Fesselnde Entscheidung (German Edition)
unterschrieb sie mit ´Elisa`, steckte den Zettel in einen Umschlag, beschrifte ihn mit seiner Adresse und brachte ihn nachmittags selbst zur Post.
3. Kapitel
Es wehte ein unangenehmer Wind. Tim zog den Kragen seines Parkers hoch und ging mit schnellen Schritten zum
Schuppen
. Ein passender Name, wie er fand. Den
Schuppen
kannte er zuvor nicht, und er fand ihn schon von außen wenig einladend. Der einst blaue Putz war an vielen Stellen abgeplatzt, er wirkte heruntergewirtschaftet und schmutzig. Selbst die, wahrscheinlich vor Jahrzehnten, gemalte Aufschrift des Namens war eher zu erraten, als dass sie noch zu lesen war.
Als er eintrat, schlug ihm ein warmer Schwall hoher Luftfeuchtigkeit entgegen. Sein erster Eindruck bestätigte sich im Inneren. Zwar war es weniger verdreckt als erwartet, aber dennoch war das dunkle Mobiliar überall angestoßen und alt. Er fragte sich, weshalb sie eine so verwahrloste, schäbige Kneipe ausgewählt habe. War das vielleicht ihr kläglicher Versuch, sich auf das Niveau eines Ex-Häftlings herabzulassen?
Verwundert stellte er fest, dass sich nicht gerade wenige Menschen hierhin offenbar verirrt hatten. Sie standen und saßen dicht gedrängt um den Tresen herum. Oder war es doch ein beliebter Szene-Treff, der ihm bisher entgangen war?
Dem Weg folgend bog er langsam um einen Pfeiler, erblickte einige Tischchen, die auch besetzt waren, und schließlich sie an einem Tisch in der hinteren linken Ecke des Raums. Reflexartig wich er zurück hinter den Pfeiler. Albern, dachte er, hoffentlich hat sie mich nicht gesehen! Vorsichtig schaute er wieder um die Ecke. Offenbar hatte sie ihn nicht bemerkt, weil sich zu viele Menschen zwischen ihnen befanden.
Überrascht sah er, dass sie sich keine Mühe gegeben hatte, nicht erkannt zu werden. Aber wahrscheinlich würde sie hier ohnehin niemand kennen – geschweige denn erkennen, mutmaßte Tim.
Ihre langen schwarzen Haare trug sie offen, und er empfand sie als auffallend glatt. Eigentlich hatte er sie nur wild und zerzaust in Erinnerung gehabt. Von weitem konnte er ihr zartes Gesicht und ihre großen Augen erkennen, die unruhig hin und her eilten. Sie war immer noch sehr hübsch anzusehen. Obwohl sie mit ihrem schwarzen engen T-Shirt unauffällig gekleidet war, wirkte sie durch ihre bloße Erscheinung an diesem heruntergekommenen Ort vollkommen deplatziert. Sie strahlte etwas Anmutiges aus, was ihr auch interessierte Blicke der anderen Männer einbrachte, wie er instinktiv registrierte.
Als temperamentvolle, leidenschaftliche und äußerst zerbrechliche Frau hatte er sie kennen gelernt und wieder mal fragte er sich, wie so ein zierliches Wesen eine so erfolgreiche Geschäftsfrau sein konnte. Erst neulich hatte er einen Artikel über sie gelesen. Nicht ohne Wehmut. Nicht ohne Stolz, sie einmal gehabt zu haben.
Vor ihr auf dem Tisch standen zwei Weingläser. Ein leeres und ein fast leeres. Irritiert schaute er auf seine Uhr. Er hatte sich fünf Minuten verspätet. Seltsam, dachte er.
Dann atmete er tief durch und ging langsam auf sie zu. Als sich ihre Blicke trafen, lächelte er sie an. Kurz überlegte er, wie er sie begrüßen solle. Da sie aber keine Anstalten machte, ihn in irgendeiner Form zu begrüßen, setzte er sich einfach ihr gegenüber auf den Stuhl und legte seine Hände ineinander gefaltet vor ihm auf den Tisch. Fast so wie damals, als sie ihn im Gefängnis besucht hatte. Nur mit dem Unterschied, dass er diesmal keine Handschellen trug.
*
Ihr Herz hatte einen Aussetzer gemacht, als sie ihn auf sich hatte zukommen sehen. Er hatte eine dunkelgraue Jacke an und trug darunter einen dunkelblauen Pullover. Zu ihrem Bedauern trug er seine Haare immer noch sehr kurz. Seine braunen Wuschelhaare hatte sie sehr gemocht. Er war älter geworden, kleine Fältchen entdeckte sie um seine blauen Augen. Sie ließen ihn erwachsener, reifer wirken. Sein schönes Lächeln war immer noch dasselbe.
Sehr gern wäre sie zur Begrüßung aufgestanden. Aber sie konnte nicht. Ihre Knie waren weich. Als er sich zu ihr gesetzt hatte, ging ihr Blick unvermittelt auf seine Hände. Auf seine Narben. Auch er hat etwas Bleibendes davon getragen, stellte sie fest und dachte an ihre Tochter. An ihre gemeinsame Tochter. Dem Grund ihres Treffens. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Den ganzen Tag über hatte sie schon Bauchschmerzen gehabt und keinen Bissen herunter bekommen.
»Hi!«, sagte er lächelnd.
»Hi«, erwiderte sie, griff zu ihrem
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