Fesseln des Schicksals (German Edition)
auf sie gestürzt.
Gwendolyn konnte an nichts anderes denken als an ihr Meisterwerk, dessen Überreste nun im Esszimmer verstreut lagen. So viel Mühe und Geld hatte sie in diesen Abend investiert, und diese Idiotin hatte alles verdorben.
«Was glaubst du eigentlich, wer du bist!», schrie sie Molly vollkommen außer sich an und riss ihr das Haarnetz vom Kopf. «Eingebildetes schwarzes Biest! Weißt du vielleicht nicht, dass Sklavinnen sich nicht schmücken dürfen?» Dann schlug sie Molly mit solcher Wucht ins Gesicht, dass diese beinahe zu Boden ging.
Auf die schallende Ohrfeige folgte absolute Stille. Gwendolyn war zu weit gegangen, niemand hatte das Recht, die Sklaven eines anderen zu bestrafen. Molly war wie gelähmt und wagte nicht einmal zu zittern. Gerade wollte Katherine sich erheben, als David ihr zuvorkam. «Molly, geh hinaus.» Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Sofort rannte sie los, als hinge ihr Leben davon ab.
«Dieser Zwischenfall tut mir außerordentlich leid», entschuldigte David sich bei Edward Burton, der vergeblich versuchte, die Fassung zu bewahren. «Ich gebe dir mein Wort, dass die Sklavin angemessen getadelt wird.»
«Es war nur ein kleiner Unfall. Lassen wir uns nicht den Abend verderben.»
Aber für Gwendolyn Burton war der Abend bereits verdorben. «Wie kann man einer Sklavin erlauben, sich derart anzuziehen. Als wäre sie eine große Dame! Was glaubt sie bloß, wer sie ist? Jemand musste ihr zeigen, wo sie hingehört», zeterte sie jetzt, nachdem sie ihre Wut nicht mehr direkt an Molly auslassen konnte.
In Davids Gesicht machte sich Anspannung bemerkbar. Gwendolyn Burtons Anschuldigungen wuchsen sich zu einem persönlichen Angriff auf seine Frau aus. Und auch Edward Burton war das offensichtlich klar geworden. «Es reicht», unterbrach er seine Frau, bevor sie noch mehr Unsinn von sich gab und seine gute Beziehung zu David gefährdete. «Gwendolyn! Es war ein Unfall!», sagte er mit Bestimmtheit, damit sie endlich ihre Fassung wiedererlangte. Offensichtlich begriff sie nicht, in was für eine heikle Situation sie ihn brachte.
Katherine, die Gwendolyn eben noch mit ihren Blicken förmlich durchbohrt hatte, lächelte jetzt und entspannte sich ein wenig. Schließlich sollte niemand bemerken, wie persönlich dieser Affront gewesen war. «Es tut mir so leid um den Schwan. Er sah so hübsch und lecker aus! Ich habe noch nie so etwas Nettes gesehen», sagte sie mit engelsgleichem Gesicht und legte ihre Hand entschuldigend aufs Herz. Gleichzeitig schwor sie innerlich, dieser lächerlichen Frau nie zu verzeihen, dass sie Molly gedemütigt hatte.
Trotz aller Bemühungen, das Geschehene zu vergessen, verlief der Rest des Abends angespannt, und die Gäste verabschiedeten sich, sobald die Etikette es erlaubte.
Es war schon spät, als sie nach New Fortune zurückkehrten. Molly folgte Katherine in ihr Zimmer. David, der die Sklavin auf der Rückfahrt keines Blickes gewürdigt hatte, entschuldigte sich und begab sich in die Bibliothek. Er hatte noch einiges zu tun.
Die Knoten in Katherines Korsett wollten sich heute nicht lösen lassen.
«Mrs. Burton ist eine Idiotin», rief Katherine, während Molly mit den Bändern kämpfte.
Keine Antwort.
«Es war wirklich ein schrecklicher Abend!»
Aber Molly sagte immer noch nichts. Die Finger wollten ihr nicht gehorchen. Erst beim dritten Versuch gab der Knoten nach, und Molly konnte Katherine das Korsett abnehmen und das Nachthemd anziehen. Danach setzte Katherine sich vor die Frisierkommode. Eine nach der anderen zog Molly die hübschen Haarnadeln aus der Frisur und bürstete ihr wie jeden Abend das Haar. Im Spiegel konnte Katherine das Gesicht ihrer Sklavin betrachten.
Ihr Blick hatte sich im Nichts verloren. Man sah, dass sie geweint hatte, denn ihre Augen waren geschwollen. Sie war furchtbar blass, nur an der Stelle, wo Gwendolyn Burton sie geschlagen hatte, konnte man noch immer eine Rötung erkennen.
«Mach dir keine Gedanken. Alles ist gut», tröstete Katherine sie liebevoll. Eine einzelne Träne bahnte sich einen Weg über Mollys Wange.
«Es ist mir unbegreiflich, wie jemand, der aussieht wie eine Tonne, ein solches Kleid anziehen kann. Sie war lächerlich! Und etwas so Kitschiges wie einen beleuchteten Schokoladenschwan habe ich seit der Geburtstagsfeier meiner Nichte Rona nicht mehr gesehen.»
Endlich erschien der Anflug eines Lächelns auf Mollys Gesicht.
Beim letzten der hundert Bürstenstriche klopfte es, und David stand
Weitere Kostenlose Bücher