Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
konnten sich keinen Reim darauf machen, was denn jetzt das Fernsehen damit zu tun haben könnte. Eva schüttelte den Kopf und brachte eine Mischung aus einem englischen no und einem französischen non hervor. Der Mann im Anzug, halb freundlich, halb ungeduldig, erklärte: » Ici, this, only télépéage. « Manni wurde das Ganze immer peinlicher. » We have money «, sagte er in seinem besten Englisch und zeigte als Beweis einen Fünzig-Euro-Schein. Mittlerweile waren alle Autofahrer kopfschüttelnd über die Deutschen aus der Reihe geschert und hatten sich in andere Schlangen eingereiht, was nicht ganz ungefährlich war, da von der Autobahn immer wieder neue Fahrzeuge mit ziemlichem Tempo auf die péage -Station zudonnerten. Manni war das peinlich, aber er war auch sauer: Wegen drei Euro siebzig so einen Aufstand zu machen, warum musste das denn alles so kompliziert sein?!
Doch da war Jean-Luc, wenigstens einer, der sich ihrer annahm. » Where go? «, fragte Manni ihn so freundlich, wie das die Situation zuließ, und in abgehacktem Englisch, weil er sich sicher war, dass Franzosen sowieso kein Englisch sprechen, und wenn, dann bestimmt noch schlechter als er. Also möglichst kurze Sätze bilden. Und Jean-Luc antwortete ebenso abgehackt, weil er davon ausging, dass ein Neandertaler in Öko-Latschen bestimmt kein Englisch sprach. » Here no! You go! « Er zeigte auf eine andere Schlange mit Kartenhäuschen, wo jemand saß, der kurz zu ihnen herüber sah. Bevor Jean-Luc wieder in sein Auto stieg, machte er mit der Hand Bewegungen, als würde er Katzen von einem Esstisch scheuchen. » Go! «, sagte er und fuhr rückwärts aus der Schlange. Manni stieg schnell ein und manövrierte den Bus umständlich rückwärts aus der falschen Schlange heraus, wobei Eva hinten stand und Schweiß überströmt wedelnde Gesten machte, während sie außerdem versuchte, den anrasenden Autos Zeichen zu geben. Manni war das peinlich, aber was um Himmels willen hätte er denn machen sollen?!
In der neuen Schlange dauerte es abermals eine halbe Ewigkeit, und als die Fischers endlich an der Reihe waren, fand Manni die Karte, die sie an der letzten Station bekommen hatten, nicht. Eva suchte hektisch und Manni versuchte, die Zeit mit Fragen zu überbrücken. » Why television here? « Der Mann am Schalter verstand gar nichts. Auch er erzählte irgendetwas Unverständliches von télé und zeigte auf das große T. Bevor Manni sich erneut aufregen konnte, reichte Eva ihm die Karte und das Geld. Die Schranke öffnete sich und Manni versuchte, so schnell wie möglich von null auf hundert zu beschleunigen.
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Manni war vollkommen überzeugt, dass die kürzeste Schlange – wie überall auf der Welt – die beste sein müsste. Sein einziges Ziel war: Er wollte schnell und unkompliziert vorankommen. Dabei hat er sich nur leider nicht eine Sekunde lang auf das französischeAutobahnsystem eingestellt. Anstatt kurz innezuhalten, das Geschehen einen Moment lang zu beobachten und einen Autonachbarn höflich auf Englisch nach den allgemeinen Regeln zu fragen, ist er sofort blind und rücksichtslos vorgeprescht. Das hatte zur Folge, dass er den Verkehr unnötig aufgehalten hat, die betroffenen Fahrer aggressiv wurden, was ein lautes Hupkonzert zur Folge hatte. Das wiederum geht in Frankreich grundsätzlich schneller und energischer vonstatten. Selbstbewusstes Hupen gehört quasi zum guten Fahrstil eines jeden Franzosen.
Es ist ratsam, sich vor dem Urlaub einen kurzen Überblick über das französische Autobahnsystem zu verschaffen. Dann hätte Manni nämlich auch gewusst, dass die Franzosen die péage (Mautstelle) wie das Amen in der Kirche meistern. Doch wenn man die Regeln nicht kennt, können die Zahlstationen für den Besucher höchst unangenehm werden. Manni hatte sich bei einem Schild mit der Aufschrift »T« eingereiht. Dieses T steht für télépéage und hat natürlich nichts mit télévision , Fernsehen, zu tun. Télépéage ist nur für diejenigen zugelassen, die sich anmelden und dann über einen elektronischen Kasten, der in ihrem Auto montiert wird, identifiziert werden können. Sie bekommen einmal im Monat eine Rechnung mit der Post. Diese télépéage -Kunden fahren viel und regelmäßig und sind es leid, sich in lange Schlangen mit Touristen einzureihen. Gerade deshalb sind sie natürlich doppelt verärgert, wenn sich dann die Touristen in die Schlange einreihen, die extra nur für sie gedacht ist.
Und warum
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