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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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Polster erstrahlten grün und violett, und das Holz glänzte in Ocker- und Mahagonitönen, sobald sich die ersten Sonnenstrahlen auf seiner polierten Oberfläche spiegelten.
    Dann öffnete Katherine die Fenster. Noch lag erfrischender Morgentau in der Luft.
    Wahrscheinlich würden die nächsten Tage nicht einfach werden, aber andererseits war nichts einfach gewesen, seit sie ihr Zuhause in New Orleans verlassen hatte. Katherine hatte eine Wahl getroffen, und auch wenn es wehtat, würde sie dementsprechend handeln.
    Noch einmal atmete Katherine tief ein und sammelte die Kraft in sich, die sie brauchte, um den bevorstehenden Schwierigkeiten entgegenzutreten. Denn die würden wegen ihrer Entscheidung, den kleinen Noah mit ihren Töchtern unterrichten zu lassen, nicht ausbleiben. Aber ihre Prüfung hatte schon lange vorher begonnen. An dem Tag, an dem Molly gestorben war. Nein, schon in dem Moment, als sie entdeckte, wie ihr Mann sich heimlich aus dem Zimmer ihrer lieben Molly schlich. Damit hatte ihr Leidensweg begonnen. Zwar hatte sie damals nicht den Mut gehabt, ihren Mann zu verlassen, aber David würde so etwas nie wieder tun. Das würde sie nicht zulassen. Sie hatte sich geschworen, dass Mollys Tochter nicht das Schicksal ihrer Mutter erleiden würde und, soweit es möglich war, auch nicht der Sohn ihres Mannes. Sie wusste, dass ihre Last mit der Zeit nicht leichter werden würde, aber irgendwann würden sich die Dinge verändern. Deshalb durfte sie jetzt nicht schwach sein. Nicht aufgeben. Als sie nun in die Sonne blickte und die frische Energie der Morgenluft in sich spürte, schien alles viel leichter.
    Hortensia, deren Bett näher am Fenster stand, murmelte im Halbschlaf etwas vor sich hin und verschwand unter der Decke, die noch genauso dalag, wie Katherine sie am Abend zuvor hingelegt hatte. Im Bett daneben schlief Charlotte wie eine Tote. Ihre Decke war auf den Boden gerutscht, und das Laken war lediglich vor diesem Schicksal bewahrt worden, weil es sich zwischen ihren Beinen verheddert hatte. Das Nachthemd hatte sich schief um ihren Körper gewickelt, und irgendwann in der Nacht hatte sie ihr Kissen einen guten Meter weit aus dem Bett geschleudert.
    Die beiden Schwestern lagen nebeneinander, die kleinen Gesichter nicht weiter als zwei Handbreit voneinander entfernt. Lächelnd erinnerte Katherine sich daran, wie vor zwei Jahren die neuen Betten geliefert worden waren. Zuerst hatten sie einen Nachttisch dazwischen aufgestellt, aber schon am nächsten Morgen war der Nachttisch verschwunden und die Betten zusammengeschoben. Seither war es so geblieben.
    «Zeit zum Aufstehen, ihr Faulpelze», verkündete Katherine, während sie ihre Mädchen weiter betrachtete.
    «Es ist noch so früh», murmelte Charlotte.
    «Ja, Mama, lass uns noch ein bisschen schlafen», fand auch Hortensia, die sich jetzt vollkommen unter den Decken verkrochen hatte.
    «Ihr habt wohl vergessen, was heute für ein Tag ist.»
    Aufgeregt hörte man jetzt Hortensias Stimme. «Heute fängt der Unterricht an, oder?»
    «So ist es. Gestern, als ihr schon im Bett lagt, ist eure Lehrerin angekommen, Mademoiselle Gassaud. Sie hat sich im Waldhaus eingerichtet und ist jetzt schon im Schulzimmer, wo sie noch ein paar Vorbereitungen trifft. Sobald ihr euch angezogen und gefrühstückt habt, könnt ihr zum Unterricht.»
    Das brauchte sie nicht zweimal zu sagen. Die Mädchen sprangen wie der Blitz aus den Betten und stellten sich vor den Waschtisch, auf dem ein feiner geblümter Porzellankrug nebst passender Waschschüssel stand. Kaum hatte Katherine Wasser dort hineingossen, spritzte sich Charlotte schnell etwas von dem Nass unter die Achseln, hielt die Luft an und tauchte mit solchem Schwung ihr Gesicht in die Schüssel, dass die Marmorplatte von einer kleinen Welle überspült wurde. Mit triefnassem Gesicht und der ebenso nassen Häkelspitze ihrer Schlafhaube packte sie einen Zipfel ihres Nachthemds und trocknete sich damit ab, anstatt das Handtuch zu benutzen, das die Mutter ihr hinhielt. Eine Sekunde später lag die feucht zusammengeknüllte Nachtwäsche auf dem Boden. Katherine wollte ihre Tochter schon zur Ordnung rufen, überlegte es sich aber noch einmal und beschloss, sie noch ein wenig in Ruhe zu lassen.
    «O Mama, wie schön!», rief Hortensia. «Ich möchte so gern schreiben und zeichnen lernen. Und bald werde ich auch die Geschichten mit den schönen Bildern lesen können, die Großvater uns Weihnachten aus New Orleans mitgebracht

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