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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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seiner Mutter Kummer bereitet hatte, und so schwor er sich, das Thema nie wieder zu berühren. Wie sonderbar war es doch, dass die Antwort ihm jetzt so unerwartet zuflog, wo er sich längst damit abgefunden hatte, nicht mehr danach zu suchen.
    Ja. Master David war sein Vater. Und außerdem begriff er nach diesem letzten Blick, den er ihm eben noch zugeworfen hatte, dass dieser Mann ihn hasste. Aber warum?, fragte er sich empört. Was hatte er getan, dass sein eigener Vater ihn verachtete? Als Noah erst seine dunkle Haut und danach die samtweiche weiße Haut der Mädchen betrachtete, die jetzt seine Schwestern waren, verstand er. Er konnte noch so sehr lächeln und sich bemühen, seinem Vater zu gefallen, es hätte keine Bedeutung, dachte er, während ihn ein Gefühl von Trauer überfiel. Der Mann, den er Master nannte, würde sich immer für ihn schämen.
    ***
    «Mama! Dieser Sklave wird nicht mit uns lernen!» Kaum war Noah gegangen, sprang Charlotte wütend auf.
    Die Worte ihrer Tochter schienen Katherine nicht aus der Ruhe zu bringen. Schweigend nahm sie ihre Arbeit wieder auf.
    «Mama …!», wiederholte Charlotte und bemühte sich vergeblich darum, von ihrer Mutter beachtet zu werden.
    Doch Katherine wandte sich nur dem blonden Mädchen zu, das jetzt mit einem gelben Buntstift malte. «Was ist denn deine Meinung, Hortensia?»
    Charlotte schnitt wütende Grimassen. Aber sie wusste, dass die Mutter ihr erst ihre Aufmerksamkeit schenken würde, wenn sie sich beruhigt hatte.
    «Ich mag ihn», sagte Hortensia jetzt mit einem Lächeln. «Es scheint ein netter Junge zu sein.»
    Charlotte ballte ihre Hände zu Fäusten und stampfte mit dem Fuß auf dem Boden auf. Es war ja normal, dass ihre Mutter merkwürdige Einfälle hatte, aber dass ihre Schwester sie auch noch unterstützte, kam einem Verrat gleich.
    «Ich werde es Papa sagen», drohte Charlotte.
    «Tu, was du nicht lassen kannst. Aber ich kann dir garantieren, dass Noah mit euch unterrichtet wird.»
    Als Charlotte begriff, dass ihre Mutter es ernst meinte, wurde sie noch wütender. «Warum muss ein Sklave mit uns lernen?»
    «Weil es richtig ist. Deshalb habe ich es so entschieden.»
    «Das ist nicht gerecht», protestierte sie.
    «Woher willst du wissen, was gerecht ist?», wies ihre Mutter sie zurecht. «In diesem Fall ist deine Meinung nicht von Bedeutung. Ich bin deine Mutter. Und ob es dir passt oder nicht, es wird gemacht, was ich sage.»
    Aber Charlotte war nicht bereit, so schnell aufzugeben. «Wenn dieser dreckige Neger mit uns zusammen lernt, gehe ich nicht in den Unterricht.»
    Bei nur oberflächlicher Betrachtung blieb Katherines ruhiger Gesichtsausdruck unverändert. Aber wenn man genauer hinsah, bemerkte man ein leichtes Beben der Nasenflügel, eine bläuliche Vene, die oberhalb der linken Schläfe erschien, und die zusammengepressten Lippen. Charlotte wusste, dass sie diesmal zu weit gegangen war.
    «Der Junge heißt Noah», ermahnte Katherine ihre Tochter streng, ohne die Stimme zu erheben. «So wirst du ihn nennen, ob es dir gefällt oder nicht. Und ich warne dich, ich werde nicht zulassen, dass du solche Wörter in meiner Gegenwart benutzt, und erst recht nicht vor den Sklaven.»
    Nervös rutschte Hortensia auf ihrem Stuhl hin und her. Sie mochte es gar nicht, wenn ihre Mutter und ihre Schwester stritten. «Ach, Charlotte, es wird bestimmt schön», sagte sie versöhnlich.
    Es überraschte Katherine jedes Mal, wie Hortensia ihre Schwester fast immer dazu brachte, sich zu beruhigen und schließlich nachzugeben. Diesmal aber sollte ihr das nicht gelingen.
    «Wenn er zum Unterricht kommt, gehe ich nicht hin», wiederholte sie.
    «Er wird kommen.» Katherine würde sich von einem eigensinnigen Kind keine Vorschriften machen lassen. Man musste nicht besonders scharf nachdenken, um zu erraten, dass Charlotte diese Ausdrücke von ihrem Vater gelernt hatte, den sie anbetete. Am meisten störte Katherine, wie verächtlich Charlotte gesprochen hatte. Das Mädchen fing an, David gefährlich zu ähneln. Doch das würde Katherine niemals zulassen, selbst wenn sie bis zu ihrem letzten Atemzug kämpfen musste.

· 11 ·
    N och bevor Noah begreifen konnte, was eigentlich geschah, nahm er an seiner ersten Schulstunde teil. Vor ein paar Tagen hatte Herrin Katherine ihm eine große, knallgrüne Schachtel senden lassen. Darin lagen sorgfältig zusammengelegt eine schwarze Hose, die ihm wie angegossen passte, ein paar makellos weiße Hemden, Hosenträger, eine

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