Fesseln des Schicksals (German Edition)
platzen.
«Hallo», begrüßte Katherine die Sklavin, die ihren Kopf ergeben senkte.
«Guten Tag, Herrin.»
Katherine lächelte ihr zu. Irgendwie sah das Mädchen traurig und einsam aus. «Wie heißt du?»
«Velvet, Herrin», antwortete sie, ohne den Blick zu heben.
«Was für ein ungewöhnlicher Name. Wohin gehst du?»
«Zu den Hütten, Herrin Katherine.» Mit der Hand deutete sie auf eine Weggabelung nur ein paar Meter weiter geradeaus.
Katherine verzog leicht das Gesicht. Kurz nach ihrem Einzug auf New Fortune war sie aus Versehen in die Nähe des Hüttendorfes geraten, wo die meisten Sklaven lebten. Sie hatte es nur von weitem gesehen, aber es schien sich um einen schrecklichen Ort zu handeln. Nun, der Zustand der Sklavenunterkünfte war nicht ihre Angelegenheit. Der Aufseher war dafür zuständig. Katherine machte einfach immer einen weiten Bogen um diesen unangenehmen Ort.
«Master Owen hat mir erlaubt, früher aufzuhören», rechtfertigte Velvet sich eilig.
Katherine war überrascht, dass man eine Frau in diesem Zustand überhaupt noch auf den Feldern arbeiten ließ. «In welchem Monat bist du?»
«Fast im siebten, Herrin Katherine.»
«Dann wird das Kind im Dezember geboren.»
Velvet nickte.
«Ich wünsche dir, dass es ein kräftiges und gesundes Kind wird.»
«Danke, Herrin», sagte Velvet schüchtern und strich sich über den Bauch, als wolle sie böse Vorzeichen verjagen. Weil das Mädchen seinen Kopf mit jedem Wort tiefer senkte, musste Katherine sich Mühe geben, die Stimme der Sklavin überhaupt noch zu verstehen. Als sie merkte, dass nicht mehr aus der Sklavin herauszuholen war, gab Katherine ihrem Pferd die Sporen und ließ das Mädchen am Wegesrand stehen.
An diesem Nachmittag begleitete sie ein merkwürdiges Gefühl, und anstatt sich an ihren üblichen Reitweg zu halten, bog sie in einen schmalen Pfad ein, der dem Flusslauf folgte. Zweige und Gestrüpp waren so dicht, dass sie irgendwann absitzen und zu Fuß weitergehen musste. Sicher hatte schon seit langer Zeit niemand mehr den Pfad benutzt. Gerade wollte sie schon kehrtmachen, als sie plötzlich den schönsten Ort vor sich entdeckte, den sie je gesehen hatte.
***
«Du glaubst es nicht, Molly!», erzählte sie begeistert, als sie zum Herrenhaus zurückgekehrt war und Peitsche und Hut in der Empfangshalle auf einen Stuhl warf. «Der Fluss staut sich dort zu einem kleinen Bassin und ist am Ufer von Bäumen und Blumen umgeben. Es ist bezaubernd, wie ein Feengarten. Du musst unbedingt mitkommen und es dir ansehen.»
«Das wäre schön», antwortete Molly, die sich von so viel Begeisterung anstecken ließ. Dann bückte sie sich, um den Hut aufzuheben, der auf den Boden gerollt war, nahm die Peitsche und folgte Katherine, die schon die Treppen hochlief.
«Erinnere mich daran, dass ich Owen darum bitte, ein paar der Äste wegzuschneiden. Ich möchte auch zu Pferd bis dahin kommen.»
Als Katherine ihr Zimmer betrat, war das Bad schon fertig. Molly streute eine Handvoll Badesalz ins Wasser und überprüfte die Temperatur mit dem Ellenbogen.
Währenddessen ließ sich Katherine auf das Sofa vor dem Fenster fallen. «Ich kann nicht mehr!», jammerte sie. «Ich habe keine Lust, zu dem Empfang heute Abend zu gehen und diese affektierte Mrs. Burton und ihren langweiligen Gatten zu ertragen.»
Zwar kannte Molly die Gastgeberin des heutigen Empfangs nicht persönlich, Katherine hatte ihr jedoch schon ausführlich genug von ihr erzählt. Anscheinend war es eine eitle Frau ohne einen Funken Intelligenz.
«Ich hoffe nur, dass sie nicht wieder erzählt, wie sie in New York in der Oper war, wo ihr die jungen Yankees ob ihrer Schönheit zu Füßen lagen.» Mit einer gekünstelten Geste bedeckte Katherine sich das Gesicht mit beiden Händen und ahmte Gwendolyn Burtons schrille Stimme nach.
Molly musste alle ihre Kräfte aufbringen, um Katherine die Reitstiefel auszuziehen. Danach half sie ihr, sich zu entkleiden. «Was wirst du heute Abend anziehen?»
«Bring mir etwas Schlichtes», wies Katherine sie an und ließ sich in die Wanne gleiten.
Molly zögerte. «Aber Katty! Du hast nichts Schlichtes!»
«Ja, du hast recht», überlegte Katherine, während sie den Jasminduft des Badewassers inhalierte. «Aber Gwendolyn steht gern im Mittelpunkt, man muss sich nur ihre schrecklichen Kleider ansehen … Da ich bei ihr zu Gast bin, möchte ich lieber etwas Dezenteres tragen.»
«Vielleicht das Blaue?»
«Das mit den Blumen um die Taille?»
«Nein,
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