Fesseln des Schicksals (German Edition)
für den Süden», warf Doktor Steward ein.
«Genau», pflichtete sein Schwager Nicholas Reemick ihm bei. «Endlich musste sich der Norden einmal unseren Forderungen beugen.»
«Ich glaube, genau deswegen hat die Situation eine gefährliche Wendung genommen. Beauftragte der Südstaaten werden jetzt in Gemeinden fahren, in denen es keine Sklaverei gibt. Und sie holen dort schließlich nicht nur die entlaufenen Sklaven ab, sondern sperren deren Helfershelfer ein und verhängen Geldstrafen. Das wird böses Blut geben. In Neuengland wurden sogar schon Bestimmungen verabschiedet, die erlauben, das Gesetz zu umgehen. Vorher war es nur eine Minderheit, die den entlaufenen Sklaven geholfen hatte. Selbst diese Geheimorganisation, die als Underground Railroad bekannt ist und in der sich hauptsächlich Quäker und ein paar Idealisten tummeln, war vollkommen ineffektiv. Sie haben sich darauf beschränkt, den entflohenen Sklaven in Kellern und Ställen Unterschlupf zu gewähren, bis man sie in Karren versteckt über die Grenze bringen konnte. Aber jetzt hat sich die Situation geändert. In den Nordstaaten ist es fast zu einer Frage der Ehre geworden zu verhindern, dass die Sklaven zu ihren Besitzern zurückgebracht werden.»
«Nun, es ist auch für uns eine Frage der Ehre», widersprach Edmond Carmody. «Unsere Art zu leben, unser Wohlstand, alles beruht auf der Sklaverei. Wir können nicht zulassen, dass unsere Sklaven ungestraft fliehen. Sonst stehen wir bald ohne Arbeitskräfte da, und was wird dann aus dem Süden? Wer soll auf den Feldern arbeiten?»
Ein etwa sechzigjähriger, elegant gekleideter Mann, der sich als Ernest Vigeland vorgestellt hatte, ergriff das Wort.
«Ich muss Ihnen zustimmen. Meine Plantage liegt im Norden von Maryland, selbst zu Fuß kaum eine halbe Tagesreise von der Grenze zu Pennsylvania entfernt. Jeden Tag fliehen Sklaven nach Norden, ohne dass wir etwas dagegen unternehmen könnten. In den letzten Jahren habe ich so einige verloren, genau wie meine Nachbarn. Jetzt wenigstens sind sie nicht mehr automatisch in Sicherheit, wenn sie die Grenze passiert haben. Sie können immer noch zu ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgebracht werden.»
Obwohl Virginia relativ nah an den Nordstaaten lag, waren New Fortune und die Plantagen der meisten der Anwesenden zu weit von der Grenze entfernt, als dass eine Flucht erfolgversprechend gewesen wäre. Und die Sklaven wussten das.
«Außerdem», fuhr der Gentleman aus Maryland fort, «habe ich es satt, mir anzuhören, wie die Abolitionisten gegen unsere Lebensart hetzen und uns als Unmenschen bezeichnen, obwohl sie nicht einmal Mitleid für die vielen Einwanderer ihrer eigenen Rasse haben, die jedes Jahr in den Fabriken sterben.»
«Sie haben ganz recht, Mr. Vigeland», wagte Mathew Carmody sich vor. «Es ist kein Geheimnis, dass Männer, Frauen und Kinder im Norden unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten, und das für einen Lohn, der nicht einmal für ihren Unterhalt ausreicht. Hier hat wenigstens jeder Sklave ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen.»
Geduldig hatte David abgewartet, bis alle ihre Argumente vorgebracht hatten. «Vielleicht hast du recht, Quentin, aber was sollten wir sonst tun?», sagte er nun.
«Ich weiß es nicht, David. Ich wäre froh, wenn ich eine Antwort darauf hätte. Vielleicht würde es ausreichen, die Fluchtwege besser zu überwachen. Man könnte dann die wenigen Sklaven, die es trotz allem in den Norden schaffen, einfach aufgeben. Letztendlich sind es nicht viele. Und auch wenn ständig das Gegenteil behauptet wird, ich bezweifle, dass die Mehrheit der weißen Bevölkerung der Nordstaaten große Sympathien für die Schwarzen hegt. Wenn das Gesetz über entlaufene Sklaven nur in den Südstaaten Gültigkeit hätte, würden die Spannungen sich vielleicht verringern, und die Dinge könnten ihren gewohnten Gang gehen.»
David dachte nach. Sein Cousin war immer ein vernünftiger und kluger Mann gewesen.
«Das wäre möglich, Quentin. Aber wir müssen auch unsere Rechte verteidigen. Wenn wir jetzt nachgeben, werden wir es auch beim nächsten Mal wieder tun! Und irgendwann bleibt nichts mehr übrig, was wir verteidigen könnten. Wir haben einen Schritt getan und können erst einmal nur abwarten.»
Quentin nickte. Trotzdem war er sich sicher, dass es auf dem Weg, den die feindlichen Parteien eingeschlagen hatten, kein Zurück mehr gab. Die Differenzen zwischen Norden und Süden wurden immer größer, und schon bald wären die
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