Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02
alles andere in einem Umkreis von mehreren Meilen niederfiel. Auf der Ebene rangen die Überlebenden unter diesem Erdgewitter nach Atem wie Fische auf dem Trockenen, sprach los und schreckensstarr, unfähig zu begreifen, was geschehen war; schlotternd vor Angst sahen sie auf den Boden, als würde er sich sogleich unter ihren Füßen auftun und sie unwiederbringlich verschlucken, Tiere und Menschen, die unwürdig waren, diesen Einsturz des Berges zu überleben.
Und dann folgte auf den Tumult Totenstille. Es war das Schweigen derer, die lebendig davongekommen waren und sich jetzt, noch benommen, vorsichtig erhoben, ohne es zu wagen, den Blick zu heben, fast beschämt darüber, dass sie noch am Leben waren, so absurd schien es, dieses Desaster heil überstanden zu haben.
So erhob sich auch Uther, Zoll um Zoll, während er den roten Staub abschüttelte, der ihn genau wie alles in dem kleinen Tal bedeckte, das Gras, die Bäume, die Steine, den reglosen Körper Ulfins neben ihm, die Kleider, die er zum Trocknen ausgebreitet hatte, und selbst das Wasser des Baches, der nun eine Flut aus Blut mit sich zu führen schien. Man sah lediglich einige Ellen weit, so verdunkelt war die Luft von herumwirbelnden Partikeln. Uther hielt nach der Sonne Ausschau und konnte nur einen von Flugasche verhüllten, verschwommenen Lichtfleck erkennen. Er hustete, spuckte aus und lief auf allen Vieren zu Ulfin hinüber, um ihn zu schütteln und festzustellen, dass ihn buchstäblich der Schlag getroffen hatte und er bewusstlos war; das Leder war von einem Stein durchtrennt worden, sein blondes Haar und sein Bart waren blutbespritzt, doch er atmete noch. Einfach nur ohnmächtig. Er drehte sich daraufhin zum Hang um, ohne dass er die Kuppe oder auch nur die geringste Spur eines Zwerges ausmachen konnte.
»Bran!«
Nichts.
»Los, Bran, du verdammter Steinbeißer, zeig dich!«
Oben war es noch schlimmer. Die Ebene und der Rote Berg versanken in einer Wolke aus Staub, als sei vor seinen Augen ein blickdichter Vorhang aufgespannt, der die Landschaft dahinter verschleierte. Uther blieb dort einen Moment sprachlos stehen und schaffte es nicht, den Blick von diesem unergründlichen Nebel loszureißen, sondern lauerte auf den Augenblick, da er sich auflösen würde. Da war plötzlich ein animalisches Grunzen zu hören, das Brüllen eines verletzten Raubtiers, und Uther griff instinktiv nach seinem Schwert. Es war jedoch unten geblieben, am Fluss, mit seinen übrigen Sachen. Er versuchte, einen Ast zu finden, einen Stein, irgendetwas, um sich zu verteidigen, ballte schließlich die Fäuste und rollte sich zusammen; das Tier, das aus dem Nebel aus Lehm auftauchte, hielt einen Moment inne, als habe es ihn gerade entdeckt, und krümmte sich jäh unter einem fürchterlichen Hustenanfall.
»Bran?«
»Na klar, du magersüchtiger Geck, du verflixter! Wer denn sonst?«
Hustend, spuckend und grunzend kletterte der Zwerg die letzten Ellen der Anhöhe hinauf, Bart, Augen und Mund voller Staub und vom Scheitel bis zur Sohle rot und erdverschmiert, wenn man einmal von dem weißen Glanz seiner Augen absah.
»Bran, was ist passiert?«, fragte Uther und packte ihn am Ärmel.
»Lass mich in Ruhe!«
Er schlug wütend um sich, und der junge Ritter gab ihn frei, ohne weiter zu insistieren. Unten konnte man allmählich Bewegung auf der Ebene ausmachen und das entfernte Stimmengewirr aufgeregter Menschen vernehmen. Uther hatte sich im Schneidersitz auf dem Gipfel der Anhöhe niedergelassen, um das entsetzliche Schauspiel zu betrachten, bis die Staubwolke sich gänzlich aufgelöst hätte.
Dort, wo sich einst der Rote Berg erhoben hatte, war nur noch eine wilde Anhäufung von Felsen, eine gigantische, unförmige Schutthalde, reglos und unheimlich in der Grabesstille ringsum. Wie hätten die Zwerge von Dal Wid darunter überleben können?
Und dann die obszönen Klänge der Kriegshörner, die schwachsinnigen Hurrarufe der Soldaten, die ihre Waffen zum Himmel streckten und ihren Triumph herausschrien, sowie das Blinken der erhobenen Eisenklingen in der Sonne.
Uther war mit einem Satz auf den Füßen und lief in das kleine Tal hinunter, um sie nicht mehr hören zu müssen.
V
Das Omen
Lliane schreckte aus dem Schlaf hoch, unmittelbar bevor ihre Tochter zu schreien anfing, so als bliebe das Baby, das sie so lange in sich getragen hatte, über die Geburt
hinaus mit ihrem Körper verbunden. Sie nahm Rhiannon in die Arme, und als sie sah, wie der Mund
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