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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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einziges Mal ausgegangen, seit wir vor über einem Jahr in Boston angekommen sind. Wir kennen niemanden, und diese Einladung ist die perfekte Gelegenheit, einmal unter Leute zu kommen», sagte sie bittend.
    «Meinetwegen brauchst du das nicht, Noah», warf Hortensia ein. Aber Charlotte ließ nicht locker.
    «Schlag die Einladung nicht aus, Noah. Ich gebe ja zu, dass ich so gern auf ein Fest gehen möchte. Ich vermisse die Musik, die Leute … Ich liebe Feste. Ist das etwa eine Sünde?»
    Noah fühlte sich fast etwas egoistisch. Er war sich bewusst, dass Charlotte freiwillig auf viele Dinge verzichtet hatte, seitdem sie ihr Elternhaus verlassen mussten.
    «Meinetwegen», gab er seufzend nach. «Aber ich werde es bestimmt bereuen.»
    «Wir werden ja sehen.»

· 28 ·
    C harlotte konnte ihre Geschwister sogar davon überzeugen, für diesen besonderen Anlass etwas zum Anziehen zu kaufen. Noah, der im ersten Moment gerade einmal mit einem praktischen dunklen Anzug einverstanden gewesen war, stand plötzlich in einem hocheleganten schwarzen Anzug mit beigefarbener Seidenweste, Halstuch, Cape, Handschuhen, Hut und glänzenden Lederschuhen da, ohne ganz zu begreifen, wie es so weit hatte kommen können. Charlotte selbst hatte sich für ein kostspieliges türkisblaues Kleid mit passendem Cape entschieden, viel zu dünn für diese Jahreszeit. Nur Hortensia, die kein Geld für etwas ausgeben wollte, das sie ihrer Meinung nach kaum jemals wieder tragen würde, wählte eine preiswerte und dezente Kombination, die sie auch zu anderen Anlässen anziehen könnte.
    Als die drei Geschwister am 31. Dezember 1859 in ihren neuen Kleidern das Haus verließen, wartete die Kutsche von Mr. O’Flanagan schon unten an der Steigung zur Arch Street.
    Der Kutscher stieg vom Bock, öffnete die Tür und wartete, bis seine drei Fahrgäste den Hügel heruntergekommen und eingestiegen waren.
    Dann fuhr er los.
    «Wie kalt es ist», rief Charlotte und rieb sich die Hände.
    «Ich habe dir ja gleich gesagt, dass dieses Cape nicht warm genug ist.»
    «Ich weiß, Hortensia. Aber es war so wunderschön. Außerdem hätte ich nicht gedacht, dass es so kalt ist.»
    Hortensia zog die Augenbrauen hoch und tauschte einen kurzen Blick mit Noah. Sie alle hatten Boston zur Genüge kennengelernt, und man musste schon sehr dämlich sein, um eine so armselige Ausrede zu glauben.
    Doch Charlotte zitterte dermaßen, dass Hortensia sie besorgt ansah und ihr ein Stück von ihrem Cape abgab.
    Noah hatte eine bessere Idee. Ihm fiel ein, dass man in den hohlen Kutschbänken manchmal Decken und andere Dinge aufbewahrte. Er versuchte sein Glück und klappte seine Seite auf, und tatsächlich fand er dort neben einem Seil und ein paar Kissen eine Felldecke, unter der Charlotte sofort verschwand, kaum dass er sie ihr reichte.

    Die vornehme Beacon Street verlief vor dem Boston Common Park, am Fuß des gleichnamigen Hügels.
    Während die Kutsche durch den Lichtkorridor fuhr, der sich durch die Gaslampen über der gepflasterten Straße öffnete, tauchten die Umrisse der Villen aus der Dunkelheit auf, und Charlotte wurde immer euphorischer. Schließlich hielt die Kutsche vor dem größten und prächtigsten Anwesen an.
    Bei Noah und Hortensia stellten sich andere Gefühle ein, als die Kutsche an ihrem Ziel ankam. Noah konnte sich Angenehmeres vorstellen, als den Silvesterabend unter den feindlichen Blicken weißer Männer zu verbringen. Auch Hortensia fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, sich in der Gesellschaft zu bewegen, als wäre nichts geschehen. Die Angst, jemand könnte ihr Geheimnis entdecken, lag ihr so schwer auf der Brust, dass es ihr fast den Atem nahm.
    Beim Aussteigen spürte Charlotte erneut empfindlich, dass ihr Cape für den harten Bostoner Winter eindeutig zu dünn war, und drängte sich zwischen ihre Geschwister. Zum Glück wurde ihnen sofort geöffnet. Brian O’Flanagan begrüßte sie persönlich an der Tür.
    «Meine Damen, Noah», begrüßte er seine Gäste, küsste Hortensia und Charlotte die Hand und drückte sehr herzlich die ihres Bruders.
    «Guten Abend», erwiderten die drei wie aus einem Mund.
    Dann übergaben Noah und Hortensia ihre Capes einem Diener, der hinter ihrem Gastgeber aufgetaucht war. Charlotte, die furchtbar für ihren triumphalen Einzug gefroren hatte, legte ihr Cape nur widerwillig ab. Hilflos musste sie zusehen, wie es in einem Schrank verschwand, ohne dass jemand es bewundern konnte.
    «Kommen Sie doch bitte herein», bat

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