Fesselnde Entscheidung (German Edition)
nachgewiesen wurde und er stets alles vehement abgestritten hatte, sein Ruf war ruiniert gewesen. Er hatte nie erfahren, wer die Kampagne damals ins Leben gerufen hatte. Neider hatte er viele – und Feinde noch mehr. Nach einem kurzen Prozess der Selbstzerstörung, in dem er stark dem Alkohol zugesprochen hatte, hatte er eine mehr oder weniger erfolgreiche Privatdetektei gegründet.
Die gute Freundschaft zu Schulte hatte trotz der unterschiedlichen beruflichen Wege lange gehalten - bis zu dem Zeitpunkt als Schulte Elisabeth geehelicht hatte. Es hatte keinen wirklichen Streit gegeben. Aber ab diesem Zeitpunkt hatte der Kontakt kontinuierlich abgenommen, bis er schließlich ganz eingeschlafen war.
Das letzte Mal hatte Schulte Oskar auf der Beerdigung von Elisabeth getroffen. Oskar war sichtlich mitgenommen gewesen und tief bewegt. Die beiden ehemals besten Freunde hatten sich mehrere Minuten weinend in den Armen gelegen und kein Wort gesagt. Schließlich hatte Oskar Schulte seine Geheimnummer auf eine Visitenkarte geschrieben und ihm überreicht. Ohne ein weiteres Wort waren sie damals auseinander gegangen.
Jetzt hielt Schulte die Karte in der Hand und bewegte sie zwischen seinen Fingern hin und her. Warum zögerte er? Elisabeth hätte ihn sofort kontaktiert, sie hatte ihn sehr gemocht, das wusste er. Schlussendlich gab er sich einen Ruck und wählte die Nummer, es gab keine Alternative.
Nach drei Freizeichen meldete sich Oskar müde am Telefon.
»Hallo?«
»Hallo Oskar, ich bin`s, Marc.«
Keine Antwort.
»Oskar, wo können wir uns unbeobachtet und unbelauscht kurzfristig treffen?«
Blitzartig schien Oskars Kriminalsinn zu erwachen.
»Ich hole dich in einer halben Stunde ab. Du bist in der Firma?«
»Ja.«
Oskar beendete die Verbindung und Schulte legte verblüfft den Hörer auf. So einfach hatte er sich das Telefonat nicht vorgestellt – vor allem nicht so kurz. Schulte fragte sich, wie es wohl sein werde, Oskar nach all den Jahren wieder gegenüber zu stehen. An die Beerdigung seiner Frau hatte Schulte nur verschwommene Erinnerungen. Wann hatte er Oskar davor das letzte Mal getroffen? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern.
Schulte faltete den Erpresserbrief sorgfältig zusammen und legte ihn zurück in den braunen Umschlag. Dann knickte er ihn und steckte ihn in seine Sakkotasche.
Was sollte er jetzt machen? Eine halbe Stunde untätig warten?
Furchtbare Vorstellung!
Dann ließ er seinen Blick über das Chaos in seinem Büro schweifen und sammelte schließlich die Order wieder zusammen. Einen nach dem anderen verstaute er nach und nach wieder in den Aktenschränken.
Auf einmal wurde sein Herz ganz schwer, Tränen sammelten sich in seinen Augen, er dachte an seine Tochter. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie viel ihm seine einzige Tochter bedeutete. Es gab den einen oder anderen Moment, da hätte er sie am liebsten auf den Mond geschossen. Aber jetzt war alles anders. Alle Streitereien vergeben und vergessen. Er wollte sie nur noch zurück – lebendig.
9. Kapitel - Montag, 08.09.
Er war zurückgekehrt. Auch wenn sie nichts sehen konnte, hatte sie die Schritte draußen vor der Tür gehört, dann den Schlüssel im Schloss und das knarrende Geräusch als die Tür aufgedrückt wurde. Nichts sehen zu können, war für sie das Schlimmste von allem. Wie ein in die Enge getriebenes Tier versuchte sie sich in panischer Furcht irgendwie aufzurichten – vergeblich. Von fliehen konnte kaum die Rede sein. Sie wusste, dass es ein hoffnungsloses Unterfangen war und eigentlich nur eins brachte:
Es
nur wenige Sekunden weiter hinaus zu zögern. Sie wollte schreien. Aber zu hören war nur ein gurgelndes Keuchen. Wie viel Zeit war vergangen, seit er sie hier unten sich selbst überlassen hatte? Es kam ihr wie Stunden vor – halberfroren war sie vor Kälte.
»Beruhig dich, Elisa!«, hörte sie ihn flüstern, »ganz ruhig.«
Woher um alles in der Welt wusste er ihren Namen? War sie etwa kein zufälliges Opfer? Im gleichen Moment fiel ihr die Antwort ein: Er hatte ihre Handtasche und damit auch ihren Personalausweis. Wusste also auch, wann sie Geburtstag hatte, wie groß sie war und wo sie wohnte.
Sie spürte seine unmittelbare Nähe, konnte seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren.
»Halt still!«, befahl er, »ich will dir das Tuch von den Augen nehmen.«
Der Knoten an ihrem Hinterkopf war ziemlich fest, er hantierte eine Weile herum, griff dann zur Säge, die er mitgebracht hatte und ritzte damit vorsichtig das
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