Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
oder ob du vor Langeweile schon die Autos zählst, die gerade vorbeifahren. Ich will sehen und hören, dass du mit dabei bist, dass du Anteil nimmst, mitleidest oder mitlachst, deine Emotionen eben, verstehst du?« Langsam dämmert es Lena, dass die Spanier auch hier wieder ganz anders ticken, als sie das von ihren Freunden aus Deutschland gewöhnt ist. Ruhiges, aufmerksames Zuhören, jemanden ausreden lassen, das scheint den Spanier nicht nur nicht zu gefallen, es verunsichert sie offenbar sogar sehr.
Was können Sie besser machen?
Wie macht man das aber nun praktisch, Interesse signalisieren, wenn einer etwas erzählt? Da helfen ein paar Redewendungen wie die folgenden, die Sie am besten zwischendurch einstreuen. Dabei dürfen Sie ruhig ein bisschen übertreiben. Also lieber zu viel als zu wenig Emotion zeigen. Sie könnten sagen: ¡Ah, qué interesante! [a ke intere san te] (Ach, interessant!). Oder, noch etwas engagierter: ¡Ay, no! [ai no ] (Nein!), ¡No te creo! [no te kre o] (Das glaub’ ich dir jetzt nicht!), ¡Esto no es posible! [ es to no es posible] (Das ist doch unmöglich!), ¡Increíble! [inkre_ i ble] (Unglaublich!).
Auch rhetorische Fragen, auf die Sie nicht unbedingt eine Antwort erwarten, passen hier gut: ¿Sííííí? [siiiii] (Jaaaaaaa?, Eeeecht?), ¿Cómo? [ ko mo] (Wie jetzt?), ¿Quééééé? [keeeee] (Waaaaas?), ¿De verdaaaaad? [de wer daaaaa (d)] (Wirklich? Echt? Ehrlich?).
Gegen Ende zu, wenn die Pointe erreicht ist, können Sie entweder, bei positivem Ausgang, ¡Qué maravilla! [ke mara wi ja] (Wunderbar!) ausrufen oder, bei negativem Ausgang, ¡Qué barbaridad! [ke barbari da ] (So eine Gemeinheit! So eine Schweinerei!).
Wenn das Gespräch auf dieser Tonlage abläuft und in diesem Fahrwasser dahinplätschert, das uns vollkommen übertrieben erscheint, dann fühlt es sich für Spanier genau richtig an. Das kostet vielleicht etwas Überwindung. Aber versuchen Sie es doch einmal, vielleicht macht es Ihnen sogar noch richtig Spaß, und wenn Sie aus Spanien zurückkommen, werden Sie es am Ende sogar noch vermissen.
El bar – Die Bar: zweite Heimat der Spanier
Es gibt in Spanien die schier unglaublich hohe Zahl von ungefähr 400.000 Bars, die angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise natürlich über Umsatzeinbußen klagen und wegen der Bestrebungen der Gesundheitsministerin, ein totales Rauchverbot in geschlossenen Räumen durchzusetzen, Zeter und Mordio schreien, aber bislang dennoch in gewohnter Weise weiter existieren und auch frequentiert werden. Denn die Bar, das ist praktisch die zweite Heimat der Spanier: la segunda casa de los españoles .
Warum halten Spanier sich eigentlich so oft in den bares auf? Die Bezeichnung bar hat übrigens nichts mit einer (Nacht-)Bar zu tun, sondern bedeutet ein Zwischending zwischen Café und Kneipe bzw. ein Café, in dem auch alkoholische Getränke und kleine Speisen angeboten werden. Und warum geben die Spanier in den Bars so viel Geld aus? Das hängt hauptsächlich mit dem sehr großen Kommunikationsbedürfnis der Spanier zusammen. In der Bar trifft man seine Freunde, die Arbeitskollegen, die Clique, die Kartenspielpartner, einfach alle. Man trifft sie sogar viel häufiger dort als etwa zu Hause. Wenn zwei oder mehr Leute sich auf einen Schwatz, ein Gläschen Bier, einige Tapas verabreden, dann todsicher in der Bar und nicht bei einer der Personen zu Hause. Denn, wie gesagt, die Bar ist der eigentliche Zweitwohnsitz der Spanier.
Interessant, wenn Sie selbst »Feldforschung« betreiben wollen: In jeder Bar wechselt im Laufe des Tages das Publikum durch: Morgens zwischen acht und neun kommen die Angestellten der Firmen rundherum, Lehrer, Studenten, Dozenten zum Frühstücken. Radio oder Fernseher und Espressomaschinen halten den Lärmpegel hoch. Die Angestellten lesen an der Theke die Zeitung, junge Leute besetzen lachend und sich laut unterhaltend die Tische.
Um die Mittagszeit, zwischen 13 und 14 Uhr, kommen Schüler, Studenten oder Angestellte während der Mittagspausen. Es werden Kleinigkeiten gegessen, belegte Brötchen zum Beispiel, die in Spanien bocadillos heißen: bocadillos de queso [boka di jos de ke so] (mit Käse), de jamón [cha mon ] (mit Schinken) oder de tortilla [tor ti ja] (mit Kartoffelomelett). Dazu wird ein kleines Bier getrunken. Als Vorspeise oder Aperitif sozusagen, denn um 14 Uhr gehen alle, die die Zeit haben, zum »richtigen« Essen nach Hause.
Am Nachmittag, so ab 16 Uhr, sind die älteren Herren in der Bar
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