Festung Zehn
kalt waren. Ich ging mit meinem ganzen fleischernen Ich, das an jenem Tage zum letzten Mal in Betrieb war. Ich hatte meinen Geist so fest um mich herum verschlossen, wie ich es konnte, er war kalt und dicht versperrt, mein Körper war ganz klein zusammengeschrumpft, um in den Absoluten Schrecken und die Hölle des Blauen Unbekannten hineinzugehen. Was ist es doch für ein übles Bild, dieser Anblick des großen, derben Kämpfers, wie er hoch aufgerichtet in seine Gefahr schreitet, seine Brust ist außer Atem, seine Schultern sind angeschlagen, in seinem Brustkasten dröhnt es im Schlachtrhythmus, tom-tomt es, wenn Sie so wollen, von der stürmischen Herausforderung des reinen Trotzes. Ein schönes Gemälde, dieses da! Aber unterwerfen Sie einen Mann einigen äußersten Prüfungen, und sehen Sie, wie es ihm ergeht. Er kauert sich ganz klein zusammen, ist zusammengeschrumpft, er packt und umklammert seine Andenken in den Taschen und im Geiste, seine verstört sich umschauenden Augen versuchen alle Richtungen zugleich zu überblicken. Und er spricht zu sich selbst, flucht, betet, murmelt, weint und hofft mit aller Hoffnung, die er besitzt, daß er eines von zwei Dingen macht – einigermaßen ehrenvoll durchkommt und einen neuen Tag erlebt, oder mutig und ohne zu große Schande in der Absoluten Nacht stirbt. Ich packte meine Gedanken an jenem Tage in alle Fäuste, die ich jemals in der gefährlichen Welt der Menschen und Ereignisse besessen hatte. Ich sandte meinen Nerven blitzschnell die Nachricht, daß sie nur für die zehn Minuten der Untersuchung in der Absoluten Zeit jetzt so fest wie Zementrohre sein sollten, wenn sie es überhaupt könnten. Aber was lohnt es? Warum sollte ich mich so anstrengen? Was könnte es jemals angesichts der Absoluten Dunkelheit ausmachen, ob oder ob nicht ein weiterer kleiner, fleischerner Faulpelz, der vorgab, flott zu sein, sein Lebensschiff gegen die Wand flog? Ja, ich dachte, daß ich betrogen worden sei und man mir eine Reise direkt in den großen Himmel des Todes angedreht hatte, und ich war entschlossen, so tapfer dort hinzugehen, wie es überhaupt ein Mensch tun kann. Ich wußte einfach nicht … was man wirklich … auf Lager hatte. Wie gefällt Ihnen Druckknopfchirurgie? Wie gefällt es ihnen, Druckknopfchirurgie zuzusehen? Wie betrachten Sie es, wenn man auf Ihnen Pläne für Schnitte und zum Herausnehmen der Knochen absteckt, mehr Pläne, als man jemals in den Alten Zeiten an der Uferseite von Angus angefertigt hatte? Wie kommen Sie mit der Idee von Besprechungen über die orangen M’s zurecht, von kurzen, unordentlichen Treffen mit den Ärzten – Schlachtplanung der Schmerzen – bevor sie Sie jeden Tag mit über Ihrem Kopf zurechtgemachten Messern angreifen? Denn, wissen Sie, wir machten es M für schmerzhaftes M, blutenden Schnitt für blutenden Schnitt, neun Monate lang, beginnend Anfang November, ich und die stahlverstärkten Medicos. (Ohne den Schatten eines Zweifels waren sie Chirurgen von höchster Fertigkeit). Ich betrachtete jeden Schnitt im Fleisch, jeden Einschnitt in die Knochen, jedes Herausnehmen eines Gliedes, jedes Einsetzen eines Implantates, denn das war Teil des Plans. Die Ärzte machten keine Bewegung, kratzten nicht einmal an der Grenze eines M’s, wenn ich nicht bei vollem Bewußtsein und ausreichend unterrichtet war. Wieder geboren zu werden! Und zu fühlen und zu sehen, wie Sie wieder geboren wurden. JA! Denn irgendeinmal, irgendeinmal später in Moderan, wenn Sie hochaufgerichtet an Kriegsknöpfen stehen, Ihre Festung auf Dauerfeuer eingestellt, und alle Festungen beschießen Sie und sich untereinander, dann würde es sich für Sie nicht als gut erweisen, wenn Sie überempfindlich wären. Der Herr einer Festung zu sein, war eine Aufgabe und eine Verpflichtung, ganz zu schweigen von den kolossalen Möglichkeiten, die diese Stellung bot. Und man könnte schon gut im Bett des Einschaltens herausfinden, ob ein Kandidat den Mumm dafür hatte oder nicht. So verliefen die Gedanken der Planer von Moderan. O sicher, es gab abstumpfende Mittel, aber niemals genügend. Immer war der Schmerz gerade an der Grenze, wo man ihn noch verkraften konnte, so lag man festgeschnürt auf einem starren, weißen Bett in einem kalten, blauen Raum und blickte aus einem Glaskasten, der den Kopf von dem Rest trennte, wobei der Glaskasten sehr klar war, damit man durch ihn gut sehen konnte, und einen entsprechend großen Schlitz für den Hals hatte, der recht bequem paßte und
Weitere Kostenlose Bücher