Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
nächtliche Hungerattacken hinweghelfen.
Das Telefonverbot muss sie wohl oder übel akzeptieren, denn sie blockiert damit die Telefonleitung im Haus und könnte sich ein Handy anschaffen oder auch eine Karte für die Telefonzelle. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, von Frankreich aus günstig ins Ausland zu telefonieren, die in jedem Bar-tabac erfragt werden können.
35. Kirschkuchen im Stehen
Warum Paula zum ersten und zum letzten Mal einePatisserie betritt
Paula war mal wieder zu spät dran. Sie hatte sich den Stress angetan, sich nach der Schule, zwischen Hausaufgaben und Abendessen, mit Katja auf dem Montmartre zu treffen, um gemeinsam den Sonnenuntergang anzuschauen. Dafür musste sie jetzt durch die halbe Stadt rasen, es war Berufsverkehr, die Straßen und U-Bahnen vollgestopft mit Menschen. Paula hatte leider gar keine Zeit und Muße, sich die schönen Schaufenster anzusehen, an denen sie jeden Tag vorbeikam. Doch sie hatte wahnsinnigen Hunger. Da war wieder diese sagenhafte pâtisserie , deren Auslagen einfach unglaublich lecker aussahen. Paula beschloss, ganz schnell hineinzugehen und sich etwas auf die Hand zu holen. Sonst würde sie den Sonnenuntergang mit knurrendem Magen erleben und dann war es die ganze Sache auch nicht wert.
Im Geschäft schien es, als wäre die Zeit stehengeblieben. Die Verkäuferinnen bedienten die Kunden, als hätten sie für heute nichts anderes mehr vor und nur darauf gewartet, hier den Abend zu verbringen. Es gab zwei lange Theken, an der einen wurden nur diese kleinen runden bunten Kekse verkauft, die einen komischen Namen hatten, der für Paula wie Makkaroni klang. Die Dame vor ihr erkundigte sich eingehend nach dem Geschmack einer jeden Farbe und überlegte dann lange, welche sie wohl nehmen sollte. Paula fragte sich, ob sie die Kekse für ein neues Kunstwerk farblich anordnen wollte. Sie wurde langsam ungeduldig. Als sie dann den Preis der Kekse entdeckte, konnte sie es kaum fassen – die kleinen Dinger kosteten pro Stück fast einen Euro! Paula verstand nun auch, warum die Verkäuferin jeden einzelnen Keks in Cellophan verpackt in einer kleinen Schachtel anordnete, die aussah, als wolle man sie sein Leben lang aufbewahren und seine Familienfotos darin verstauen.
Paula schielte zur anderen Theke hinüber. Dort wurden kleine Pralinen verkauft, die schönsten, die sie jemals gesehen hatte. Jede einzelne war hinreißend gestaltet. Die aus dunkler Schokolade waren mit weißer Schrift und Schnörkeln bemalt, andere helle Pralinen trugen bunte Muster – viel zu schön, um gegessen zu werden. Daneben standen Mini-Törtchen, die ebenfalls sehr lecker aussahen. Eines davon, so beschloss Paula, wollte sie jetzt unbedingt verschlingen. Da kam auch schon eine Verkäuferin mit einem freundlichen » Bonjour, Mademoiselle « auf sie zu und Paula zeigte auf ein kleines Törtchen. » Une petite tarte comme ça « (Eines von diesen kleinen Törtchen), sagte sie hastig. » Une tarte aux cerises? « (Ein Kirschtörtchen?), wollte die Verkäuferin wissen. Oder wollte sie Paula nur mitteilen, worum es sich dabei handelte? Kirschen waren gut, alles war gut. » Oui, Madame, s’il vous plaît « (Ja, Madame, bitte), antwortete Paula höflich, aber schnell. Wenn sie sich so langsam bewegte, wie sie sprach, dann wäre Paula auch nach Ladenschluss noch hier. Die Verkäuferin säuberte erst ihr Werkzeug, bevor sie dann ganz langsam und gewissenhaft das Törtchen von seinem Platz hob und es vorsichtig auf ein winziges goldenes Pappblatt legte. Von dort wollte sie das Törtchen dann in einem kleinen Karton verschwinden lassen, der aber erst noch schnell zusammengefaltet werden wollte. » Il ne faut pas … « (Das muss nicht …), meinte Paula, der gerade nicht einfiel, was »nicht einpacken« auf Französisch hieß. Die Verkäuferin schaute sie fragend an und balancierte das Törtchen in der Luft. » Je vais le manger comme ça « (Ich werde es so essen), sagte Paula und streckte die Hand nach ihrem Kirschkuchen aus. Was für eine Umweltverschmutzung, dachte sie. Für so ein winziges Törtchen muss man ja nicht gleich einen ganzen Baum fällen! Die Verkäuferin schaute ratlos, bevor sie einfach weiter ihre Arbeit verrichtete und Paula nicht mehr beachtete. Sie umwickelte nun das Törtchen mit einem Papier, drehte die Enden des Papiers fein säuberlich zusammen, als würde sie ein großartiges Geschenk verpacken, klebte ein Band herum, das sie mit einer Schleife schloss, und hob das Ganze in den
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