Fesselnde Liebe - Teil 2
Beachtung zu schenken, klicke ich den ersten Song an und schiebe den iPod ins Handschuhfach zurück. Nur wenige Sekunden später ertönt ein mir bekanntes Lied, allerdings in einer anderen Version. Hier singt eine soulige Frauenstimme in ruhigem Tempo einen Song, den ich von Oasis kenne. Als der Refrain einsetzt, stimme ich leise mit ein.
» Hörst du nur so was? Soul und Jazz und so?«, frage ich, nachdem der letzte Ton verklungen ist.
» Und Klassik. Hauptsächlich. Freut mich, dass es dir zu gefallen scheint.«
» Ich bin gespannt, was da sonst noch zu Tage kommt. Wie lange fahren wir?«
Adrian sieht auf die Armbanduhr. »Ungefähr fünf Stunden. Genug Zeit, um dich durch meine Musikliste zu hören.«
Ich ziehe die Sandalen aus und lege meine nackten Füße auf dem Armaturenbrett über dem Handschuhfach ab. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass er kurz den Kopf zu mir wendet und mich ansieht, also wackle ich kokett mit den ausnahmsweise lackierten Zehen. Ein hübsches Pink. Hätte ich auf Cat gehört, würden jetzt noch zum Kleid passende Blümchen darauf kleben, aber das war mir zu albern.
Aus den Boxen erklingt ruhige Klaviermusik. Ein Stück von Erik Satie, wir mir der iPod nach einem neugierigen Blick aufs Display verrät. Gnossienne No. 1. Ich schaue aus dem Fenster und lasse die Landschaft an mir vorbeiziehen, während ich mit meinen offenen Haaren spiele und mich frage, warum das Stück mich so tief berührt, dass meine Augen brennen. »Das ist wunderschön«, flüstere ich.
Adrian nickt stumm. Auf meinen Armen haben sich alle Härchen aufgerichtet, obwohl die Sonnenstrahlen mich wärmen. Ohne darüber nachzudenken, lehne ich mich zur Seite und lege den Kopf gegen seine Schulter. Dann schließe ich die Augen, genieße den Fahrtwind, die Motorgeräusche und das Klavierspiel aus den Boxen. Fast komme ich mir vor wie in einem alten französischen Liebesfilm. Kaum zu glauben, dass ich dies gerade wirklich erlebe.
*
Als er mich aufweckt, reibe ich mir verwirrt die Augen und versuche, meinen steifen Körper aufzurichten. Jeder Knochen schmerzt, ich spüre Muskeln an Stellen, wo eigentlich keine sein können. Himmel, hoffentlich hab ich nicht im Schlaf gesabbert!
»Tut mir leid, bin ich eingeschlafen?«
» So süß, Kleines.« Er beugt sich zu mir rüber und küsst meine Schläfe, bevor er sich wieder auf die Straße konzentriert. Die Landschaft um uns herum hat sich verändert, und ja, ich weiß jetzt, dass wir in Schottland sind. Nördlich von Edinburgh, mindestens. »Es ist ein großer Vertrauensbeweis für den Fahrer, wenn der Beifahrer während der Fahrt einschläft.«
Ich verziehe den Mund zu einem Grinsen und gähne mit vorgehaltener Hand. Oh Gott, wie lange habe ich denn geschlafen? Der iPod spielt inzwischen einen alten Tony Bennett-Song, den ich aus irgendeinem Film kenne.
»Bild dir nichts darauf ein. Ich kann immer und überall schlafen.«
» Beruhigend zu wissen, dass du nicht von schlechten Träumen gequält wirst.« Seine Hand ist wieder auf meinem Oberschenkel und fühlt sich warm an durch den dünnen Stoff meines Sommerkleides.
» Pause?«
Die Autobahn liegt hinter uns, um uns herum dunkel bewaldete Hügel und grüne Wiesen. Ohne meine Antwort abzuwarten, fährt Adrian in eine Haltebucht am Straßenrand und streckt die Arme nach oben. Dann steigt er aus und öffnet mir die Tür, was ich natürlich selbst gekonnt hätte, aber ich genieße es, wie er sich um mich kümmert.
»Ich habe einen kleinen Snack für unterwegs vorbereitet, wenn du magst.«
Aus dem Kofferraum zaubert er eine Kühltasche und eine Decke, und ich frage mich, ob der Wagen einen doppelten Boden hat oder so was, denn der Kofferraum dürfte mit meinem Gepäck schon überfordert sein.
»Sandwiches?«
Ich ziehe eine Braue hoch, weil er die winzigen Dinger bestimmt nicht selbst gemacht hat. Er grinst etwas verlegen und breitet eine karierte Wolldecke auf der Wiese aus, dann schenkt er frischen Orangensaft in zwei Gläser ein und bedeutet mir, mich neben ihn zu setzen. Es ist kühler hier oben als in Newcastle, aber der Himmel ist blau und beinahe wolkenlos. Ein seltenes Bild in Schottland, ich genieße die ruhige Atmosphäre. Die Landstraße wirkt wie ausgestorben, irgendwo in der Ferne blöken ein paar Schafe.
»Verrätst du mir jetzt, wo genau wir hinfahren?«
» Was denkst du?«
Ich muss nicht lange darüber grübeln. »Aberdeen?« Mein Herz hüpft kurz, als er nickt.
» Zu deiner Familie?«
» Richtig. Es
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