Fesseln des Schicksals (German Edition)
Latoya die Augen weit auf. «Aber … aber Herrin», stotterte sie. «Das Sklavendorf ist kein Ort für die Ehefrau des Herrn. Sie sollten nicht …»
«Ich möchte aber.» Anscheinend sollte wirklich verhindert werden, dass sie die junge Frau zu Gesicht bekam.
«Der Herr wird es gewiss nicht richtig finden …», wagte Latoya erneut einzuwerfen, aber Katherine unterbrach sie. «Denk nicht einmal daran, ihm etwas zu sagen!» Ohne auf das Mädchen zu warten, schlug Katherine den Weg zu den Sklavenhütten ein.
In den letzten Tagen hatte es heftig geregnet, und der kalte Boden, der von den ersten Nachtfrösten hart geworden war, hatte das Wasser der Niederschläge nicht aufgenommen. Die Erde hatte sich in eine dicke Schlammschicht verwandelt.
Während Katherines feine Schuhe in den matschigen Boden einsanken, zog ihr Herz sich zusammen. Am liebsten hätte sie weggesehen, sich einfach nicht darum gekümmert, wie sie es ihr ganzes Leben lang getan hatte, aber das konnte sie nicht mehr. Und sie würde es nie wieder können.
Es kam Katherine vollkommen unmöglich vor, sich in diesem Durcheinander von Hütten zurechtzufinden, die ohne jede Ordnung errichtet worden waren und alle aussahen, als würden sie jeden Moment zusammenbrechen. Aber Latoya, die ihre Herrin schließlich eingeholt hatte und vorausging, steuerte mit sicherem Schritt durch das Chaos auf eine Gruppe Sklavinnen zu.
Einige der Frauen waren damit beschäftigt, mit am Waldrand aufgesammeltem Zunder und Ästen ein Feuer am Brennen zu halten. Darüber brodelte Wasser in einem rostzerfressenen Topf. Andere tauchten Stofffetzen in das kochende Wasser und brachten sie gleich darauf in eine nahegelegene Hütte.
Als Owen sah, dass Katherine ihm zwischen den zurückweichenden Sklavinnen entgegenkam, glaubte er zuerst, seine Vorstellungskraft spiele ihm einen üblen Streich.
«Mrs. Parrish, was tun Sie hier?»
«Ich wollte sehen, wie es der jungen Frau geht.»
«Sie dürfen nicht hier sein», sagte er nervös und warf Latoya, die nicht wusste, wohin sie sich verkriechen sollte, einen scharfen Blick zu.
«Latoya trifft keine Schuld», erklärte Katherine. «Ich musste ihr befehlen, mich herzubringen.»
«Aber …»
Katherine unterbrach ihn mit einer Handbewegung. Sie hatte die Ausflüchte satt. «Es ist sehr freundlich, dass Sie sich Sorgen machen, aber ich bin eine erwachsene Frau und kann die Geburt eines Kindes durchaus ertragen. Selbst wenn das arme Ding inmitten von Dreck und Armut zur Welt kommen muss.»
Noch immer stand Owen vor der Holztür.
«Wollen Sie mich nicht hineinlassen?»
Owen zögerte. Was sollte er tun? Wenn Katherine über die Schwelle dieser Hütte trat, könnte er ernsthaften Ärger mit David bekommen.
«Ich glaube nicht, dass Ihr Mann das gutheißen würde.»
«Mr. Graham, ich habe vor einiger Zeit aufgehört, mich um die Wünsche meines Mannes zu scheren. Tatsächlich gibt es kaum etwas, was mir mehr Vergnügen bereitet, als ihnen zuwiderzuhandeln», teilte Katherine ihm ungeduldig mit.
«Es tut mir leid, Mrs. Parrish. Ich kann Sie nicht durchlassen.»
«Owen! Sofort treten Sie zur Seite, oder ich werde Sie persönlich beiseiteschieben. Und wenn ich diese Tür mit meinen eigenen Händen niederreißen muss, ich versichere Ihnen, dass ich in diese Hütte gelange!»
Die Intensität, mit der jene honigfarbenen Augen ihn fixierten, und die Art, wie Katherine die Fäuste ballte, genügten. Owen wusste, dass seine Herrin es ernst meinte, und trat beiseite.
Als Katherine das junge Mädchen entdeckte, das auf einer Decke auf dem Boden lag, verstummte sie. Es war haarsträubend, dass eine Frau unter solchen Bedingungen gebären sollte. Dann entdeckte sie das einfache Bett und begriff, dass es der Heftigkeit einer Geburt nicht standhalten würde.
Eine Gruppe von Frauen stand der Gebärenden zur Seite. Eine hatte Velvets Kopf auf ihren Schoß gebettet, während zwei andere ihre Hände hielten. Eine dritte, in der Katherine Nana Lo, die alte Hebamme der Plantage, wiedererkannte, wartete darauf, dass das Kind kam.
Katherine trat näher. Jetzt, mit offenem Haar und schweißgebadet, sah das Mädchen noch jünger aus als damals, als Katherine es auf ihrem Rückweg von den Feldern getroffen hatte. Als Velvet ihre Herrin bemerkte, erschrak sie.
«Keine Angst!», beruhigte Katherine sie. «Ich bin nur hier, um zu helfen.»
Mit Ausnahme der alten Hebamme warfen die Sklavinnen sich beunruhigte Blicke zu. Was wollte die Gattin des Herrn
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