Fesselnde Entscheidung (German Edition)
er brach ab.
„… hast alles geplant, mich beobachtet und verfolgt“, beendete sie seinen Satz.
Er nickte langsam. „Ja, so ungefähr war es … eine bescheuerte Idee. Ich hatte mir alles so verdammt einfach vorgestellt.“
Sie schwiegen und tranken – abwechselnd Wodka und Wasser. Sie mehr Wasser, er mehr Wodka.
Nachdem er auf Toilette war, nahm er neben ihr auf dem Boden Platz und erzählte unaufgefordert weiter aus seinem Leben. Elisa hörte ihm aufmerksam zu.
Das Bauernhaus, in dem sie sich befanden, hatte mal seinen Urgroßeltern gehört. Früher hatte er hier immer seine Ferien verbracht. Er schwärmte regelrecht von der schönen alten Zeit. Doch die war lange her. Vor vielen Jahren waren seine Urgroßeltern gestorben und das Haus, weit abseits der Zivilisation, verwaist. Ab und zu war er immer noch hierher gekommen, um in absoluter Ruhe Lieder zu schreiben und Musik zu machen.
Als die Wodkaflasche schließlich leer war, teilten sie sich die letzte Wasserflasche.
„Wie heißt du eigentlich“, fragte sie ihn und stockte kurz, „oder wie soll ich dich nennen?“
„Tim“, antwortete er kurz.
Sie vergewisserte sich nicht, ob das sein richtiger Name war oder nicht. Es war ihr egal. Sie stand auf und ging schwankend auf die Toilette. Anschließend setzte sie sich – mit dem Rücken an den Bettrand gelehnt – ihm gegenüber.
„Und du?“
„Was ich? Ich heiße Elisa, das weißt du doch.“
„Nein, das meinte ich nicht“, er schüttelte mit dem Kopf, „was ich eigentlich fragen wollte … ich verstehe einfach nicht, wieso dein Vater …“ er sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und beendete seine Frage nicht.
„Ich weiß es nicht“, sagte sie nach einer Weile, „ich hätte es auch nicht für möglich gehalten, dass ich ihm so wenig – beziehungsweise gar nichts – bedeute.“
Plötzlich ließ sie ihren Tränen freien Lauf und weinte ungehemmt. Als sie ihn kurz anblickte, musste sie unwillkürlich lächeln, obwohl ihr gar nicht zum Lachen zumute war. Sie sah ihm seine Überforderung förmlich an.
Gern hätte er sie ihn in den Arm genommen, um sie zu trösten. Aber er war sich nicht sicher, ob sie es zulassen, seinen Körperkontakt überhaupt ertragen würde. Stattdessen stand er auf, merkte den Alkohol in den Beinen und suchte wie selbstverständlich in ihrer Handtasche, die links neben dem Bett am Fußende stand, nach Taschentüchern. Schließlich fand er welche und reichte sie ihr. Er fand, dass sie seine Hand einen Moment zu lange berührt hatte und nahm diese Einladung gern an, sich dicht neben sie zu setzen.
„Ich bin übrigens zurück gekommen, weil ich meine Handtasche vergessen hatte“ sagte sie mit einem Augenzwinkern und merkte gleichzeitig, wie sich die Wirkung des Alkohols in ihr entfaltet hatte. Unter normalen Umständen hätte sie es als persönlichen Eingriff in ihre Privatsphäre aufgefasst, wenn jemand – egal wer – in ihrer Handtasche herum gewühlt hätte.
„Ach so, klar, dass ich da nicht von allein drauf gekommen bin“, grinste er zurück.
Elisa wurde redselig und erzählte von ihrer Kindheit, ihrer Mutter und dem schwierigem Verhältnis zu ihrem Vater. Schließlich erwähnte sie auch das Projekt, an dem die Vater-Tochter-Beziehung, so vermutete sie zumindest, letztendlich völlig zerbrochen war.
Zu seiner eigenen Schande musste er sich eingestehen, dass er ihr nur mit einem halben Ohr zuhörte. Vielmehr galt seine volle Aufmerksamkeit ihrer anmutenden Mimik und Gestik. Sie hatte ihn in ihren Bann gezogen und das vom ersten Augenblick an. Fasziniert beobachtete er, wie sie mit ihren Augen sprach und ihren Worten mit den Händen Nachdruck verlieh.
„Du hörst mir ja gar nicht zu“, unterbrach sie sich.
„Doch, natürlich … dein Vater ist ein Idiot“, fasste er kurz ihre Ausführungen zusammen. Sie musste unwillkürlich lachen. Dann erzählte sie weiter von dem ungewöhnlichen Testament ihrer Mutter.
„Mit dem Tod meiner Mutter gingen 49% der Firmenanteile auf mich über. Mein Vater hält die anderen 51%. Aber nur solange wie ich noch nicht verheiratet bin. Denn mit einer Heirat würde ich ein Prozent bekommen und er müsste eins abgeben. Dann hätten wir die Pattsituation. Für jedes Kind, was ich kriege, muss er wieder jeweils ein Prozent abgeben und würde damit die Mehrheit in der Firma verlieren.“
„Aha, das geht? Klingt irgendwie komisch, von so was habe ich noch nie gehört.“
„Ist auch sicherlich nicht die sonst so übliche Art“,
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