Fesseln des Schicksals (German Edition)
und Charlotte so sehr aneinander hingen.
Nur ein paar Schritte neben Charlotte ging schweigend Rebecca, immer darauf bedacht, nicht über einen der hübschen Steinwälle zu stolpern, die die Blumenbeete umgaben. Laura Burton und Adam Carmody waren ein wenig zurückgefallen und bildeten das Schlusslicht des kleinen Zugs.
Als sie an dem Platz ankamen, wo der Tanz stattfinden sollte, näherte Orante sich einer Gruppe junger Leute, die am Rand der unter freiem Himmel aufgebauten und mit Blumenarrangements und bunten Lampions geschmückten Tanzfläche warteten. Richard Reemick und Gilmore Evans unterhielten sich mit Alexandra Done. Innerlich beklagte Orante sein Schicksal. Während seine Freunde sich in Gesellschaft eines gleichaltrigen Mädchens amüsierten, hatte er die schwierige Aufgabe, Tanzpartner für seine Cousinen und Rebecca zu finden. Richard und Gilmore hatten die achtzehn schon überschritten und waren eigentlich zu alt, um sich noch für kleine Mädchen mit Pferdeschwanz und kurzen Kleidern zu interessieren. Bestimmt würde niemand mit ihnen tanzen wollen. Aber er würde es trotzdem versuchen.
«Alexandra, Richard, Gilmore, ihr kennt meine Cousinen ja schon, Hortensia und Charlotte Parrish, und das ist Rebecca Sebastian.»
Orante hatte in den letzten Tagen unaufhörlich an Alexandra Done gedacht, und seine Freunde wussten das. Ihnen war ebenfalls klar, dass Orante, bevor er die drei jungen Mädchen nicht für mindestens einen Tanz unterbringen konnte, keine Zeit haben würde, um sich der jungen Frau mit den grauen Augen zu widmen, die erstaunlicherweise noch keinen Partner für den ersten Tanz hatte.
«Die Damen», grüßte Richard und zog seinen Hut.
«Sehr erfreut», machte Gilmore Evans es ihm nach.
Die drei Mädchen kicherten nervös. Richard Reemick, der attraktivste junge Mann auf dem ganzen Ball, hatte das Wort an sie gerichtet. Charlotte hatte ihren Vater davon sprechen hören, dass Richard bald auf der Marineakademie studieren würde. In wenigen Wochen würde er nach Annapolis gehen und für die nächsten vier Jahre nicht wiederkommen.
Orante und Richard wechselten einen Blick, und Richard lächelte. Er würde seinen Freund nicht enttäuschen. Als der hochgewachsene junge Mann mit dem hellbraunen, leicht gewellten Haar, den sanften Zügen und dem tiefen Blick Charlotte um den ersten Tanz bat, lächelte sie verzückt. Fast gleichzeitig fragte Gilmore Evans Rebecca, die ihr Glück kaum fassen konnte.
Dankbar nickte Orante seinen Freunden zu. Fehlte nur noch Hortensia, aber das wäre einfach. Sie war sehr hübsch, und durch ihre Körpergröße wirkte sie etwas älter. Ganz in ihrer Nähe standen Edgar Carmody und William Burton, Lauras Bruder, und tranken Limonade. Edgar hatte einen Weg gefunden, dem Getränk einen großzügigen Schluck Whisky beizumischen.
Im Unterschied zu William war Edgar ein gutaussehender junger Mann, genau wie alle seine Brüder. Orante war davon überzeugt, dass seine Cousine gern mit ihm tanzen würde. Außerdem war er nur ein Jahr älter als Hortensia, und so dürfte auch er kein Problem damit haben. Ohne es zu ahnen, war Edgar Orantes nächstes Opfer geworden.
«Edgar», begrüßte er ihn.
Der junge Carmody antwortete nicht. Er war zu sehr darauf konzentriert, die offen zur Schau gestellten Reize von Laura zu betrachten, die gerade allein dastand, weil ihr Begleiter, Edgars Bruder Adam, der jungen Dame eine Limonade holte.
«Edgar, würdest du mit meiner Cousine Hortensia tanzen?», nahm Orante ihn flüsternd beiseite. Der jüngste der Carmody-Brüder sah Hortensia aus den Augenwinkeln an.
Hortensia lächelte. Obwohl sie nicht hören konnte, was gesagt wurde, hatte sie doch bemerkt, dass ihr Cousin und Edgar über sie sprachen.
«Bist du wahnsinnig geworden? Sie ist noch ein Kind», sagte Edgar laut und versuchte, übertrieben gestikulierend Lauras Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der schien Edgars ungezogenes Verhalten zu gefallen.
«Edgar, sprich leiser! Bitte, es ist nur für einen Tanz», flüsterte Orante.
«Ich werde bestimmt nicht mit ihr tanzen», weigerte Edgar sich erneut, wobei er Hortensia direkt ansah und sich vergewisserte, dass sie ihn hören konnte. «Außerdem weiß jeder, dass ihre Mutter ein Negerliebchen ist.»
Diese verletzenden Worte wurden mit solch einer Verachtung ausgespuckt, dass alle, die sie vernahmen, erschrocken verstummten. Hortensias Wangen brannten feuerrot, und sie musste sich sichtlich zusammennehmen, damit ihr keine
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