Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02
Hände zerkratzten. Schließlich machten sie sich mehr schlecht als recht los und ließen sich wie nasse Säcke in das hohe Gras eines kleinen Tals plumpsen, durch das ein schmaler Bach hindurchfloss. Die drei Gefährten schliefen sofort ein, zu erschöpft, um auch nur einen Wachdienst zu organisieren, eingewickelt in ihre Umhänge, versunken in einen traumlosen Schlaf, der anhielt, bis die Sonne hoch am Himmel stand und mit ihr die Fliegen kamen.
Das Kitzeln ihrer winzigen Beinchen und das Surren ihres nervösen Hinund Herfliegens ließen Uther aus dem Schlaf hochfahren. Er fuchtelte wild herum, um den Insektenschwarm zu verscheuchen, wobei er gleichzeitig eine Gruppe pechschwarzer Saatkrähen verschreckte, die ganz in ihrer Nähe den Boden absuchten, und er blieb einen Moment lang sitzen, während die Benommenheit allmählich von ihm abfiel. Keuchend schnappte er nach Luft, und das Blut pochte ihm in den Schläfen. Mit einer Bewegung, die ihm schon gar nicht mehr bewusst war, fuhr er mit dem Finger über seine lange Narbe und betrachtete glücklich wie ein Kind das hohe Gras rings um sich herum, die Bäume, die sich unter der Last ihrer Blätter bogen, den klaren Himmel und den Schwarm Vögel.
Neun Monate hatte er keine Vögel mehr singen hören ... Als er sich dessen schließlich bewusst wurde, fuhr ihm bei seinem eigenen Geruch und beim Anblick seines mit Ekel erregenden Substanzen beschmierten Kettenhemdes der Schreck in die Glieder. Wie vom Teufel besessen fuhr er aus seinen Kleidern und behielt lediglich seine Hosen an, um dann einen angewiderten Blick auf Bran und Ulfin zu werfen, die noch zusammengerollt dalagen und die nicht nur wie verwesendes Aas aussahen, sondern auch so stanken.
Der Bach war eisig, doch er genoss das Bad, bibbernd vor Kälte. Ganz in Ruhe wusch er seine Kleider, dann ging er die Strömung hinauf, weit fort von seinem Schmutz, und trank in großen Schlucken.
Schließlich verflog all seine Unruhe, und in dem kleinen Tal herrschte wieder Stille. Uther legte sich der Länge nach ans Ufer und freute sich an dem sanften Wogen des Laubs in der Brise, dem Tschilpen der Spatzen und dem leisen Plätschern des Baches (eine friedliche Stille, die allein durch das Schnarchen Brans gestört wurde). In den langen Monaten, die er unter dem Berg zugebracht hatte, im Halbdunkel der unterirdischen, nur von Fackeln erleuchteten Stollen, hatte er diese frische, kühle Luft der frühen Morgenstunden missen müssen, ebenso wie die strahlende Helligkeit des Tages und diesen Geruch von nassem Gras, das sich in den ersten Sonnenstrahlen erwärmte.
Den Geruch von Lliane ...
Uther breitete seine Kleider an einem sonnigen Fleck aus und lief zu seinen Kameraden zurück, entschlossen, sie, falls sie noch nicht auf den Beinen waren, komplett angezogen in den Bach zu werfen.
Er traf lediglich Ulfin an, dem er einen unsanften Fußtritt versetzte, worauf dieser, in die Falten seines Umhangs vergraben, mürrisch das Gesicht verzog und grummelte, man solle ihn schlafen lassen, sonst würden es gewisse Laffen noch bitter bereuen.
Der Zwerg war dagegen wach. Er hockte oben am Hang zwischen den brummenden Fliegen und frühstückte in aller Ruhe.
»Schon beim Essen?«, bemerkte Uther, während er zu ihm hinaufkletterte, in einem Ton, der scherzhaft klingen sollte, aus dem jedoch ein gewisser Neid herauszuhören war (zumal sein Magen unangenehme Knurrlaute von sich zu geben begann).
Bran schenkte ihm einen flüchtigen Blick, zeigte auf seine Schultertasche, als Aufforderung, dass er sich bedienen möge, und richtete sein Augenmerk wieder auf die Ebene. Als er zu ihm zurückkam und herzhaft in ein Stück Schinken biss, das so dick wie sein Schenkel war, erlosch Uthers Lächeln. In der Ferne, ein ganzes Stück jenseits des Tals, hatte sich die Armee der Menschen erneut zur Schlacht formiert, und beim Anblick der Standarten und Banner, die jeder Trupp schwenkte, ging dem jungen Mann ein Stich durchs Herz. Blau mit weißem Balken. Die Farben, die auch er selbst getragen hatte, bis tief in die Sümpfe der Grauen Elfen, bis in die düsteren Hügel, in denen die Ungeheuer der Wüsten Lande ihr Unwesen trieben, und die er den Flammen überantwortet hatte, zusammen mit dem Treueid gegenüber dem König Pellehun ...
Die königliche Armee marschierte langsam auf die gigantische steinerne Brücke zu, die zur Festung der Zwerge führte, gleich einer Ameisenkolonne, die einen Riesen angreift. Der Rote Berg, gleichgültig
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