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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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sie hatte die Augen aufgeschlagen und hielt den Atem an.
    »Llandon war sich darüber im Klaren, weißt du«, murmelte er so leise, dass nur sie es hören konnte. »Sobald du heimgekehrt warst, war es ihm klar. Das erstaunt mich selbst immer noch ... Mir war wohl bewusst, dass er übersinnliche Fähigkeiten besitzt, aber wir haben nie darüber gesprochen. Ich glaube, dass er dieses Kind in deinem Bauch gesehen hat, und dass das, was er gesehen hat, ihm Angst eingeflößt hat...«
    »Es ist nur ein Baby«, seufzte Lliane.
    Gwydion sah sie liebevoll an. Eng an ihn gekuschelt, wurde sie wieder zu dem Kind, das er über Jahre hinweg erzogen hatte, um es in die Geheimnisse der Natur und die Magie der Runen einzuweihen, das Kind, aus dem er eine Königin gemacht hatte.
    »Du siehst doch, dass sie alle fort sind«, bemerkte er leise. »Nur wir sind noch da.«
    Plötzlich kullerten dicke Tränen über die Wangen Llianes, die ihr Gesicht in den Falten des langen, roten Gewandes des Druiden vergraben hatte.
    »Das ist halb so schlimm«, sagte er. »Sie haben Angst... Es ist wegen des Nebels vergangene Nacht. Der Feth Fiada ... Selbst deine Brüder waren starr vor Angst. Schau sie dir an ...«
    Sie sah auf und begegnete dem lächelnden Blick ihres alten Meisters, dann sah sie in die Richtung, die er ihr wies. Etwas abseits traten die Brüder unbeholfen von einem Fuß auf den anderen. Blorian deutete ein Lächeln an, Dorian hatte den Blick abgewandt.
    »... Doch sie sind deine Brüder, also sind sie geblieben.«
    Lliane lächelte. Sie richtete sich auf und trocknete ihr tränennasses Gesicht.
    »Es ist nur ein Baby, Gwydion«, wiederholte sie mit stockender Stimme. »Wie kann man sich vor einem Baby fürchten?«
    Der alte Elf betrachtete sie schweigend, bis die Tränen versiegten. Ihre Augen waren geschwollen vom Weinen, und ihre Nase war feucht. Sie sah aus wie eine im Bach gebadete Maus, doch wie schön sie war ... Er streckte die Hand nach ihrem Hals aus, um sie an sich zu ziehen, doch dann erinnerte er sich, dass er nur ein alter ehrbarer Elf war, und strich ihr lediglich zärtlich über die Wange.
    »Du bist die Königin ... Deine Tochter sollte eines Tages unsere Königin sein. Kann die Tochter eines Menschen über das Volk der Elfen regieren?«
    Lliane erstarrte, was Gwydion ein Schmunzeln entlockte.
    »Was meinst du?«, fragte er sichtlich amüsiert. »Glaubst du, dass ich ebenfalls nicht wusste, wer der Vater des Kindes ist?«
    Lliane senkte das Haupt, und das Blut schoss ihr in die Wangen (was ihnen bei den Elfen eine schöne dunkelblaue Färbung verleiht).
    »So stehen wir also am Scheideweg ... Der Krieg oder deine Tochter. Und in beiden Fällen führt der Weg in die Zukunft der Elfen an den Menschen vorbei.«
    Er stieß ein kurzes, asthmatisches Lachen aus und schüttelte den Kopf.
    »Es kommt so plötzlich ... Und ich habe nichts gesehen.«
    Lliane erhob sich. Auf ihrer Wange klebte eine tränenfeuch te Strähne ihres langen, schwarzen Haars. Gwydion strich sie mit den Fingerspitzen zur Seite, und sie presste die Hand des alten Elfs auf ihre Lippen.
    »Nun kommt, wir müssen es wissen«, sagte er.
    Gwydion machte Lleu Llaw Gyffes ein Zeichen, der auf die Königin zukam und ihr einen groben, weit geöffneten Jutesack hinhielt. Alle Elfen kannten diesen Sack und die neunundzwanzig Runen, die in die darin befindlichen kleinen Holzplatten eingeritzt waren.
    »Vergiss nicht, dass du für sie wählst«, flüsterte der junge Druide, während sie bereits die Hand in den Sack steckte.
    Ohne sich zu erheben, hatte Gwydion mit der Spitze seines Stabes einen engen Kreis auf die Erde gezeichnet, und er nickte, wie um die Worte seines Ollamh zu bestätigen. Lliane hielt in ihrer Bewegung inne und schloss die Augen, um sich zu konzentrieren, doch genau in dem Moment fing Rhiannon in der Hütte drüben an zu brabbeln. Kleine Schreie, Schluchzer, Plapperlaute, die auf der verlassenen Lichtung widerhallten und sie alle zum Lächeln brachten.
    »Das muss ein gutes Omen sein«, erklärte Gwydion.
    Also zögerte sie nicht länger und nahm eine Handvoll Plättchen heraus, und zwar so viele, wie sie greifen konnte.
    »Wirf«, sagte Gwydion.
    Lliane schleuderte die Runen in den Kreis. Sie sprangen über den Boden, und nur drei kamen innerhalb des von dem Druiden gezeichneten Kreises zu liegen.
    »Drei Runen«, murmelte er zu sich selbst gewandt, während alle, einschließlich Blodeuwez und der beiden Brüder, näher kamen, um die

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