Fessle mich!
wieder neue Szenarien ausdenken und diese in die Tat umsetzen. Während der Partner nur herumkniet und auf den nächsten Befehl wartet, soll man sich ständig etwas Neues einfallen lassen, um ihn zu beschäftigen, seine Ausführungen bewerten und ihn dann belohnen oder bestrafen – während man gleichzeitig darauf achten muss, unaufhörlich würdevoll und überlegen zu wirken. Warum soll man sich diesen Stress eigentlich antun?
Nun, auch dieser Job hat einige Vorzüge:
Sie können sich von Ihrem Partner sexuell verwöhnen lassen, wann immer Sie Lust darauf haben.
Für Ihren Partner steht es an vorderster Stelle, Sie glücklich zu machen. Dabei erledigt er oft die unterschiedlichsten Aufträge mit größerer Hingabe, als es ein Angestellter je könnte: vom Hausputz bis zur Massage und Maniküre.
Wenn er anfängt zu nörgeln oder überflüssige Kommentare abzugeben, können Sie ihm einfach den Mund verbieten. Manche Frauen genießen es, auf diese Weise endlich einen Mann gefunden zu haben, den sie zum Shoppen mitnehmen können. Und manche Männer finden es toll, in Ruhe Fußball sehen zu können, während ihnen ihre Liebste die Chips reicht (oder sie ihr Bier auf ihr abstellen).
Sie können endlich entweder die Zicke oder den Macho raushängen lassen, so lange Sie möchten, ohne Schuldgefühle haben zu müssen.
Vermutlich werden Sie feststellen, dass Ihre neue Rolle auch auf andere Aspekte Ihres Lebens Einfluss ausübt, wenn Sie das zulassen. Viele Menschen berichten davon, dass ihre Vertrautheit mit erotischen Machtspielen ihnen hilft, auch die Machtspielchen des Alltags besser zu durchschauen. Gleichzeitig werden sie selbstbewusster, äußern ihre Wünsche offener und direkter und behaupten sich gegen andere, statt sich immer wieder gegen die Wand drücken zu lassen.
Welche Risiken können mit der dominanten Rolle verbunden sein und wie kann man ihnen rechtzeitig begegnen?
Der letzte Punkt auf dieser kleinen Liste der Annehmlichkeiten deutet bereits auf eine Gefahr hin, die auftreten kann, wenn die dominante Rolle zu sehr in den Vordergrund rückt. Platt gesagt: Wenn Sie über genügend Selbstbewusstsein verfügen, um sich von anderen nicht mehr ständig unterbrechen oder unterbuttern zu lassen, ist das sehr schön. Sobald Sie aber selber anfangen, andere ständig zu unterbrechen und unterzubuttern, haben Sie ein Problem. Es gibt hier zweierlei Möglichkeiten, einen Fehltritt zu begehen: Sie könnten sich zum einen dazu versteigen, in Ihrem beruflichen Umfeld Mitarbeiter und Kollegen genau so zu behandeln, wie Sie Ihren Partner im Rollenspiel behandeln – insbesondere, wenn es sich um ein auf länger angelegtes Spiel mit Vollzeit-Versklavung handelt (dazu in einem späteren Kapitel mehr). Zum anderen könnten Sie beginnen, sich in Ihrer Partnerschaft auch außerhalb Ihrer SM-Rollenspiele als jemand Besseres als Ihr Partner zu fühlen. Ihre herrschende, überlegene Haltung hätte dann begonnen, auf Bereiche abzufärben, in denen sie nichts zu suchen hat.
In der SM-Szene gibt es dazu den angloamerikanischen Ausdruck »Top’s Disease«. Übersetzt bedeutet das so viel wie »Krankheit des Dominanten«. Der erste Machtrausch kann manchem schnell zu Kopf steigen, insbesondere wenn er von jemand anderem als »Göttin« oder »Meister« angesprochen und auch entsprechend behandelt wird. Wenn andere Menschen vor einem auf Knien herumrutschen, besteht schnell die Gefahr, dass man sich wirklich für den Größten hält. Daraufhin beginnt man vielleicht, in arrogantem Tonfall Ansprüche zu stellen und andere Leute herumzukommandieren, obwohl sich diese Menschen überhaupt nicht damit einverstanden erklärt haben, herumkommandiert zu werden. Oder man überlässt sich der Auffassung, dass Dominante wirklich mehr wert sind als Devote oder dass Frauen (beziehungsweise Männer) auch im wahren Leben das überlegene Geschlecht seien. Kurz: Man gerät aus dem Gleichgewicht und fängt an, ein bisschen überzuschnappen.
Dazu kommt, dass die entsprechenden Leute oft nicht mehr darauf aufmerksam gemacht werden können, was gerade mit ihnen passiert. Unter Umständen prallt jede Kritik an ihnen ab. Schließlich gehört es zu ihrer Rolle, alles besser zu wissen und die alleinige Verantwortung zu tragen. (Eine solche Dickleibigkeit gegenüber berechtigter Kritik ist auch bei anderen Rollen zu finden, bei denen ein solches Machtgefälle besteht, beispielsweise bei manchen Lehrern, Vorgesetzten, Ärzten oder Therapeuten.) Wenn die
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