Fessle mich!
hatte den Eindruck, dass sie ihm seit dem Kuss aus dem Weg ging, wo sie nur konnte. Zum Beispiel vorhin: Leo wollte sich ein Bier holen. Macy hatte neben der Wanne gestanden, und er musste sich strecken, um an ihr vorbei eine Flasche herauszuziehen. Er hatte förmlich gespürt, wie sie erstarrte und zurückwich. Im nächsten Augenblick schon war sie unter dem Vorwand, das Testspiel zu organisieren, davongeeilt. Es war das erste Mal, dass eine Frau seine Herausforderung so deutlich zurückwies. Ein ganz neuartiges Gefühl!
Plötzlich tauchte Anton vor ihm auf. “Mach dir nichts draus”, bemerkte er freundlich. “Sie gewinnt immer.”
Leo quittierte den gut gemeinten Trost mit einem gequälten Lächeln. Wieso hielten es alle eigentlich für offenkundig, dass Macy gewonnen hatte?
“Hat sie dich auch schon mal drangekriegt?”, erkundigte er sich höflich.
“Das kannst du glauben. Sie hat mir eingeredet, dass eine Mücke um mich herumschwirrt, und wollte mich dazu bringen, mich an der Nase zu kratzen. Es endete damit, dass ich mir fast die Augen ausgekratzt hätte.”
Leo schmunzelte. “Sie hat … das gewisse Etwas, findest du nicht?”
Anton vergrub die Hände in den Hosentaschen und nickte. “Unglücklicherweise bemerkt man das meistens erst, wenn sie schon auf deinem Schoß sitzt, wenn du weißt, was ich damit meine.”
Leo räusperte sich verlegen. Und ob er das wusste! “Tja, ich wollte mich gerade verabschieden. Es war ein netter Abend, aber morgen wartet ein Berg Arbeit auf mich, deswegen sollte ich wohl besser machen, dass ich nach Hause komme.”
“Bleib doch noch einen kleinen Moment. Vielleicht ergibt sich ja die Gelegenheit, es Macy mit ihren eigenen Mitteln heimzuzahlen.”
“Hab ich das nicht bereits getan?”
Anton lachte. “Na ja, es war ein Versuch. Aber du darfst es dir zur Ehre anrechnen, dass du sie zum Schweigen gebracht hast. Du bist der Erste, dem das gelungen ist.”
“Hm!”, brummte Leo. Antons Bemerkung hatte die Erinnerung an Macys Lippen, ihre Zunge und ihre scharfkantigen kleinen Zähne geweckt und daran, wie sich ihr Körper an seinen geschmiegt hatte.
“Doch, doch”, fuhr Anton fort. “Lauren ist schier ausgerastet. Sie sagt, sie hätte Macy noch nie so erlebt.”
Leos Neugier war geweckt. “Wie denn?”
“Junge, Junge, die hätte dich am liebsten mit Haut und Haar verschlungen. Deine Zunge reichte ihr offenbar nicht.” Anton hatte sich anscheinend für das Thema erwärmt. “Ich muss schon sagen, das hätte ich der kleinen Macy gar nicht zugetraut!”
Die Unterhaltung wurde langsam peinlich, fand Leo, aber da musste er wohl durch. Er hatte Macy vor versammelter Mannschaft geküsst. Ganz klar, dass sie damit zum Tagesgespräch wurden. Dabei hatte der Kuss nichts, absolut gar nichts zu bedeuten. Nachdenklich wog er die leere Flasche in der Hand. Gehen oder bleiben? Sein Blick fiel auf Macy, die mit Sydney und Lauren scherzte. Anscheinend amüsierte sie sich köstlich, denn sie klatschte in die Hände und wippte auf den Absätzen wie ein Kind, wenn es sich freut. “Du sagst es”, meinte Leo. “Wenn man sie sieht, hält man sie im ersten Augenblick für ein kleines Mädchen.”
“Genau das ist meiner Ansicht nach ihr Problem. Kein Mann würde sie auf älter als achtzehn Jahre schätzen, oder?”
Bis vor einer halben Stunde hätte Leo dem bedenkenlos zugestimmt. Anton wusste es einfach nicht besser. Aber er, Leo, hatte dieser verspielten Frau in die Augen geblickt. Was er darin entdeckt hatte, war so alt wie der Garten Eden, so verführerisch wie die Schlange und so reif wie die verbotene Frucht. Auf einmal stand sein Entschluss fest: Er würde bleiben. Mal sehen, was sonst noch geschehen würde.
3. KAPITEL
Während Lauren die Lampen ausknipste, bis nur noch die Mitte des Raums von fünf Scheinwerfern ausgeleuchtet wurde, lief Macy in ihr Arbeitszimmer, um die Ausdrucke zu holen, die sie vorbereitet hatte. Fünf rosa Bögen für die Mädchen, fünf blaue für die Jungs, insgesamt zehn Listen, die Macy für ihr aktuelles
Girl Games
-Abenteuer ausgearbeitet hatte. Diesmal handelte es sich um eine Partner-Schnitzeljagd, einen Wettkampf für Erwachsene, bei dem es darum ging, möglichst viel über den anderen herauszufinden.
Macy bildete sich auf dieses Konzept allerhand ein. Ob die Idee so brillant war, wie sie glaubte, würden erst die Reaktionen ihrer Leserinnen beweisen. Und dann? Macy seufzte. Die Zahl der begeisterten Zuschriften würde ins
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