Fesseln des Schicksals (German Edition)
Adern kochte das Blut. Wenn diese dumme Frau noch ein Wort über ihre Nichte oder ein anderes wehrloses Mädchen verlor, würde sie ihr die Augen auskratzen.
Gwendolyn Burton machte keine Anstalten, ihren Mund zu halten. «Man muss zugeben, dass sie Glück hatte. Einen Landbesitzer aus der Gegend hätte sie ja nicht bekommen. Dafür ist ihre Mitgift viel zu armselig. Aber für einen Händlersohn aus Norfolk … Man hört, dass der junge Mann aufsteigen wollte.»
Schon bereute Katherine, auf diese Hochzeit gekommen zu sein. Die Vorstellung, jemand hätte ihre Nichte nur ihrer Aussteuer wegen geheiratet, machte sie wahnsinnig.
«Dann werden sie ja sicher glücklich werden», warf sie schnippisch ein. «Schließlich habe ich gehört, dass dein Mann auch nicht mehr besaß als die Kleider, die er am Leib trug, als er dich geheiratet hat, und wie du selbst so gern betonst, ist eure Ehe doch so glücklich.»
Sarah und Rose Mary tauchten die Nasen tief in die Teetassen, um ihr Lachen zu verbergen.
«Du irrst dich, Katherine», verteidigte sich Gwendolyn, bemüht, ihre Fassung zu wahren. «Mein Mann stammt aus einer der besten Familien in Georgia.»
«Gewiss. Die Burtons. Aus Savannah, nicht wahr? Habe ich schon einmal erwähnt, dass dein Schwiegervater Mathias Burton zu verschiedenen Anlässen bei meiner Familie in New Orleans zu Gast war? Soweit ich weiß, hat mein Vater auch das eine oder andere Geschäft mit ihm gemacht.»
Kaum fiel der Name ihres Schwiegervaters, begann die hochnäsige Gwendolyn nervös auf ihrem Stuhl herumzurutschen.
«Wie auch immer, jedenfalls musst du dir keine Sorgen machen. Deine Mädchen werden zu Schönheiten heranwachsen, und es wird ihnen auch an der Mitgift nicht fehlen. Sie werden also einen Ehemann bekommen, der ihrer gesellschaftlichen Position entspricht. Da kannst du ganz beruhigt sein.»
«Das bin ich auch. Aber weil ich davon überzeugt bin, dass unabhängige Frauen aus ihnen werden, die allein zurechtkommen und die für das geschätzt werden, was sie sind, nicht für das, was sie besitzen.»
«Mein Gott, Katherine! Du hörst dich an wie diese Frauen aus dem Norden, die glauben, dass Männer und Frauen gleich sind», warf jetzt Humberta Doran ein, die zusammen mit Angelica Leberman beschlossen hatte, ihren Stuhl herumzudrehen und an der lebhaften Diskussion am Nachbartisch teilzunehmen.
«Nun, Humberta, so denke ich auch, da kannst du dir sicher sein. Und wenn meine Töchter eines Tages heiraten, hoffe ich, dass sie dann nicht noch halbe Kinder sind. Was mich betrifft, können sie gern einen ruinierten Dichter oder einen armen Eisenbahnbauer heiraten. Ich möchte nur, dass sie glücklich sind.»
Entsetzt zog Humberta Doran ihre Augenbrauen in die Höhe. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie ernsthaft überlegte, dem Klatsch über Katherines geistigen Zustand Glauben zu schenken.
Als Katherine weitersprach, blickte sie Gwendolyn direkt ins Gesicht. «Und wie du gerade sehr treffend bemerkt hast, Gwendolyn, haben meine Töchter glücklicherweise genügend Geld und können tun und lassen, was sie wollen.»
«Aber wenn deine Familie nun durch einen Unglücksfall – Gott möge so etwas verhüten – ihr Geld verliert? Wäre es dir dann immer noch egal, wenn sie einen armen Mann heirateten?», fragte Sarah Timberland.
«In diesem Fall sprächen noch mehr Gründe dafür», gab Katherine zurück.
«Aber Katherine! Wie kannst du deine Töchter in die Armut treiben?», beharrte Sarah verständnislos.
«Dann würden zumindest beide mit gleichen Voraussetzungen in die Ehe treten.»
«Ja, mit leeren Händen», bemerkte Gwendolyn mit scharfer Zunge.
«Nicht mit leeren Händen. Mit einem gemeinsamen Projekt. Und mit der absoluten Gewissheit, dass sie nicht des Geldes wegen geheiratet wurden. Außerdem sind meine Töchter nicht dumm. Sie könnten arbeiten.»
Das nun kam in den Ohren der Damen einer Gotteslästerung sehr nah.
«Arbeiten!», wiederholte Gwendolyn entsetzt. «Du bist verrückt geworden! Eine Frau unserer Stellung arbeitet nicht. Das ist etwas für Sklaven und Einwanderer.»
«Ich werde dafür beten, dass deine Töchter das Erwachsenenalter mit ihrer vollen Mitgift erreichen, damit es nicht so weit kommen muss», bekräftigte Humberta.
Aber Katherine gab nicht so schnell nach. «Warum sollte eine Frau nicht arbeiten gehen?»
«Es wäre sehr unpassend», sagte Humberta Doran.
«Brenda Georgensen hat eine Arbeit als Gouvernante gesucht, und ihre Schwester Diana
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