Fesseln des Schicksals (German Edition)
der das Vorhängeschloss ohne große Schwierigkeiten aufbrechen konnte. Scott betrat den Raum und näherte sich Richard. Regungslos lag sein Freund auf dem Boden.
«Richard!», rief Scott erschrocken aus und legte ihm eine Hand auf die Stirn. Er war schweißgebadet und glühte. Seine Haut war gelblich blass, und durch das Fieber waren seine Lippen rissig geworden. Richards Lider zitterten, bevor er die Augen öffnete.
«Schon wieder habe ich Visionen», lächelte er.
«Kannst du gehen?», fragte Scott, als er bemerkte, dass Richard blutete. Seine Wunden mussten wieder aufgegangen sein.
«Ich kann es versuchen», sagte er, schaffte aber nicht einmal, sich zum Sitzen aufzurichten. Seufzend sank er zurück auf den Boden. «Es tut mir leid, mein Freund. Du hättest nicht kommen dürfen. Ich kann nicht. Geh!»
Klaus, der an der Tür Wache gehalten hatte, näherte sich den beiden.
«Du glaubst doch nicht, dass ich die Ratten zwischen meinen Füßen ertragen habe, um dich dann hier zurückzulassen!»
Mit Scotts Hilfe lud Klaus sich den Verletzten auf die Schultern und trug ihn aus der Zelle. Es würde schwierig werden, ihn durch den Schacht zu den Kanälen hinunterzubringen, aber zum Glück hatte Scott ein Seil mitgebracht, das er Richard nun fest um die Brust band. Dann stieg er selbst in den Schacht, und Klaus ließ Richard langsam hinunter.
Der Abstieg über die Leiter war schwierig und dauerte lange, aber mit vereinten Kräften ließen die beiden Männer ihren geschwächten Freund vorsichtig hinunter. Als Scott und Richard unten angekommen waren, kletterte Klaus schnell hinterher, nachdem er den Schachtdeckel an seinen Platz zurückgezogen hatte. Unten lud er sich Richard erneut auf den Rücken. Dann holte Scott eine weitere Fackel aus seinem Rucksack und übernahm wieder die Führung.
Weil Richard sich kaum aufrecht halten konnte, setzten sie ihn hinter Klaus aufs Pferd und banden ihn mit dem Seil an ihm fest.
Sie kamen nur langsam voran und gelangten erst im Morgengrauen zu einer Brücke, die über die Schlucht führte. Im Schritttempo überquerten sie den Fluss, der fünfzehn Meter unter ihnen in der Tiefe lag.
Plötzlich wurde die Stille von Kanonendonner zerrissen.
«Das kommt vom Fort!»
«Ich weiß», sagte Scott. «Ich dachte, wir hätten etwas mehr Zeit, bis sie die Flucht entdecken würden. Anscheinend haben sie doch noch einen Rundgang gemacht.» Er ließ seinen Blick über den Horizont schweifen. Bisher sah man noch keine Spur von ihren Verfolgern.
«Wie viel Zeit haben wir?», fragte Klaus.
«Ich denke, wir haben eine Stunde Vorsprung. In zwei Stunden werden sie uns erreicht haben.»
«Zwei Stunden? Bei diesem Tempo brauchen wir mindestens drei bis zur Grenze. Wir werden es niemals schaffen.»
Jetzt hatten sie die andere Seite der Brücke erreicht, und Scott zügelte sein Pferd und saß ab.
«Was tust du da, Scott? Wir müssen weiter!»
«Wir brauchen mehr Zeit.»
«Aber woher sollen wir die nehmen?»
Scott drehte sich um und deutete auf die beiden Fässer mit Schwarzpulver.
«Ich werde die Brücke sprengen.»
«Damit? Du bist verrückt.»
Die Brücke bestand aus einer soliden Metallkonstruktion und spannte sich in einem einzigen Bogen, der von zwei Stützpfeilern gehalten wurde, über die Schlucht.
«Hast du dir das genau angesehen?», fragte Klaus. «Du brauchst mindestens doppelt so viel Pulver, um diese Pfeiler zu zerstören. Damit wirst du nicht einmal einen Kratzer verursachen.» Er war sichtlich ärgerlich.
«Mach dir keine Sorgen, vertrau mir einfach.»
«Ich will dich nicht beleidigen, Scott, aber das hier ist keine einfache Sache, und in der Akademie warst du nicht gerade der Klassenbeste.»
Scott grinste. «Nun, es ist nicht immer alles so, wie es scheint.»
«Meinetwegen», lenkte Klaus ein. Er musste zugeben, dass Scott diese ganze Rettungsaktion allein geplant hatte. «Versuch es. Außerdem haben wir kaum eine andere Möglichkeit.»
«Es wird funktionieren, ich habe es genau durchdacht. Die Brücke ist zwar solide konstruiert, aber wenn meine Berechnungen stimmen, müsste sie nachgeben. Und der nächste Übergang ist fast sechs Meilen weiter. Wenn sie die Schlucht zuerst an dieser Stelle zu überqueren versuchen, seid ihr in Sicherheit. Jetzt müsst ihr aber los.»
Klaus’ Gesichtsausdruck verriet seine Gedanken.
«Und du?»
«Mir wird nichts geschehen. Ich trage keine Waffen, und mein Akzent schützt mich. Selbst wenn ich auf Soldaten der Union treffe,
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