Fesselnde Entscheidung (German Edition)
noch mal zu ihr um.
»Wenn du möchtest, fahre ich dich zur nächsten Polizeistation. … Ich«, er zögerte, » … Ich werde mich stellen.«
»Du willst dich stellen?«, fragte sie ungläubig.
Er zuckte mit den Achseln. »Mir graut es echt vor dem Knast… Aber … Was bleibt mir anderes übrig? Ich habe alles falsch gemacht und irgendwie habe ich das Gefühl, das ist das Einzige, was ich noch entfernt richtig machen kann«, sagte er und verließ dann mit gesenktem Kopf das Zimmer.
Elisa blieb allein zurück und fragte sich, ob sie dieses Risiko eingehen solle – mit ihm zusammen in einem Auto? Was, wenn ihm in einem Anflug von Panik plötzlich die Sicherung durchbrannte und er sie beide in voller Fahrt gegen einen Baum donnerte? Aber andererseits … sie traute es ihm nicht wirklich zu. Trotz allem wirkte er gefasst, vielleicht sogar ein wenig erleichtert.
Sie malte sich aus, wie sie beide im Auto saßen, links und rechts braune Felder und grüne Wiesen an ihnen vorbeizogen. Ein absurdes Bild: Opfer und Täter vereint in einem Auto, auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft. Wobei, überlegte Elisa, so ungewiss war die Zukunft nicht. Sie würden ihn dabehalten – so viel stand fest. Oder ließ man jemanden bei einer Selbstanzeige direkt wieder gehen? Elisa war nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Abgesehen von zwei Tickets wegen zu schnellen Fahrens und mehreren Ordnungswidrigkeiten wegen Überschreitung der Parkdauer. Ansonsten nie. Sie wusste nicht, wie der übliche Vorgang bei der Polizei war – und bei Straftaten schon gar nicht.
Und was machen sie mit mir, fragte sich Elisa. Sie werden mich verhören und dann gehen lassen. Ich werde nach Hause gehen und alles vergessen. Alles wird gut. Alles.
Ihre Selbstsuggestion zeigte Wirkung. Auf einmal fühlte sie sich regelrecht beflügelt und fasste neuen Mut. Es war vorbei. Der Albtraum hatte ein Ende. Zumindest bald. Sie stand auf, schlüpfte in seinen Jogginganzug und verschwand schräg gegenüber vom Schlafzimmer im winzigen Bad aus vergangenen Zeiten.
*
Es ging alles unglaublich schnell. Von einer Sekunde zu anderen fielen Fensterschreiben klirrend zu Boden, unmittelbar danach folgten ein unglaublich lauter Knall und ein greller, sehr heller Lichtblitz. Elisa war kurzzeitig vollkommen orientierungslos, völlig verstört fand sie sich auf dem Badezimmerboden wieder.
Nachdem sich ihr Sehvermögen wieder gebessert hatte, sah sie schwarz gekleidete Menschen mit Helmen, Masken, ballistischen Westen, Knie- und Ellenbogenschützern, Handschuhen und schweren Stiefeln wild hin und her laufen. Das Einzige, was sie ununterbrochen hörte, war ein lautes Rauschen in ihren Ohren.
Unsanft half ihr ein SEK-Mitglied auf, packte sie am Arm und zog sie aus dem Badezimmer. Im Flur sah sie ihn flach auf dem Bauch liegen. Seine Hände waren ihm auf dem Rücken mit Kabelbindern gefesselt. Ein SEK-Beamter hatte seinen Stiefel auf seinem Kopf abgestellt, er schaute sie aus weit aufgerissenen Augen an. Sie wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Ihre Gefühle waren taub. Empfand sie Genugtuung oder Mitleid? Sie wusste es nicht.
Irgendwie war sie in einem Krankenwagen gelandet. Ein Sanitäter sagte etwas zu ihr. Elisa verstand ihn nicht und starrte ihn verständnislos an. Sie hörte nur das laute Rauschen, als würde ein Föhn unablässig direkt an ihre Ohren gehalten werden.
Durch die offene Krankenwagentür sah sie, wie er grob aus dem Haus abgeführt und in einen Polizei-Sprinter geladen wurde. Sie betrachtete die Szenerie, wie ein Zuschauer von den oberen Rängen, teilnahmslos gebannt von dem was geschah.
29. Kapitel
Auf dem Weg ins Krankenhaus kehrte Elisas Hörvermögen langsam zurück – das Rauschen wich einem penetranten Pfeifton. Allmählich realisierte sie, was passiert war.
»Bald können Sie wieder besser hören. Das sind die Nebenwirkungen der Blendgranaten. Haben Sie Schmerzen, tut Ihnen etwas weh?«, fragte sie der Sanitäter im Krankenwagen.
Elias schüttelte leicht den Kopf. Sie blickte auf die Braunüle in ihrer Hand, sah die Kochsalzlösung am Tropf und schlussfolgerte, dass es wohl ihrer Kreislaufstabilisierung dienen solle.
»Wo bringen Sie mich hin?«, fragte sie nach einer Weile.
»Sie kommen jetzt in das städtische Krankenhaus, werden dort untersucht und es wird entschieden, ob sie vernehmungsfähig sind oder nicht.«
Elisa wollte das alles nicht. Sie sehnte sich nach ihrem zu Hause, wollte sich in ihrem Bett
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