Fesseln des Schicksals (German Edition)
verändern will», sagte sie jetzt beiläufig.
«So ist es, Mrs. Parrish. Seit der Zeit, als der alte Herr noch lebte, wurden dort keine Verbesserungen vorgenommen. In letzter Zeit sind ein paar Sklaven krank geworden.»
«Das wusste ich nicht.»
«Nichts Ernstes. Aber wenn die Regenzeit kommt, gibt es Überschwemmungen, und die Abwässer können nicht mehr abfließen …» Owen beschloss, nicht weiter ins Detail zu gehen. «Die sommerliche Hitze übernimmt den Rest. Vor ein paar Jahren sind auf einer Plantage flussaufwärts über zwanzig Sklaven an der Ruhr gestorben.»
Betroffen schwieg Katherine.
«Der Herr will sichergehen, dass auf New Fortune nichts dergleichen passieren kann. Er möchte ein paar neue Kanäle ausheben und mit Kiesgräben an den Wegen dafür sorgen, dass das Wasser in dem Gebiet besser absickert.»
«Und die Hütten?»
Owens betrachtete sie verständnisvoll. Er erriet den Grund ihrer Frage. «Nun, eigentlich soll dort nichts verändert werden», antwortete er.
Jetzt waren sie an der Stelle angelangt, wo der Pfad am Fluss eine leichte Kurve beschrieb. Katherine blieb stehen und betrachtete das funkelnde Sonnenlicht auf dem Wasser.
Je näher Mollys Todestag rückte, desto stärker spürte Katherine, dass sie eine Schuld begleichen musste. Lange Jahre hatte sie sich in ihren Schmerz zurückgezogen und sich nicht für die Lebensbedingungen der Sklaven interessiert. Vielleicht waren sie nicht schlechter als anderswo, aber das war kein Trost für sie. Sie konnte es nicht länger mit ihrem Gewissen vereinbaren, das vor einiger Zeit erwacht war.
«Mein Mann legt Wert auf Ihre Meinung, Owen. Wenn Sie ihm gegenüber erwähnen könnten, dass man auch die Hütten mit einem Holzboden ausstatten könnte, um Krankheiten zu vermeiden …»
«Wissen Sie, Mrs. Parrish», unterbrach Owen sie, «der Herr hat immer ein Interesse daran gehabt, dass die Sklaven gesund und kräftig für die Arbeit sind. Es ist sicher nicht schwer, ihn davon zu überzeugen, dass ein Holzboden eine enorme Verbesserung für die Gesundheit der Sklaven wäre.»
«Danke.»
Owen lächelte.
In diesem Moment entdeckten Owen und Katherine zwei Jungen auf dem Anleger, die sich gerade wieder anzogen. Den Sklaven war es verboten, in dieser Gegend des Flusses zu baden oder zu fischen. Aber die Kinder hatten sie nicht bemerkt und lachten munter und sorglos. Gerade wollte Owen sie zur Ordnung rufen, als Katherine ihm Einhalt gebot.
«Lassen Sie sie.» Sie sah ihm in die Augen, während sie seine Hand ergriff. «Erlauben Sie ihnen, einfach Kinder zu sein.» Am liebsten hätte Owen diesen magischen Augenblick bis in alle Ewigkeit angehalten, aber Katherine ließ seine Hand wieder los.
Die Jungen, die nichts von der Gegenwart ihrer Herrin ahnten, hatten einen großen Fisch gefangen und rannten in Richtung Sklavendorf davon.
Obwohl sie ihn nach seiner Geburt nur wenige Male gesehen hatte, erkannte Katherine den einen der Jungen sofort wieder. Bevor der Tag vorüber war, würde sie also noch einem anderen Gespenst aus der Vergangenheit entgegentreten müssen.
***
Es war kurz nach fünf, als Noah in die Hütte stürzte, in der er gemeinsam mit seiner Mutter wohnte. Sein Gesicht strahlte vor Freude.
«Mama, Jeremias und ich haben einen riesigen Fisch gefangen», verkündete er aufgeregt und breitete die Arme weit aus, um seiner Mutter die Größe des Fisches zu demonstrieren. «Heute Nacht bringt Jeremias ihn zum Lagerfeuer mit, dann wird er gegrillt.»
Velvet lächelte ihm zu. Trotz des Altersunterschieds, Noah war nämlich erst vor wenigen Monaten acht geworden, und Jeremias war schon zehn, waren die beiden Kinder unzertrennlich.
«So groß?» Lächelnd ahmte Velvet die Geste ihres Sohnes nach. Ohne die Arme herunterzunehmen, pflichtete Noah ihr stolz bei. Dabei nickte er mehrere Male so nachdrücklich mit dem Kopf, dass dicke Wassertropfen aus seinem Lockenkopf geflogen kamen, der genauso wie seine Kleider vollkommen nass war.
«Hat Jeremias dich vielleicht als Köder benutzt?», fragte Velvet und strich ihrem Sohn zärtlich über das Haar.
Als Noah seiner Mutter das Lächeln zurückgab, entblößte er eine Reihe perlmuttweißer Zähne. Es war noch nicht lange her, dass sich die Lücken der ausgefallenen Milchzähne wieder geschlossen hatten.
«Wir haben nach dem Angeln noch im Fluss gebadet», erklärte er strahlend.
«Und offensichtlich habt ihr mit all euren Kleidern gebadet.»
«Aber Mama! Wir haben doch nicht mit
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