boden fallen und setzte sich an den Tisch.
«Maisbrei», antwortete Noah und füllte ihr auf.
Sofort verzog sie den Mund zu einer Grimasse. «Gibt es nichts anderes?»
«Nein», sagte Noah und goss den Rest des Breis in seinen eigenen Teller.
Charlotte schnupperte an dem Brei, probierte dann aber doch einen Löffel voll und spuckte ihn sofort wieder aus. «Mein Gott, das schmeckt ja fürchterlich. Auf keinen Fall werde ich das essen», sagte sie und schob den Teller weg.
«Wie Sie wollen. Aber wenn Sie nichts essen, sind Sie morgen zu schwach für die Arbeit.»
«Arbeit! Wo wir uns noch nicht einmal von der Reise erholt haben. Wollen die uns umbringen?»
Darauf gab es nichts zu erwidern. Schweigend beugte Noah sich über seinen Teller und aß. Er musste wieder zu Kräften kommen.
Ungeduldig sprang Charlotte auf und stampfte mit dem Fuß auf dem Boden auf. «Und als ob diese Demütigungen und Entbehrungen nicht schon genügen würden, muss ich auch noch mit dir eine Hütte teilen. Was bildest du dir eigentlich ein, einfach zu behaupten, dass ich deine Schwester bin?», schrie sie Noah an.
Jetzt verlor auch Noah die Geduld. «Ich habe sehr wohl verstanden, dass uns die
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