Fesselnde Entscheidung (German Edition)
Tuch ein. Schließlich löste es sich von ihren Augen und fiel zu Boden. Das Erste, was sie sah, war die alte, verrostete Säge in seiner Hand. Ihr stockte der Atem. Sie zitterte am ganzen Körper und war nicht mehr fähig, irgendetwas zu denken. Sie konnte den Blick nicht von der Säge nehmen.
»Ich hab hier nichts Besseres gefunden, um deine Fesseln aufzuschneiden«, erklärte er.
Wollte er sie gehen lassen? Voller Angst starrte sie ihn an, sah in seine Augen, die durch die kleinen Schlitze in der Sturmhaube zum Vorschein kamen. Parallel nahm sie nach und nach im Augenwinkel die Umgebung wahr. Ein Handscheinwerfer lag auf dem Boden und spendete grelles Licht. Ihre Augen hatten sich überraschend schnell an die neu gewonnene Helligkeit gewöhnt. Der Raum war vielleicht drei Meter breit und fünf Meter lang: ein Kellerraum. Überall war es dreckig. Dicke Spinnweben hingen von der Decke, waren in jeder Ecke und besonders auf dem kleinen Fenster, welches wohl auch bei Tageslicht nicht viel Licht hinein ließ. Ansonsten war der Raum vollkommen leer. Sie versuchte die Quelle für das Tropfen des Wassers auszumachen, fand sie aber nicht.
»Nicht bewegen! Ich mach dir jetzt den Knebel auf und du gibst keinen Ton von dir!«
Mit Bedacht sägte er an ihrem Hinterkopf das Paketband auf, welches den Handschuh in ihrem Mund fixierte. Als sich das Band löste, spuckte sie den Handschuh sofort aus. Zuerst konnte sie ihren Mund gar nicht richtig schließen, alles war taub. Kurz danach fühlte es sich so an, als wäre der Knebel noch in ihrem Mund, als wäre alles überdimensional angeschwollen. Sie wollte ihre eingerissenen Lippen befeuchten, konnte aber ihre Zunge nicht zielgerichtet bewegen.
Zum Schluss widmete er sich ihren Handfesseln. Als auch diese der Säge zum Opfer fielen, nahm sie ihre Hände langsam hinter ihrem Rücken hervor und massierte ihre eingeschnittenen Handgelenke. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen. Was würde jetzt geschehen? Was hatte er als nächstes vor? Sie wagte kaum zu hoffen, dass der Alptraum ein Ende hatte und er sie gehen lassen würde.
Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht, machte es »klick«. Eine Handschelle schloss sich um ihr linkes Handgelenk und rastete ein. Tränen stiegen in ihr vor Enttäuschung auf. Sie schloss ihre Augen, um sie zu unterdrücken, schluckte sie hinunter und öffnete die Augen tief durchatmend wieder.
»Was hast du mit mir vor?«, fragte sie leise lallend, noch immer nicht Herr über ihre Zunge.
Statt ihr zu antworten, half er ihr auf und stützte sie am Arm. Sie kam sich wie eine Hundertjährige vor, alles schmerzte ihr, jeder einzelne Knochen. In ihren Füßen hatte sie kein Gefühl mehr. Sie waren vor Kälte wie abgestorben. Plötzlich knickte sie um und ihr wurde schwarz vor Augen.
Er hielt sie fest und legte ihren Arm um seine Schulter. Als er sie mehr mit sich zur Tür schleifte, als dass sie alleine ging, nahm er sie auf den Arm und trug sie die Treppe hinauf.
Ihr war klar, dass jeder Gedanke an einen eventuellen Fluchtversuch in ihrem jämmerlichen Zustand reinste Verschwendung gewesen wäre. Also hielt sie sich an ihm fest und hoffte, dass er sie nicht abrupt fallen lassen würde.
Oben angekommen, trug er sie durch einen engen Flur, öffnete quietschend eine schmale, vergilbte Tür und setzte sie in einem Badezimmer aus vergangenen Zeiten ab. Die olivgrünen Fliesen mit dem braunen Blumenmuster ließen den Raum noch kleiner und erdrückender wirken, als er ohnehin schon war.
»Vielleicht willst du mal auf die Toilette. Es gibt leider nur kaltes Wasser und keinen Strom.«
Er nahm ihren linken Arm an der Handschelle hoch und befestigte das Gegenstück an einem Heizungsrohr, was sich in der Mitte der Wand links von ihr befand. Danach verließ er, wie selbstverständlich, den Raum und platzierte im Türspalt den Handscheinwerfer, sodass der winzige Raum hell erleuchtet wurde.
Sie schaute ihm misstrauisch hinterher und ließ dann ihren Blick abwärts auf ihre Füße sinken. Sie konnte sie nicht mehr spüren und erschrak. Ihre Füße waren bläulich-schwarz verfärbt und überzogen mit schwarzer Erde. Beim Versuch ihre Zehen zu bewegen, schrie sie auf. Höllische Schmerzen durchfuhren ihren Körper.
»Alles okay?«
Sie vermutete ihn vor der Tür, sah ihn aber nicht.
»Nein! Meine Füße sind abgestorben.«
»Das wird schon wieder.«
Kam ihr seine Stimme bekannt vor? Sie war sich nicht ganz sicher. Humpelnd schleppte sie sich zum Waschbecken
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