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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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Kleidern gebadet!», protestierte der Junge und schüttelte den Kopf angesichts dieser absonderlichen Idee. «Wir hatten nur nicht mehr genug Zeit, um in der Sonne zu trocknen.»
    Noch bevor er zu Ende gesprochen hatte, wusste Noah, dass er zu viel gesagt hatte. Verzweifelt versiegelte er seinen Mund mit beiden Händen, als könnte er das Unvermeidliche wieder rückgängig machen. Seine Mutter würde herausfinden, dass er ungehorsam gewesen war.
    «Noah, ihr wart doch nicht etwa an der Flussbiegung?», fragte seine Mutter erschrocken, woraufhin Noah sich darauf beschränkte, auf den Boden zu starren.
    Velvets sanfter Blick war verschwunden. «Oh, Noah!», schimpfte sie offensichtlich besorgt. «Du weißt, dass ihr dort nicht hindürft. Und wenn euch jemand gesehen hat?»
    «Es hat uns niemand gesehen», versicherte Noah seiner Mutter schnell. «Wir waren ganz vorsichtig. Wirklich, Mama, niemand hat uns gesehen.»
    Es schien, als würden Noahs Worte Lügen gestraft, denn in diesem Augenblick klopfte Thomas an die Tür.
    «Velvet», grüßte der grauhaarige Mann in seiner ruhigen Art.
    «Ist etwas nicht in Ordnung, Thomas?»
    Thomas war sich bewusst, dass schon seine Gegenwart vollkommen ausreichte, um die meisten Sklaven zu beunruhigen. Ihm gefiel seine Aufgabe als Bote des Herrenhauses genauso wenig, aber er musste die Wünsche seiner Herrschaft eben überbringen. Er wandte sich dem Kind zu und sagte mit müder Stimme: «Noah, die Herrin möchte dich sehen.»
    Noahs Herz begann zu rasen. Am Ende hatte ihn doch jemand beobachtet.
    «Weißt du, warum Herrin Katherine ihn sehen will?», fragte Velvet ängstlich.
    «Es tut mir leid, Velvet. Ich weiß es nicht.» Entschuldigend zuckte Thomas mit den Achseln. Er konnte gut verstehen, wenn die junge Frau bei dem Gedanken, dass ihr Sohn den Herrschaften aufgefallen war, unruhig wurde. «Beeil dich», sagte er sanft zu dem Kind. «Ich warte in der Küche auf dich und bringe dich zur Herrin.» Obwohl die Angst ihn fast lähmte, brachte Noah ein Nicken zustande.
    Für einen kurzen Moment legte der Sklave Velvet beruhigend die Hand auf die Schulter, dann ging er.
    «Mein Gott», rief die junge Sklavin voller Panik, sobald sie mit ihrem Sohn allein war. «Tausend Mal habe ich dir gesagt, dass du dort nicht baden sollst. Du weißt genau, dass die Herrschaft das nicht möchte.» Der kleine Noah brachte kein Wort mehr heraus. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, während er sich in seinem Kopf schreckliche Bestrafungen ausmalte.
    In den acht Jahren seines Lebens war Noah bisher nur bis in die Küche des Herrenhauses gekommen. Nicht weiter. Und jetzt sollte er vor seine Herrschaft treten. Auch wenn seine Mutter sich bemühte, ruhig zu bleiben, wussten doch beide, dass er sich in einer schlimmen Lage befand.
    Schnell schüttelte die Sklavin die düsteren Gedanken ab. Wenn sie später auf ihren Jungen warten würde, hätte sie noch genügend Zeit, sich Sorgen zu machen. Jetzt musste sie etwas unternehmen. Velvet atmete tief ein.
    «Schnell jetzt, komm her!», sagte sie zu ihrem Sohn. «Zieh die nassen Sachen aus.» Die Sicherheit, mit der seine Mutter sprach, steckte Noah an. Ohne ein Wort gehorchte er, entledigte sich der durchnässten Kleider und ließ sie zu Boden fallen.
    Velvet holte eine ihrer beiden Decken und trocknete ihren Sohn ab. Zum Schluss hüllte sie den dichten, pechschwarzen Lockenkopf darin ein und rubbelte mit solcher Kraft, dass Noah schon fürchtete, sie wolle ihm die Haare ausreißen, nur um die Beweise für sein Vergehen zu vernichten.
    Nachdem sie zufrieden festgestellt hatte, dass Noah nun so trocken war, als wäre er noch niemals in seinem Leben mit Wasser in Berührung gekommen, holte Velvet das zweite Paar Hosen und das andere Hemd des Kindes aus dem Weidenkorb, der am Fußende einer der beiden Pritschen stand.
    «Zieh dich an!», drängte sie.
    Die Hosen waren an den Knien mit großen Flicken besetzt und reichten seit dem letzten Wachstumsschub nur noch bis oberhalb der Knöchel. Das Hemd war schon ganz durchscheinend, so oft hatte sie es über die Steine am Ufer des Flusses gerieben und dann ausgespült. Die Ärmel waren nicht lang genug, um die Arme des Jungen zu bedecken.
    Jetzt streckte Velvet ihrem Sohn sein einziges Paar Schuhe hin. Als er die Stiefel von einem größeren Jungen bekommen hatte, hatten sie genau gepasst, und Noah konnte sie in den kalten Wintermonaten tragen. Aber inzwischen waren die Stiefel definitiv zu klein. Eigentlich wollte Velvet

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