Fesselnde Entscheidung (German Edition)
sie hier um alles in der Welt überhaupt wollte. Sie hatte das Gefühl, dass gleich ihre Beine nachgeben und ihr schwarz vor Augen werden würde. Kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und zwischen ihrer Nase und ihrem Mund. Elisa war kreideweiß. Sie spürte regelrecht, wie sie gleich ohnmächtig werden würde. Langsam sank sie in die Knie. Schnell versuchte sie, noch irgendwo Halt zu finden. Der Türrahmen war ihr Retter in der Not, sie lehnte sich mit ihrem Rücken gegen ihn und vergrub, nachdem sie sich auf den Fußboden gesetzt hatte, ihren Kopf zwischen ihren Knien.
Unvermittelt sprang er vom Bett auf, warf dabei die Pistole achtlos auf den Nachttisch, hockte sich vor sie und legte ihr besorgt die Hand auf die Schulter.
„Alles okay?“
„Geht schon gleich wieder. … Mir ist schwindelig. Ich glaube, mein Kreislauf will gerade nicht mehr so wie ich.“
Er stand auf und lief die Kellertreppe hinunter. Im Handumdrehen war er wieder da, legte den Schlafsack um sie und bot ihr eine der zwei mitgebrachten Wasserflaschen an.
Nachdem sie ein paar Schlucke genommen hatte, legte sie sich auf den Boden und schloss die Augen.
„Geht schon gleich wieder …“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihm. Sie zählte im Stillen ihre tiefen Atemzüge und hoffte, dass der Schwindelanfall schnell vorüber gehen würde.
Das Wasser hatte ihr gut getan. Nach wenigen Minuten, wollte sie sich wieder aufrichten. Er half ihr und zog sie sanft an ihrer Hand hoch. Elisa lehnte sich wieder gegen den Türrahmen und fühlte sich besser.
Sein Blick fiel auf ihre zarten Handgelenke und die Spuren, die die Handschellen hinterlassen hatten. Er setzte sich auf den Bettrand und ließ seinen Kopf in seine Hände fallen. Dann hob er ihn wieder hoch, fuhr mit den Händen durch seine Haare und sah ihr schuldbewusst in die Augen.
„Ich wollte dir nie wehtun und hoffe, dass du mir irgendwann verzeihen kannst.“
Sie schaute ihn an und nahm zum ersten Mal sein Gesicht bewusst wahr.
Elisa hatte ihn sich ganz anders vorgestellt. Er sah gar nicht böse aus. Im Gegenteil, mit seinen braunen Wuschelhaaren, seinen ungewöhnlichen hellbraunen Augen und seinem schönen Lächeln hätte er ihr fast sympathisch sein können – wenn da nicht die unauslöschbare Vorgeschichte gewesen wäre.
Das schwarze T-Shirt und seine blaue Jeans, die er trug, kannte sie bereits. Sie schätzte, dass er ungefähr in ihrem Alter war.
„Warum hast du das gemacht?“, fragte sie ihn leise. Wäre sie ihm einfach so auf der Straße begegnet, sie hätte es ihm nie zugetraut.
„Was?“
„Na, das alles. … Die Erpressung.“
Er antwortete nicht sofort, schien nach Worten zu suchen, nahm große Schlucke aus der Wodkaflasche und stellte sie dann vor sich auf den Boden.
„Das war eine bescheuerte Schnapsidee. Ich wollte schnell und einfach an das große Geld.“
Er sah ihr ihre Enttäuschung an. Zu gern hätte er ihr etwas anderes erzählt. Etwas, das es ihr leichter gemacht hätte, ihn zu verstehen.
„Leider kann ich dir keine tugendhafte Erklärung dafür liefern. Es gibt keine kleine Schwester für die ich die lebensrettende, unwahrscheinlich teure Operation irgendwo im Ausland bezahlen wollte. Ich habe noch nicht einmal eine Schwester.“
Sie nahm die Wodkaflasche, trank ebenfalls ein paar Schlucke und hörte ihm schweigend zu.
Er erzählte ihr von seinen zwei älteren Brüdern. Der eine Mediziner, der andere Steuerberater. Nur er hatte es zu nichts gebracht, war der selbsternannte Nichtsnutz der Familie. Hatte sein BWL-Studium abgebrochen und wartete stattdessen seit Jahren auf seinen großen Durchbruch als Musiker.
„Du kannst singen?“ unterbrach sie ihn, „sing mal“, versuchte sie ihn zu motivieren.
„Nein, Elisa, ich werde hier jetzt bestimmt nicht singen. Da ist mir wirklich nicht nach“, sagte er und tat ihr nicht den Gefallen.
Mit dem Geld wollte er seine Musik selbst produzieren, sich ein schönes, sorgenfreies Leben machen und es schließlich allen zeigen. Mit seinem Nebenjob als Kurierfahrer, wäre das nie etwas geworden. Seine Eltern hatten ihm den Geldhahn zugedreht, als er das Studium abgebrochen hatte. Sie waren nicht bereit, sein Faible für die Musik zu unterstützen.
„Da habe ich vor ein paar Wochen, in nicht ganz nüchternem Zustand, den Artikel über deinen Vater und eure Firma gelesen und gedacht ´wer viel hat, kann auch ein bisschen abgeben`. Du warst mit ihm abgebildet und dann habe ich ein bisschen im Internet recherchiert und …“,
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