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Fest der Fliegen

Fest der Fliegen

Titel: Fest der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Heidenreich
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allmächtige Herr. Amen.«
    Er schaltete aus und lehnte sich zurück. Wieder war ein Angriff gegen das Böse auf den Weg gebracht. Morgen verlor Satan einen bedeutenden Diener. Ruhe und Wärme breiteten sich in ihm aus. Nur die Sorge um Domingo Idiocáiz blieb. Noch immer war er, der in Edinburgh den von der Legion verurteilten Pfarrer Lucius Mawhiney so unbedacht in Sichtweite des Turms der Camera Obscura getötet hatte, nicht zurückgekehrt. Er hatte sich seit damals weder bei seinen Mitbrüdern der Engelslegion in Amsterdam zurückgemeldet noch bei seiner Frau und seiner Tochter in Hamburg, die er nach sechs Jahren als Familienvater verlassen hatte, um ein Engelslegionär zu werden. Im Juli war ein Brief von ihm aus Madrid gekommen, dem die Besucherzettel aus dem Camera-Obscura-Museum beilagen und ein langer Brief an Petrus Venerandus mit der Bitte um Vergebung. Der Großabt hatte seine spanischen Legionäre gebeten, nach Domingo zu suchen. Ohne Erfolg. Auch im texanischen Waco, wo sein Vater wohnte und man ihn unter seinem bürgerlichen Namen Vincent Menendez hätte finden können, war er nicht aufgetaucht. Die Legio Angelorum hatte viele Augen. Irgendwann würde einer der Mitstreiter Bruder Domingo aufspüren und melden. Er war kein Judas. Vielleicht hatte sein erster Auftrag ihn überfordert. Vielleicht schämte er sich. Doch irgendwann würde er zurückkehren, wie der verlorene Sohn zum Vater zurückgekehrt war. Man durfte nicht ungeduldig sein bei der Rettung der Welt.

III Schläfer
    Georges Lecouteux war einer jener glücklichen Menschen, die sich keinerlei Mühe geben müssen, angenehm zu wirken. Er war fast so groß wie Swoboda, schlank, um mehr als zwanzig Jahre jünger, sprach ein wohltönendes, leicht französisch akzentuiertes, weiches Deutsch, das er seiner lothringischen Mutter und der vom Vater ererbten Stimme verdankte, und war alles in allem ein Mann mit Manieren und Contenance. In seinem dunkelblauen Anzug und hellblauen Hemd mit bordeauxroter Krawatte hätte man ihn eher für einen Manager als für einen Polizisten halten können. Seiner ausgeprägten Stirnglatze wegen wirkte er älter, als er war. Das verbliebene schwarze Haar trug er extrem kurz, wodurch seine Ohren und die Nase größer wirkten. Er schien gern zu lächeln, was auf eine Neigung zur Verbindlichkeit schließen ließ. Swoboda prägte sich das Gesicht ein. Vielleicht war es der Blick der dunklen, nach außen abfallenden Augen, der den Commissaire de Police Judiciaire, Georges Lecouteux, zu einem Naturtalent der Sympathie machte. »Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich Sie bitten muss, noch ein bisschen in unserem schönen Fécamp zu bleiben. Sie wissen selbst, man darf in solchen Fällen nicht schnell eine Theorie entwickeln und dann die Fakten passend machen.«
    Swoboda lehnte sich zurück, der alte Ledersessel knarrte. Die Bar des Hotels Normandie war vormittags leer, niemand stand hinter dem Tresen, an die hohen Scheiben zur Avenue Gambetta prasselte der Regen. Die Église Saint-Étienne gegenüber ragte grau und schemenhaft in den kaum helleren Himmel. Die Luft war kühl und klamm, und die beiden Cafés Crèmes, die auf dem Glastisch vor Lecouteux und ihm standen, waren lau geworden. »Ich weiß nicht, womit ich Ihnen noch helfen könnte. Oder glauben Sie mir nicht? Es lässt sich doch alles im Handumdrehen überprüfen.« »Selbstverständlich«, sagte Lecouteux und lehnte sich ebenfalls zurück. »Wir haben jede Ihrer Angaben bereits bestätigt bekommen. Die Kollegen in Edinburgh kooperieren erfreulich. Und die Angaben des Hotels und Ihres Kreditkartenunternehmens sind zu hundert Prozent identisch mit Ihrer Aussage. Auch Ihr Chef in Zungen an der Nelda –« »Ehemaliger Chef«, warf Swoboda ein. »Ja, er, dieser Herr Kriminalrat …« »Klantzammer.« »Danke!« Lecouteux lächelte. »Ich soll Sie herzlich grüßen. Er hat natürlich alles bezeugt. Trotzdem –« »Trotzdem was?« »Irgendetwas gefällt mir nicht. Man sagt mir eine gute Nase nach. Nicht den Zinken, den ich im Gesicht trage. Männer wie wir brauchen eine gute innere Spürnase. Ihr ehemaliger Chef hat mir gesagt, dass Sie ein sehr erfolgreicher Kommissar waren. Sie müssen also auch eine sehr gute Nase haben. Und deswegen hoffe ich auf Ihr Verständnis, denn meine innere Nase sagt mir, dass etwas nicht stimmt an der Motivation.« »An der Motivation.« »Ja. An der Motivation.« Er lächelte nicht mehr. Er starrte in die trostlose Tagesdämmerung der Bar,

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