Fetish-Trouble 1: Im Bann des Knochenmanns (Kitty Moan) (German Edition)
wurde spröde wie die Farbe an den Wänden.
»Mr. Sedleg, ich kenne die Berichte. Mich interessiert das, was nicht in diesen Berichten steht. Erinnern Sie sich!«
»Ma’am, ich wollte das wirklich nicht«, sagte Pauli Hill. Er schniefte und zog den Rotz hoch. »Bestimmt nicht. Ich war so aufgeregt, es war doch meine erste Schicht. Ich wollte Onkel Bill nicht enttäuschen.«
Pauli wischte sich mit dem Ärmel die Tränen vom Gesicht.
»Es ging alles so schnell. Da war diese Frau, nackt und hilflos in diesem Eissturm und über ihr dieser Kerl. Ich dachte nur, der rammelt sie tot. Da waren all diese Leute auf der Plaza, und keiner tat was. Die standen nur da und gafften. Ein paar haben den Kerl sogar noch angefeuert. Ich habe doch nur an die Frau gedacht. Ich musste doch was tun. Ich musste doch verhindern, dass er sie umbringt.«
Pauli rang nach Sauerstoff, sein Brustkorb steckte in einem unsichtbaren Schraubstock. Die Angst zog den Hebel an und die Backen schlossen sich. Er wollte sich nicht erinnern, aber das Reden machte es leichter. Es tat gut alles von der Seele zu wälzen und zu wissen, dass es später nicht in der Personalakte stand.
»Ich hab’s komplett vermasselt. Mit einem Schlag war alles weg, alles, was ich auf der Akademie gelernt habe. Und dann geht der Kerl auch noch auf mich los. Ich war doch so nah an ihm dran. Sein Atem roch sauer und faulig. Aber das Schlimmste waren seine Augen. Grundgütiger, diese schrecklichen Augen! Darin brannte so eine Art Höllenfeuer, so böse, so unmenschlich. Da bin ich einfach durchgedreht und habe geschossen.«
Sedleg legte dem Jungen die Hand auf den Arm.
»Und doch, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, war da noch etwas anderes in diesen Augen. Ganz tief drinnen flackerte so etwas wie Angst und Verzweiflung.« Paulis Blick war jetzt klar und fest. »Ja, ich bin mir sicher!«
»Miss, genauso ist es passiert«, sagte Jim Sedleg. »Sie können mich für verrückt halten, aber das war kein Mensch mehr, sondern eine Ausgeburt der Hölle. Ich habe keine Ahnung, wie Ihr Mitarbeiter sich in dieses Ding verwandeln konnte. Aber, als er dann den Jungen angriff, musste ich etwas tun. Verstehen Sie, ich trage doch die Verantwortung für Chief Hills Neffen. Ich dachte nur, gleich erwischt er den Jungen. Nachdem, was er mit der Frau angestellt hatte, blieb mir gar nichts anderes übrig als auch zu feuern.« Sedleg wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß aus dem erhitzten Gesicht. »Es tut mir leid um Ihren Freund.«
»Schon gut, Officer. Woran erinnern Sie sich noch? Hat Mr. Bowers vielleicht versucht sich irgendwie verständlich zu machen? Hat er etwas gesagt?«
Sedleg fixierte einen Punkt an der Decke, dann hob er die Schultern und schüttelte den Kopf. »Wer kann das sagen, Miss? Mr. Bowers torkelte schwer getroffen auf uns zu. Seine Hände ruderten durch die Luft. Kann schon sein, dass er versuchte uns damit Zeichen zu geben. Hm, ich hab’s gestern nicht so aufgefasst, aber jetzt kommt’s mir fast so vor, als legte er es darauf an getötet zu werden.«
»Weiter! Sprechen Sie!«
»Pauli sagte eben etwas von Angst und Verzweiflung in Mr. Bowers Blick. Wenn ich es recht bedenke, sah ich so etwas wie Schmerz und Trauer, als er sterbend am Boden lag. Seine Lippen bewegten sich. Es kam mir fast vor, als wollte er seinen Schöpfer um Vergebung bitten.«
Jim Sedlegs Gesicht war farblos und leer, als sei es von der Blutversorgung seines Körpers abgeschnitten. Seine Finger bohrten sich in die Tischkante, bis die Knöchel weiß und spitz hervortraten. Er ignorierte den Schmerz, Hauptsache das Zittern ließ nach.
Pauli Hill starrte aus matten Augen unverwandt auf die zerschrammte Tischplatte. Er fixierte die eingeritzten Buchstaben und Symbole, die andere Leidensgenossen dort hinterlassen hatten, doch sein Verstand weigerte sich einen Sinn darin zu erkennen. Paulis schwerer Körper sackte in sich zusammen und fand auf dem Stuhl kaum noch Halt.
Kitty fühlte mit den beiden Cops. Die endlosen Verhöre hatten ihnen alles abverlangt, sie bis an den Rand des körperlichen und geistigen Zusammenbruchs geführt. Aber die nochmals durchlebte Begegnung mit der Hölle kostete ihre letzten Reserven. Jim Sedleg und Pauli Hill waren fertig, sie hatten nichts mehr zu sagen. Es gab nichts mehr hinzuzufügen. Es war Zeit die beiden endlich zu entlassen.
Das Klingeln ihres Mobiltelefons unterbrach Kittys Gedanken. Das Display zeigte eine unbekannte Rufnummer. Kittys Stirn
Weitere Kostenlose Bücher