Fesselnde Entscheidung (German Edition)
Weinglas, merkte, wie sehr sie zitterte und stellte es schnell wieder ab - ohne getrunken zu haben.
»Du zitterst ja … hast du Angst vor mir?«
Elisa lächelte verlegen und schüttelte mit dem Kopf.
»Nein, aber … irgendwie ist es doch ein komisches Gefühl dir gegenüber zu sitzen.«
Er nickte, als fühle er das Gleiche.
Erst jetzt wurde Elisa bewusst, dass sie tatsächlich keine Angst vor ihm hatte. Fast so, als wäre ihre ganze Angst, die sie ihm gegenüber hätte haben können, bereits aufgebraucht. Vielmehr fühlte sie etwas anderes. Etwas, was dem Gegenteil schon sehr nahe kam. Sie mochte ihn und verstand nicht, wie das überhaupt möglich war.
Nachdem sie sich kurz gemustert hatten, fragte er grinsend: »War eins davon für mich gedacht gewesen?«, und deutete auf die Weingläser vor ihr.
Sie grinste verlegen zurück und schüttelte mit dem Kopf, während sie still die Kellnerin verfluchte, die es nicht geschafft hatte, rechtzeitig das leere Weinglas abzuräumen.
»Ich hole uns mal noch was«, sagte er, während er ihr Glas ganz austrank und sich dann mit beiden Gläsern auf den Weg zum Tresen machte.
Elisa blickte ihm hinterher und starrte unverhohlen auf seinen Arsch. Als er sich unvermittelt zu ihr umdrehte, schaute sie schnell weg und schloss ihre Augen vor Scham. Sie schüttelte ihren Kopf und musste über sich selbst lachen. Wie alt war sie? Sie kam sich gerade wie ein Teenager vor. Was war los mit ihr?
Obwohl der Tresen proppenvoll war, war er schnell wieder zurück, stellte ihr ein Weinglas vor die Nase und nahm, während er sich wieder hinsetzte, einen großen Schluck von seinem Bier.
»Danke«, sagte sie, nippte ein wenig am Wein und schaute ihn erwartungsvoll an.
Er erwiderte ihren Blick und fragte neugierig: »Was gibt`s? Wieso wolltest du mich sehen?«
Elisa wischte sich über ihre Augenbrauen und guckte verlegen zur Seite.
Statt ihm seine Frage zu beantworten, sagte sie leise, den Blick wieder auf ihn gerichtet: »Bitte erzähl mir, wie es dir ergangen ist.«
Er wurde ernst, zog die Augenbrauen zusammen und fragte überrascht: »Im Knast?«
Sie nickte nur.
Sein skeptischer Gesichtsausdruck verriet Elisa, dass er ihr Interesse wahrscheinlich nicht für den wahren Grund des Treffens hielt, aber dennoch fing er bereitwillig an zu erzählen. Und sie spürte, wie ihre innere Anspannung ein wenig von ihr abfiel. Wahrscheinlich auch Dank der zwei Gläser Wein.
Die erste Zeit im Gefängnis war sehr hart für ihn gewesen. Besonders weil sein Vater mit ihm gebrochen hatte. Aber seine Mutter hatte zu ihm gehalten und auch sein zweitältester Bruder, Simon. Nach und nach hatte er sich mit seiner Situation arrangiert und sich vorgenommen, das Beste daraus zu machen.
Während seiner Haftstrafe hatte er eine Ausbildung zum Tischler gemacht und auch relativ schnell im offenen Vollzug eine Anstellung in einer kleinen Tischlerei gefunden. Sein Chef hatte ihn noch nicht mal gefragt, weshalb er eingesessen hatte. Ihm war es nur wichtig, dass er ordentlich und sorgfältig arbeitete und pünktlich war.
Elisa hörte ihm aufmerksam zu, plötzlich fiel ihr etwas ein.
»Und deine Musik?«
Er schüttelte nur mit dem Kopf und sagte: »Nichts mehr mit Musik. Das ist vorbei.«
Plötzlich wurde Elisa sentimental. Sie wusste, wie wichtig ihm die Musik war. Wusste, dass er alles für sie riskiert hatte. Und jetzt hatte er sie verloren. Ihretwegen. Das altbekannte Schuldgefühl stieg wieder in ihr auf und sie merkte, dass der Zeitpunkt gekommen war, um zu beichten. Ihm endlich die Wahrheit zu sagen.
Wie oft hatte sie sich diesen Moment vorgestellt? Wie oft hatte sie sich die richtigen Worte überlegt? Wie oft hatte sie feststellen müssen, dass es die richtigen Worte nicht gab?
Wir haben übrigens eine gemeinsame Tochter. Du bist Vater! Ich weiß, ich hätte es dir früher sagen müssen, aber …
Sie setzte ihr Weinglas an und leerte es in schnellen Zügen.
Er schaute sie irritiert an. »Respekt. Was hast du denn heute noch vor?«
Elisa holte tief Luft und sagte leise: »Ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll … Ich … Ich habe ein sehr schlechtes Gewissen.«
Verwundert zog er die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn.
Wieder holte sie tief Luft, aber diesmal brachte sie kein Wort heraus. So sehr sie es sich auch vorgenommen hatte, es wollte ihr schlichtweg nicht über die Lippen kommen. Es ging einfach nicht. Sie konnte es ihm nicht sagen. Der Mut hatte sie vollkommen verlassen. Sie kam sich
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