Festung der Luegen
bringen. Irgendwann würde selbst Erik ihr das bestätigen.
Deena schwebte in den Flur und verfluchte die Schwerelosigkeit. Es gab Momente, da wollte man sich einfach an die Wand lehnen und das kühle Metall an der Stirne spüren, und eine Minute lang mit seinen Gedanken allein sein. Aber das funktionierte nicht, wenn man auf und ab hüpfte wie ein verloren gegangener Ballon.
Stattdessen hing sie nur da und legte die Hand vor die Augen. Hatte sie gerade Eriks Tod arrangiert? Konnte Sie sich vergeben, falls er nicht zurückkam?
Paxton blieb an seinem Posten neben der Kabinenluke des Herzogs, doch er beobachtete sie besorgt. »Kann ich irgendetwas tun, Deena?«
»Nein«, erwiderte sie. »Nichts.« Aber sie bewegte sich nicht oder versuchte, seiner Aufmerksamkeit zu entkommen. »Du wusstest von meiner Mission und von dem Angriff, den ich arrangiert habe?«
Er nickte. »Der Duke hat kaum Gehei mni sse vor mir. Oder vor dir, was das betrifft.«
»Wusstest du auch, dass Erik nichts von dem Plan weiß ... dass er keine Ahnung hat, was ihn erwartet?«
Paxton ließ sich die Frage einen Moment durch den Kopf gehen. »Einzelheiten wusste ich nicht. Aber es überrascht mich auch nicht.«
»Ich kann einfach nicht ... wie konnte der Duke so etwas tun?«
Er setzte ein grimmiges Lächeln auf. »Deena, du arbeitest lange genug für Duke Sandoval, um von so etwas nicht mehr überrascht zu werden. Du weißt, dass er skrupellos sein kann, wenn es die Umstände erfordern.«
Sie kaute auf der Unterlippe.
Er neigte den Kopf und versuchte ihr in die Augen zu blicken. »Es ist weniger das, was er tat, das dir Probleme bereitet, als vielmehr, dass er uns zu Mittätern gemacht hat.«
Sie nickte.
»Professioneller Abstand, Deena. Das ist eine Notwendigkeit, wenn man für Leute in hoher Position arbeitet. Zum eigenen Schutz ebenso wie zu ihrem. Manchmal glaube ich, du investierst zu viele Gefühle in die Sandovals.«
»Ich will nicht unbeteiligt bleiben, Ulysses. Ich bin ein Mensch, keine Maschine.«
Er lächelte dünn. »Aber ich schon?«
»Entschuldigung. So habe ich es nicht gemeint. Du bist ein echter Profi, Ulysses. Das bewundere ich, und in deiner Stellung, wenn es darum geht, Leben zu schützen, ist das möglicherweise notwendig. Aber so bin ich einfach nicht.«
»Dann sag mir, Deena: Was empfindest du dem Duke gegenüber, jetzt gerade?«
Sie überlegte. »Ich bin ... enttäuscht.«
»Du solltest inzwischen wissen, dass man an Adlige keine alltäglichen Standards anlegen kann. Sie haben andere Pflichten, andere Verantwortlichkeiten.
Sie folgen einem anderen Moralbegriff. Das verstehst du doch?«
»Ich schätze, ja. Es ist nur ... so habe ich den Duke nie gesehen.«
»Deena, empfindest du etwas für den Duke?«
»Empfinden? Du meinst... romantische Gefühle?«
»Eine Nähe welcher Art auch immer.«
»Habe ich irgendetwas getan, das bei dir den Eindruck erweckt hat, ich hegte romantische Gefühle für ihn?«
»Nein, und nach allem, was ich über deine Vergangenheit weiß, hätte mich das auch sehr überrascht. Aber ich musste mich vergewissern.«
»Ich möchte nicht, dass dem Duke etwas zustößt -und Erik auch nicht. Ich fühle mich dem Duke ... sehr nahe. Ich bin schon lange bei ihm, in seinem Vertrauen. Er hat mir das Leben gerettet, Ulysses.«
»Mir auch. Aber so etwas wird leicht überbewertet. Wir wären beide schwer zu ersetzen.« Er lächelte trocken. »Wenn es etwas gibt, was ich über Adlige gelernt habe, dann: Werte nie als Menschlichkeit, was sich ebenso leicht mit durchdachtem Eigeninteresse erklären lässt.«
Sie runzelte die Stirn. »Wenn du so denkst, warum arbeitest du dann für ihn?«
Er gluckste. »Deena, wenn du einen Heiligen weißt, der einen Leibwächter braucht ...« Er überlegte. »Na, wahrscheinlich würde ich die Stelle ablehnen. Er hätte vermutlich nicht annähernd genug Feinde, um die Arbeit interessant zu machen. Und wenn der Tag je käme, an dem ich versage, wie könnte ich damit leben?«
Sie riss die Augen auf und grinste ein wenig. »Das heißt, du arbeitest für den Duke, weil er verhasst und entbehrlich ist?«
»So würde ich es nicht ausdrücken, aber ... Na, wenn Adlige pragmatisch sein können, warum wir nicht auch?«
»Dann arbeite ich vielleicht auch deshalb für ihn. Er ist eine Naturgewalt, eine Macht. Die Art Macht, die ich nie besitzen werde. Aber vielleicht kann ich etwas von seiner Energie für meine Zwecke nutzen, um etwas Gutes zu bewirken. Seien wir
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