Fesseln des Schicksals (German Edition)
ihn mehr brauchen denn je.
Aber der eiskalte Blick seiner Frau hielt ihn zurück. Noch immer war Katherine zu stolz, um ihm zu verzeihen.
«Gut, Katherine. Du hast gewonnen.»
***
Am nächsten Tag fuhr David wieder nach Richmond. Er setzte erst wieder einen Fuß auf New Fortune, als er Monate später die Nachricht von der Geburt seiner Töchter und von Mollys Tod erhielt.
· 9 ·
E twa um fünf Uhr früh hörte man die Schreie des zweiten Kindes.
Doktor Steward und Owen warteten noch immer im Dachgeschoss, als Katherine kurz nach Sonnenaufgang mit zwei Neugeborenen auf dem Arm aus Mollys Zimmer kam.
«Owen, kümmern Sie sich darum, dass Molly gewaschen wird. Ich möchte sie noch heute an der Flussbiegung begraben. Geben Sie mir Bescheid, wenn alles bereit ist. Ich warte in meinem Zimmer.»
Doktor Steward trat einen Schritt näher, und Katherine drehte sich zu ihm.
Mrs. Parrish war vorsichtig genug gewesen, nach der Geburt genügend Zeit vergehen zu lassen. Weil sie die Mädchen schon gewaschen und in ihre Decken gewickelt hatte, war es unmöglich, auf einen Blick zu erkennen, welche zuerst geboren war. Wenn er sie doch untersuchen könnte …
«Mrs. Parrish, erlauben Sie mir sicherzugehen, dass es Ihnen und den Kindern gutgeht.»
«Danke, Doktor, aber das wird nicht nötig sein. Meinen Töchtern und mir geht es ganz wunderbar. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich muss mich jetzt von einer Freundin verabschieden.»
Katherine stieg die Treppe hinunter in ihr Zimmer, und so blieb Doktor Steward nichts anderes übrig, als seinen Koffer zu nehmen und zu gehen. Wenigstens konnte er David benachrichtigen. Von jetzt an würde der sich um diese Sache kümmern müssen.
***
Latoya, Olivia, Nana Lo und Thomas waren noch immer in der Küche versammelt, als Owen eintrat und den Frauen befahl, Molly für die Beerdigung vorzubereiten.
Zwar hatte Doktor Steward sich persönlich angeboten, David in Richmond aufzusuchen, aber selbst bei höchster Eile würde seine Kalesche vier Stunden brauchen. David käme nicht vor dem Abend an.
Als der Arzt das Haus verlassen hatte, war Owen wieder verantwortlich für die Situation. Das Wichtigste war nun, die Geschehnisse geheim zu halten, bis der Herr entschied, was zu tun sei. Steward würde das Geheimnis bewahren. Er war ein guter Freund von David, außerdem würde ihm seine Berufsethik verbieten, Informationen über seine Patienten enthüllen.
Es war schon schwieriger, dafür zu sorgen, dass die Sklaven nichts ausplauderten. Zwar konnte er ihnen drohen, aber auf lange Sicht würde irgendetwas durchsickern. Für den Moment war es das Beste, jeden Kontakt mit den anderen zu verbieten.
***
In strengem Schwarz, das Gesicht von einem Schleier verhüllt, folgte Katherine mit ihren Töchtern im Arm dem Karren, auf dem Mollys Sarg stand. Latoyas und Olivias Hausarrest war für einen Moment aufgehoben. Aber es war trotzdem ein kleines Begräbnis.
Als Katherine ihrer Freundin zu Ehren einen Psalm rezitierte, nahm Owen respektvoll den Hut ab.
Nachdem sie noch ein paar frischgeschnittene Margeriten auf das Grab gelegt hatte, ging sie schließlich zum Haus zurück. Im sehnlichen Wunsch, Mollys Gegenwart noch einmal zu spüren, stieg Katherine ein letztes Mal zur Dachkammer hinauf. Sie setzte sich in den alten Schaukelstuhl und spürte, wie die behaglich warmen Sonnenstrahlen ihren Körper umhüllten. Mit dieser tröstlichen Empfindung gedachte sie ihrer Freundin und schlief irgendwann vor Erschöpfung ein.
***
Latoya zwirbelte nervös an einem Zipfel ihrer Schürze herum. «Was wird nur mit uns geschehen?»
David war noch immer oben in der Mansarde.
«Ich habe Angst.»
Gern hätte Thomas das Mädchen beruhigt, aber ihm war bewusst, dass sie sich in einer schwierigen Lage befanden. Mit etwas Glück würde man sie verkaufen, sonst …
Olivia wiegte sich nervös von einer Seite zur anderen. Nur Nana Lo wartete reglos und gefasst.
Dann erschien David mit Owen in der Küche. Die Sklaven standen auf.
Unaufhörlich hatte David sich das Gehirn zermartert. Es gab viel zu viele Zeugen für das, was geschehen war, und Sklaven hatten zudem die schlechte Angewohnheit, Dinge, die ihre Herrschaft lieber unter Verschluss hielten, auszuplaudern. Natürlich konnte er damit drohen, sie zu verkaufen, aber dann wäre das Risiko fast noch größer. Waren sie erst einmal außerhalb seiner Reichweite, könnte er überhaupt nicht mehr kontrollieren, was sie erzählten.
«Ich will es kurz machen.
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