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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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sollte. Dann mußte er außerdem mit einem Geist arbeiten, der in einschlägigen Fragen vom fleischernen Typ wirklich nicht gut war, aber er würde eine Entscheidung treffen. JA! Sollte er eine eigene Puppe bestellen oder einfach an dieser die Beine wieder und wieder umwechseln, wenn Kleine Schwester schlief?

 
    Schicksal eines Ehemannes
     
    Es geschah im hoffnungsvollen April, daß er sich rührte. Der Gasschirm war für diesen wunderschönen und regnerischen Monat abgestellt worden, und wenn die Sonne strahlend auf Moderan schien, gab es einen Hauch von Himmel an jenem Ort aus Eisen und Plastik. Ein paar richtige Blumen, rot und gelb und purpurn, linsten verstohlen an den Ecken von Plastikplatten hervor; ein paar Grashalme stießen wie Lanzen durch Risse in der grauen Oberflächenbedeckung der Grundstücke und Flächen, die an Verbindungsstellen und besonders abgenutzten Stellen entstanden waren. Wie viele andere kleine Samen und Blumenzwiebeln und Grashalme müssen sich ihre Köpfe an der stahlgrauen Kruste von Moderan zerbrochen haben, indem sie versuchten, an die Sonne zu kommen!
    Wie ein junger Mann, der von seiner Geliebten träumte, wie ein Mann von früher, der auf Teppichen aus Pfauenfedern und nach rosa Rosen duftender Luft ging, kam er in seiner Phantasie über das schiefergraue Grundstück. Aber in Wirklichkeit war es ein Plunk plunt tap ta-rap tunk tunka tap, mit dem seine eisernen Füße auf dem Plastik gingen, und seine versilberten Gelenke reagierten auf ihre eigene Weise auf die Dringlichkeit seines Bedürfnisses.
    Er war bei Sonnenaufgang an diesem strahlenden Ostersonntag losgegangen, hatte die drei hohen Töne gepfiffen, die die Tür seines Hauses öffneten und hatte sich Schritt für Schritt munter wegbewegt, wobei er sich an ein Weihnachten gegebenes Versprechen erinnerte. Mittags war er durch sein angestrengtes Gehen schon fast halb bei ihr. Er ging in den Stunden des Nachmittags das Grundstück hinab, war sorglos in seinem Geist und so hoffnungsvoll wie Vogelgesänge, aber in seiner Bewegung durch das Metall, das ihn »ersetzt« hatte, war er an ein schrittweises Vorwärtskommen gefesselt. »Vielleicht kann ich Ostern nicht gehen«, erinnerte er sich, zu Weihnachten gesagt zu haben. Und sie, seine Frau, hatte dann versprochen, ihn zu empfangen. Bei ihr zu Hause. Um Ostern ein bißchen zu reden. Wenn Jon rechtzeitig fertig würde. Jon? Jon war ihr Plastikmann.
    Schweiß strömte hervor, aus seinem großen Bedürfnis heraus, durch die Dringlichkeit, durch die schreckliche Anstrengung, auf die Oberfläche der Fleischstreifen seines Gesichts. Erschöpfung stieg in ihm auf, bemächtigte sich seines ganzen Fleisches, wie eine riesige bleierne Hand, die ihn langsam zurück und zu Boden zog. Aber seine scharfen »ersetzten« Augen und das wissenschaftlich objektive Gehirn bemerkten deutlich, daß er vorwärtskam. Unerbittlich, Schritt für Schritt, passierte er die Fugen in seinem Grundstück, oder besser, er überschritt sie bei seinem kühnen Kampf. Wenn sie jemals wieder nach mir verlangen sollte, dachte er, wenn sie regelmäßig wieder nach mir verlangt, dachte er, dann werde ich einen Rollweg in das Grundstück einbauen lassen müssen. Er wischte die Fleischstreifen seines Gesichtes ab. Ich frage mich, ob sie jetzt gehen kann, grübelte er und dann verbannte er den Gedanken. Es waren Jahre vergangen, seit er sie in irgendeiner anderen Pose als auf ihrem weißen Plastikbett liegend oder sitzend gesehen hatte. Er erinnerte sich, wie sie sich zurücklehnte. Er erinnerte sich an die schwere Pracht der Nyloweb-Kleider, die sie trug, an ihren tanzenden, beständig wechselnden Glanz. Er dachte an ihre Beine – gerade genug und an den Stellen »ersetzt«, um sie auf Die-schönsten-Beine-der-Welt-Niveau zu bringen. Er erinnerte sich an sie in den prächtigen Sonnen-Nylonstrümpfen, und wie sie manchmal dasaß, kokette Beine baumelten von der Bettkante, ihre kleinen Füße waren mit Pantoffeln aus milchigem Glas geschmückt, deren hohe, stielförmige Hacken meistens durchsichtig waren, glühten und vor Diamanten schrien. Eine winzige Kugel aus rosa oder roten Federn, die kostspielig aus dem Gefieder eines exotischen Vogels geflochten war, der aus den Alten Tagen behalten worden war, machte manchmal jeden Pantoffel noch wertvoller. Wenn sie mit Bändern versehen waren, bestanden diese aus Neugoldmaschen, entweder waren sie weiß oder gelb oder grüngolden.
    Er kämpfte sich das Grundstück hinunter,

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