Festung Zehn
waren.
Über neue Könige macht man keine Witze
Heraus aus dem Krankenhaus, heraus aus der neunmonatigen Verstümmelung, heraus aus der neunmonatigen Zauberei, auf freiem Fuß und allein. Die stahlverstärkten Arzte wußten, daß sie ein Monster geschaffen hatten. Sie waren stolz auf mich, ihr Monster, wie Ärzte immer stolz auf Erfolge auf ihrem Gebiet sein müssen; aber sie wußten, daß ich jetzt eine Art König war und sie waren nur Ärzte. Ihre Arroganz war jetzt kleinstädtische Aufspielerei, so wie die Dinge standen, hatte ihre Aufspielerei ausgespielt. Egal wie geboren oder gemacht, ein König WIRD ein König sein. Sie wurden mich los. Sie luden mich aus. Sie setzten mich schnell in die brodelnde, unruhige Welt; und das fast ohne Abschiedsfeierlichkeiten. Und mit dem äußersten Minimum an Instruktionen und Ausrüstung (was genügend viel Belastung war), das mir bei meiner kurzen Reise helfen sollte. Aber irgendwie muß ein König ein König sein, er muß wissen, wie man sich als ein Kommandant seiner Zeiten benimmt und wie er seine gefährlichen Situationen auch bei ungünstigsten Chancen zähmt.
Mit meinem tragbaren Fleischstreifen-Fütterer, meinem Lehrbuch für die Kontrolle von Neumetallgliedern, meinen mechanischen Plastiktränenbeuteln (denn auch ein König muß manchmal weinen, wie Sie erlauben werden) und all dem anderen Zubehör, das mir einen Start verschaffen oder mich zumindest versorgen sollte, bis ich mein Festungsheiligtum erreichte, schwebte ich von den Stufen zum Krankenhaus, wobei mich die arroganten Ärzte beobachteten. Ich glaube, ich war so etwas Ähnliches wie eine kleine eiserne Fregatte aus den Alten Zeiten, beladen bis zum Schanzdeck und aufrecht hervorstehend.
Das Gehen war leicht, wirklich. Plop-plip-plap-plop – ein Fuß vor den anderen, heb-sie-hoch-und-schmeiß-sie-runter, knebele deine Scharniere und Bügel fest, schwinge den Arm beim Gehen, um das Gleichgewicht zu halten, dresche mit jenen Schaufeln in die Luft, wenn du nah dran bist, zu Boden zu stürzen – beschließe, beschließe, BESCHLIESSE! Beschließe, daß du dich weiterbewegen wirst. Greife nach den Tränenbeuteln, wenn die Dinge zu unsicher werden, halte an – denke – weine (o ja, ein König kann weinen), fluche, wenn du möchtest und hasse, hasse, hasse. Aber gehe weiter, laß die stahlverstärkten Ärzte nicht merken, laß niemanden merken, wie es ist.
GOTT! Ein Neumetallmensch zu sein, würde nicht leicht werden. Lassen Sie mich hier und jetzt mitteilen, daß man einigen Schwung brauchte, um ein Neumetallmensch zu sein. ABER ICH WÜRDE ES SCHAFFEN. Laut dem Päckchen voll Spezialkarten und Instruktionen, das mir die Stahlverstärkten bei unserer Trennung um den Hals geschlungen hatten, sollte ich Festung 10 werden. Ich betrachtete diese Zahl und zuerst bedeutete sie nichts. Überhaupt nichts. Dann dachte ich mehr, die neuen grünen Säfte in den frisch gebauten Gehirngefäßen schwappten und dampften, und ich dachte FESTUNG 10! HOCH FESTUNG 10 FÜR ALLE ZEITEN! Festung 10 darf Moderan niemals entehren. Festung 10 muß Erfolge erzielen. Festung 10 muß Ehren gewinnen. Festung 10 muß heroisch sein. Festung 10 muß mutig sein. Festung 10 muß die stärkste, härteste, gemeinste, am meisten haßerfüllte, arroganteste, großmäuligste, schlachtenhungrigste, höllenherzigste Festung in der ganzen weiten weiten Welt sein. JA!
Aber zuerst, jetzt gerade, unverzüglich DER NÄCHSTE PUNKT DER GESCHÄFTSORDNUNG! Festung 10 muß seine Festung finden. Nachdem ich fünf Stunden angestrengt marschiert war und vielleicht dürftige zwei Kilometer zurückgelegt hatte, davon einiges in Kreisen, stand ich verirrt in einem kleinen Plastiktal und war recht bestürzt. Der Gasschirm war scharlachroter August in jenem glühend heißen Monat, die Blechblumen waren heraus in allen Plastik-Pflanzlöchern, auf den rollenden Ersatz-Weiden kräuselte sich der Glanz und Prunk der Blüten. Ein Schein war in der Luft, ein Schimmern, und eine Million Teufel des Hitzschlags gingen aus und hüllten mich fest in meiner Schale ein. Und ich hatte mich verirrt am siebenten Tag des heißen Augusts.
Ich werde mich immer an ihn erinnern, wie er dahermarschiert kam, ein großer Mann, dessen Rumpf eingeschrumpft, dessen Wirbelsäule gebeugt, dessen Gesicht völlig verbrannt und runzelig war, so überaus schrecklich schwarzbraun, wie Fleisch, das zu lange am Knochen gekocht worden war. Er war sicherlich einer maximalen Vernichtung zum Opfer
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