Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
Vom Netzwerk:
desto leichter wird es für Sie. Und ich glaube nicht, dass Master Parrish irgendjemandem etwas erzählt hat. Ich denke, dass Ihr Vater wahrscheinlich eine Reise zu Ihren Verwandten nach New Orleans vorgibt, um Ihre Abwesenheit zu erklären. Niemand wäre überrascht, wenn Sie nach Mr. Reemicks Hochzeit für eine Weile verreisen würden.»
    Wusste dieser verdammte Kerl denn über alles Bescheid? Charlotte war in keinem Augenblick der Gedanke gekommen, dass ihr Vater genauso wenig wie die beiden Schwestern wünschte, dass die Wahrheit ans Licht kam. Wie dumm war sie gewesen! Wenn sie vorher daran gedacht hätte, hätte sie ihre Karten besser ausgespielt und mit Hortensia zu ihrer Familie nach New Orleans fliehen können. Aber ihr Vater war klüger gewesen. Er hatte einen geschickten Zug gemacht und gewonnen.
    «Sobald die Weißen den Bahnhof verlassen haben, sind wir dran. Wenn Sie ohnmächtig werden, kommen Sie nicht weit. Sie müssen essen», beharrte Noah.
    Die Wut, die in Charlotte aufstieg, als sie sich bewusst wurde, mit welcher Leichtigkeit ihr Vater sie hereingelegt hatte, war stärker als ihr Ekel. Plötzlich keimte der Wunsch zu fliehen in ihr auf und beherrschte alle ihre Gedanken. Schnell riss sie Noah das Brot aus der Hand und stopfte es in sich hinein. Danach verdrängte sie die Tatsache, dass alle dieselbe Kelle benutzten, um aus dem Wassereimer zu trinken, den jemand neben die Tür gestellt hatte, und stürzte alles bis auf den letzten Tropfen hinunter.
    Erst lange Zeit nachdem die weißen Reisenden den Bahnhof verlassen hatten, wurden die Türen geöffnet.
    ***
    Seit man ihr Charlotte vor ein paar Tagen entrissen hatte, hatte Hortensia ihr Zimmer kaum einmal verlassen. Sie hatte nicht die Kraft, sich dem harten Blick ihres Vaters auszusetzen. Aber sein Schweigen war noch schlimmer. Ein eiskaltes Schweigen.
    Und trotzdem sah es von ihrem Zimmerfenster aus so aus, als hätte sich auf New Fortune nichts verändert. Das Leben ging unbeeindruckt von den schrecklichen Dingen, die das Schicksal für sie bereithielt, seinen gewohnten Gang.
    «Wo bist du nur, Schwesterchen?», fragte Hortensia den Wind. «Wo hat unser Vater dich hingeschickt?»
    Aber der Wind schwieg.
    «Wie ich dich vermisse, Charlotte», sprach sie wieder und wünschte sich so sehr, dass ihre Schwester sie hören könnte.
    Latoya klopfte schon zum zweiten Mal an die Tür, bevor sie schließlich eintrat. «Miss Hortensia?», rief sie.
    Hortensia gab keine Antwort.
    «Miss Hortensia. Oberst Ross erwartet Sie in der Bibliothek», teilte ihr die Sklavin mit.
    Aber ihre junge Herrin starrte einfach weiter aus dem Fenster.
    «Geht es Ihnen gut, Miss?»
    Die Besorgnis in Latoyas Stimme bewegte Hortensia zu einer Antwort. «Mir geht es gut», sagte sie und drehte sich mit einem Lächeln zu der Sklavin um. Aber die ließ sich nicht täuschen. Die verzweifelte Trauer, die in jedem Blick ihrer jungen Herrin lag, konnte man nicht hinter einem Lächeln verstecken.
    «Danke, Latoya. Bitte sag Oberst Dugan, dass ich gleich hinunterkomme.»
    Die Sklavin nickte. Auch sie war traurig.
    Als Ross Dugan vierzig geworden war, hatte er die Armee verlassen und war nach Hause zurückgekehrt, um eine Familie zu gründen. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, um Hortensias Hand anzuhalten, aber als er David gegenüber seine Zukunftspläne erwähnte, schlug dieser selbst vor, Hortensia zur Frau zu nehmen. Und Dugan hatte akzeptiert. Aber jetzt kamen Zweifel in ihm auf. Sicher war Hortensia sehr hübsch und hatte ein angenehmes Wesen, aber es trennte sie doch ein großer Altersunterschied. Vielleicht ein zu großer.
    «Ich weiß nicht, David. Ich glaube, ich bin zu alt für deine Tochter.»
    David spielte mit seinem Cognacglas, bevor er antwortete.
    «Red keinen Unsinn, Ross. Du bist noch ein stattlicher Mann.»
    «Was denkt sie denn?»
    «Ich habe dir doch schon gesagt, dass sie einverstanden ist.»
    «Ich weiß. Aber es fällt mir schwer zu glauben, dass eine junge Frau mit ihren Vorzügen einen Mann wie mich in Betracht zieht. Ich bin mir sicher, dass es ihr nicht an jungen und ebenso reichen Verehrern fehlt.»
    «Aber, aber … So reich bist du nun auch wieder nicht», scherzte David.
    Dugan lächelte. Obwohl sich an seinen Schläfen ein paar graue Strähnen bemerkbar machten, hatten die Jahre ihn gut behandelt. Und durch die körperliche Betätigung beim Militär war er in Form geblieben. Ja, dachte er bei sich, man konnte durchaus sagen, dass er noch ein

Weitere Kostenlose Bücher