Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
bereichert, das Mann- und Frausein. Es geht in erster Linie um das Wie und nicht um das Ob. Marc sah in Paula eine Eroberungsmöglichkeit, die es zu verführen galt, und hätte dieses Spiel zu gern zu Ende gespielt. Und auch Katjas Chef hat vor allem Gefallen daran gefunden, seine neue Angestellte mit schmeichelnden Worten und gutem Rotwein zu bezirzen. Ohne dabei gleich seine Frau für sie verlassen oder auch »nur« betrügen zu wollen. Das muss man wissen, um souverän genug mit diesen spielerischen Situationen umgehen zu können, die in Frankreich einfach mehr zum (Arbeits-)Alltag gehören als in Deutschland.
Katja ist als junge Berufsanfängerin gleich in zwei Fettnäpfchen getreten. Sie hat sich nicht auf den im Unternehmen herrschenden Kleidungsstil einlassen wollen, obwohl sie wusste, dass es in Frankreich durchaus üblich ist, schicker und eleganter gekleidet am Arbeitsplatz zu erscheinen. Sie war sich bewusst, dass sie als Einzige in Jeans auffällt, aber sie war zu stolz und vielleicht auch zu bequem, um sich anzupassen. Das ist für einen Neueinsteiger nicht unbedingt ratsam, wenn man nicht negativ auffallen will. Das andere Fettnäpfchen betrifft das Mittagessen mit ihrem Chef. Denn ein » Je vous adore! « (Ich verehre/vergöttere Sie!) oder » Vous êtes très charmante! « (Sie sind sehr charmant!) oder auch » Vous êtes magnifique! « (Sie sind umwerfend!) hat noch lange nicht zu bedeuten, dass der andere tatsächlich Tag und Nacht an Sie denkt. Es ist ein charmantes Kompliment, das auch als solches gilt, aber keinerlei Konsequenzen nach sich zieht. Katja hat in der Situation völlig unangemessen reagiert und ihren Chef vor den Kopf gestoßen, nicht zuletzt dadurch, dass sie nicht gemeinsam mit ihm ins Büro zurückgekehrt ist.
Was können Sie besser machen?
Paula hätte weniger offensichtlich ihre Faszination zeigen sollen, denn nur dadurch konnte der fremde Schönling annehmen, sie sei für ihn zu haben. Stattdessen hätte Paula nach seiner Nummer fragen und später entscheiden können, ob sie ihn noch einmal mit einer Freundin zusammen oder unverfänglich fürs Kino treffen will. Einen »Straßenflirt« gleich mit nach Hause zu begleiten, das sollte man wirklich nur, wenn man sich auf »alles« einlassen möchte – egal wie gut er auch aussehen mag und egal ob in Frankreich, Italien oder Spanien.
In den ersten Monaten in einer französischen Firma sollten Sie sich auf die in Ihrem Unternehmen herrschende Kleiderordnung einstellen, auch wenn sie nirgendwo festgeschrieben ist. Später ist dieses Prinzip auch wieder zu lockern, aber für den Anfang durchaus zu empfehlen. Denn dadurch zeigt man deutlich, dass man die unausgesprochene »Bürokleiderordnung« erkannt und verstanden hat und vor allem bereit ist, sie, auf welche konkrete Weise auch immer, umzusetzen.
Was die Äußerungen des Chefs betrifft, hätte Katja, wie schon von ihrer Kollegin analysiert, wirklich weitaus gelassener und charmanter reagieren können, indem sie einfach spielerisch darüber hinweggegangen wäre, sich bedankt und zu einem anderen Thema übergeleitet hätte. Also: Genießen Sie es einfach, ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Nehmen Sie das Flirten in Frankreich am Arbeitsplatz als leichtes Konversationsspiel, das zum guten Ton und zu einer ausgelassenen Stimmung beiträgt. Und bewerten Sie nicht jede Äußerung und jedes Kompliment gleich als Heiratsantrag!
34. Was gestern erlaubt war, ist heute verboten
Wie Paula nachts ihren Hunger stillt
Paula wachte mitten in der Nacht auf. Ihr Magen grummelte so laut, dass sie selbst einen großen Schreck bekam. Seit sie in Paris war, aß sie viel und noch viel mehr und konnte sich das nicht erklären. Vielleicht schmeckte es einfach besser als zu Hause? Vielleicht musste sie aber auch nur das kleine Heimweh ein wenig besänftigen. Jedenfalls hatte sie Hunger und das, obwohl das ausführliche Abendessen keine vier Stunden zurücklag. Es müsste noch von dem herrlichen fromage de chèvre (Ziegenkäse) und der göttlichen Leberpastete im Kühlschrank sein. Paula nahm all ihren Mut zusammen, kletterte aus ihrem schönen Messingbett, schlüpfte in die blauen Pantoffeln und öffnete vorsichtig die leicht quietschende Zimmertür. Es war nicht weit bis zur Küche, sie musste nur am Arbeitszimmer, an der Waschkammer und am Badezimmer vorbei. Leise und auf Zehenspitzen schlich sie langsam in die geräumige Küche. Sie musste sich erst orientieren in der Dunkelheit. Dann fand
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