Fesseln des Schicksals (German Edition)
Scott, dass er dieses Gefühl von Freiheit vermissen würde.
***
Seitdem sie wieder an Land waren, hatte es nicht aufgehört zu regnen. Der Unterricht würde erst in ein paar Tagen beginnen, aber bei dem schlechten Wetter waren sie praktisch in ihren Zimmern eingeschlossen.
Richard las ein Buch über militärische Taktik, Arnold und Klaus spielten eine Partie Schach, Scott lag auf dem Bett. Arnold schlug Klaus’ Dame. «Schach und matt», verkündete er und nahm sich die Brille ab.
Zähneknirschend stellte Klaus fest, dass ihm kein Ausweg blieb. Ein weißer Springer verhinderte, dass er den König wegziehen konnte. Nachdem er nochmal alle Möglichkeiten analysiert hatte, schlug Klaus wütend gegen seine Figur, und der schwarze König fiel auf das Spielbrett. Dann stand er auf und stellte sich vor das Fenster.
«Verfluchter Regen!», schimpfte er. Scott warf einen Ball in die Luft und fing ihn wieder auf.
«Kannst du vielleicht aufhören, mit diesem verdammten Ball herumzuspielen?»
Die unterdrückte Wut, die man aus diesen Worten heraushörte, ließ Richard von seinem Buch aufblicken. Klaus hatte Scott nie ausstehen können, es war zwar in den letzten Monaten zu keinem Zusammenstoß mehr gekommen, aber das Eingeschlossensein der letzten Tage hatte den unbeherrschten jungen Mann deutscher Herkunft auf eine harte Probe gestellt.
«Hier kann wohl jemand nicht gut verlieren», murmelte Scott und warf seinen Ball erneut in die Luft.
«Was soll das heißen?»
«Nichts», sagte Scott, fing den Ball und warf ihn wieder hoch. Diesmal trat Klaus schnell einen Schritt vor, fing Scotts Ball im Flug ab und quetschte ihn voller Zorn zusammen.
«Warum bist du nicht schon längst verschwunden?»
«Weil ich so ungern auf deine Gesellschaft verzichten möchte. Und was ist übrigens mit dir? Warum bist noch hier? Strategisches Denken ist ja offensichtlich nicht deine Stärke.»
Richard warf Scott einen warnenden Blick zu. Klaus war zu impulsiv und zu stolz, um sich seine sarkastischen Bemerkungen gefallen zu lassen. Außerdem wusste Richard, warum Klaus Scott gegenüber so feindselig war. Klaus konnte ihm nicht verzeihen, dass er nach dem offiziellen Beginn des Unterrichts noch angenommen worden war. Im Gegensatz zu Richard gehörte Klaus zu keiner bedeutenden Südstaaten-Familie. Er hatte hart für einen Platz in der Akademie kämpfen müssen. Sein Aufnahmeantrag war erst nach zwei Jahren bewilligt worden. Dass jemand wie Scott seinen Platz ohne die geringste Anstrengung bekam, war Klaus unerträglich.
«Was willst du damit andeuten?», antwortete Klaus angriffslustig.
«Ich deute gar nichts an. Ich sage dir geradeheraus, dass jeder Idiot diesen Springer gesehen hätte.»
«Es reicht, Scott», warnte Richard.
«Wenn du so schlau bist, dann beweise es doch», höhnte Klaus und schleuderte ihm wütend den Ball ins Gesicht. Gerade noch rechtzeitig konnte Scott seine Arme hochreißen und das Wurfgeschoss abfangen. Dann sprang er auf und wartete, dass Arnold ihm seinen Platz überließ.
Obwohl Richard nicht ein einziges Mal beobachtet hatte, dass Scott Schach gespielt oder sich auch nur dafür interessiert hätte, ahnte er, dass Klaus nicht die geringste Chance hatte. Und ihm war ebenfalls bewusst, dass Klaus es nicht ertragen könnte, gegen Scott zu verlieren. Einen kurzen Moment lang hoffte er, Scott würde ihn vielleicht gewinnen lassen, aber der schien sich mächtig auf die Partie zu freuen.
Klaus setzte sich wieder auf seinen Platz.
Scott eröffnete mit dem Königsbauern. Klaus tat es ihm gleich. Dann zog Scott den Läufer, stand auf und spielte mit seinem Ball. Klaus hingegen überdachte akribisch alle seine Möglichkeiten, bevor er sich entschließen konnte, eine Figur zu bewegen. Keine fünf Minuten später war Klaus’ schwarzer König schon wieder bedroht.
«Schach», sagte Scott.
Klaus starrte den König an, der von einem einfachen Bauern bedroht wurde. Missgelaunt machte er sich daran, seinen König in Sicherheit zu bringen, als Scott auf zwei Figuren zeigte, die Klaus nicht bemerkt hatte.
«Vielleicht sollte ich gleich ‹Schachmatt› sagen.»
Als Klaus feststellte, dass Scott ihn mit den Springern in die Enge gedrängt hatte, lief sein Gesicht rot an.
«Wir spielen noch eine Partie», befahl er und ballte die Fäuste.
«Wir können so oft spielen, wie du willst, das Ergebnis wird sich deshalb trotzdem nicht ändern.»
«Jetzt spiele ich mit den Weißen», sagte Klaus, drehte das Brett um und fing
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