Fesselnde Liebe - Teil 2
senkt sich beim Atmen. Tief und ruhig. Ein uralter Landrover fährt hupend an uns vorbei und ich winke den beiden Jungs darin lachend hinterher, danach sind wir wieder allein auf grüner Flur. Umgeben von Hügeln und Bäumen.
» Seit der Sache mit Carol haben wir unsere Schwierigkeiten, aber es ist okay.«
Ich antworte nicht, weil ich merke, dass ihn die Erinnerung an seine Halbschwester schmerzt. Er hat mir von ihr erzählt und davon, auf welche schreckliche Art sie umgekommen ist. Mein Magen schnürt sich zusammen, als ich mich an das Gespräch erinnere. Wie kann eine Frau so einen Verlust jemals verkraften? Das eigene Kind zu verlieren muss zu den schlimmsten Erfahrungen gehören, die man im Leben machen kann. Ich strecke den Arm nach hinten und streichle über seinen Rücken. Er wirkt angespannt.
»Fahren wir?«, fragt er Minuten später.
Gemeinsam sammeln wir die Reste des Picknicks ein, er faltet die Decke und verstaut alles im Kofferraum. Dann geht es weiter durch die sonnige Landschaft. Nach Aberdeen. Zu einem neuen Puzzlestück aus Adrians Vergangenheit, das mich jetzt schon nervös macht.
15
Ich richte mich kerzengerade auf, als Adrian die Landstraße verlässt und durch ein offenes Tor fährt, das offenbar die Zufahrt zu einem sehr einsam gelegenen Haus ist. An der Stadt sind wir nur vorbeigefahren; jetzt taucht hinter Eichen und alten Kirschbäumen ein uraltes viktorianisches Herrenhaus aus rosa Granit mit einem runden Türmchen auf. Ich halte die Luft an und starre durch die Windschutzscheibe auf das Haus, das wie eine Burg wirkt.
» Da wohnt deine Familie?«, frage ich schockiert, und Adrian lacht.
Er streckt die Hand aus und streichelt mein Bein, während er den Wagen langsam über den Kies dirigiert und neben einem knallroten Porsche einparkt. Ich muss den Kopf in den Nacken legen, um zum Dach des Hauses hinaufsehen zu können. Großer Gott, das sieht aus wie die Sommerresidenz der Queen, auch wenn der Renovierungszustand etwas zu wünschen übrig lässt. Hier und da fehlen einige Schiefertafeln, und die in den Stein gehauenen Motive von Rosen, Ranken und Vögeln bröseln stellenweise. Trotzdem habe ich noch nie im Leben ein so imposantes Haus gesehen.
» Ich sagte ja, meine Mutter hat einen reichen Schotten geheiratet. Das Haus ist uralt und gehört mit dem gesamten Land seit Jahrhunderten der Familie. Kein Grund, ehrfürchtig zu werden.«
» Für dich vielleicht nicht, du bist an Luxus gewöhnt«, sage ich und streiche mein Kleid glatt, nachdem ich aus dem Sportwagen geklettert bin. »Ich kenne so was hier nur aus Filmen! «
Noch bevor Adrian meine Tasche aus dem Kofferraum geholt hat, wird die massiv e Holztür von innen aufgestoßen. In der Öffnung erscheint ein rothaariger Schopf.
» Onkel Adrian!«
Das Mädchen, das in dem riesigen Portal winzig aussieht, stürmt die Treppe herab und auf Adrian zu, der sofort vom Wagen ablässt, in die Knie geht und lächelnd beide Arme ausbreitet. Mein Herz zieht sich zusammen während ich beobachte, wie der rothaarige Wirbelwind gegen seine Brust springt, sodass er sich nach hinten fallen lässt und seine laut lachende Nichte mit sich reißt.
» Emmy! Nicht so wild!«
Die rügende Stimme einer Frau lenkt meine Aufmerksamkeit zum Haus zurück, und die Frau, die dort steht und die sehr dünn gezupften Brauen hebt, muss Adrians Mutter sein. Sie wirkt wie eine Adlige, die blondierten Haare streng zu einem Kranz geflochten, schmale Lippen. Ihr Kostüm sieht teuer und ungemütlich aus und würde eher in eine Bank passen als aufs Land. Als sie mich entdeckt, verzieht sie den Mund zu einem höflichen Lächeln, das ich erwidere. Dann wende ich mich wieder Adrian zu, der noch immer am Boden liegt und inzwischen das Mädchen auskitzelt. Ihr quietschendes Lachen ist ansteckend, und die gelegentlichen spitzen Schreie, mit denen sie ihn abzuhalten versucht, sind niedlich. Sie trägt ein gelbes Kleid mit Rüschen am Saum.
» Du musst Gwendolyn sein«, sagt plötzlich eine Stimme hinter mir. Irritiert drehe ich mich um, dann schnappe ich erschrocken nach Luft. Vor mir steht Adrian ... nein, natürlich nicht ganz. Aber der Mann ist eindeutig sein Bruder, denn er ist Adrian wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur sein Haar ist viel heller und schimmert golden in der Sonne. Er trägt ein Poloshirt zur Jeans und streckt mir lächelnd die Hand entgegen.
» Richtig, ja«, sage ich, Adrian und seiner Nichte lauschend, die ihren ungleichen Ringkampf offenbar nicht
Weitere Kostenlose Bücher