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Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten.

Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten.

Titel: Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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    Tilman  Janus
    Harter Sieg

     

Copyright © 2013 Tilman Janus, Berlin

 
     
    Es war am 5. September, einem sonnigen Sonntag. Ich weiß es noch genau, denn meine Großtante Emmi hatte Geburtstag. Weil Tante Emmi plante, mir ihr nicht unbeträchtliches Vermögen zu hinterlassen, fühlte ich mich verpflichtet, ihr wenigstens einen Blumenstrauß und eine Flasche ihres geliebten Eierlikörs vorbeizubringen.
    Da ich – wie üblich – etwas spät dran war, bretterte ich von meinem Wohnort Kassel mit hundertsechzig Sachen über die Autobahn. Viel zu schnell jagte ich meinen treuen Roadster dann über die kurvigen Nebenstraßen der Kleinstadt, in der die Tante ihr Häuschen hatte. Plötzlich tauchte eine Straßensperre vor mir auf. Ich konnte gerade noch bremsen. Ein riesiger, perfekt uniformierter Polizist stand mit eingestemmten Armen drohend vor mir. Er sah mich durch die Seitenscheibe meines Wagens an, als ob ich der Gangsterboss Al Capone persönlich wäre und auf meinen Kopf eine Belohnung von einer Million Dollar ausgesetzt wäre, die er sich unbedingt verdienen wollte. Schuldbewusst ließ ich die Scheibe hinab und grüßte höflich, um den Typen bei Laune zu halten.
    »Haben Sie das Schild für die Geschwindigkeitsbeschränkung bemerkt?«, blaffte er. »Dreißig Kilometer pro Stunde – he? Sie sind eben geblitzt worden, mit fünfzig km/h.«
    »Muss ich leider übersehen haben«, schwindelte ich. »Tut mir wirklich leid.« Ich streifte seine gut sitzende Uniformhose mit einem Blick und registrierte die respektable Schwanzbeule. So bin ich eben – die Schwanzwölbung wird bei mir immer taxiert, bei jedem Mann, der mir begegnet. Dieser Bulle hatte kein schlechtes Kaliber.
    »Muss ich Ihnen leider einen Bußgeldbescheid erteilen, tut mir wirklich leid«, äffte er mich nach und zückte schon seinen Block. »Bitte mal Ihre Papiere!«
    »Ach, Herr Oberinspektor«, säuselte ich zuckersüß, während ich ihm die Wagenpapiere und den Führerschein rausreichte, »können Sie nicht noch mal Gnade vor Recht walten lassen? Ich muss doch ganz schnell zu meiner Großtante zum Geburtstag, und die alte Dame bekommt immer Herzrhythmusstörungen, wenn ich zu spät komme.«
    »Das hätten Sie sich eher überlegen müssen«, gab er vollkommen ungerührt zurück und hielt mir den ausgefüllten Strafzettel vor die Nase. »Fünfunddreißig Euro, Sofortkasse!«
    Was blieb mir anderes übrig? Ich musste blechen. Teurer Geburtstag, Tantchen, dachte ich, hoffentlich enterbst du mich nicht eines Tages.
    »Was ist denn eigentlich hier los?«, erkundigte ich mich, während ich meine Geldbörse zückte. »Warum ist die Zufahrt zur Hauptstraße gesperrt?«
    »Motorrad-Straßenrennen«, knurrte er kurz angebunden.
    »Aber ich muss auf dem schnellsten Weg in die Oberstadt. Können Sie mich nicht schnell noch durchlassen? Es ist weit und breit kein Motorrad zu sehen.«
    Der dickschwänzige Bulle würdigte mich nicht einmal mehr einer Antwort, er gab mir die Papiere zurück und ließ mich einfach stehen. Wütend wendete ich vor der Sperre. Da hörte ich durch das offene Wagenfenster das Röhren von Motoren. Das Geräusch schwoll langsam an.
    Da ich ohnehin zu spät kommen würde, stieg ich aus. Motorradrennen hatte ich noch nie im Original gesehen, immer nur im Fernsehen. Dieser Sport hat mich immer fasziniert. Rasch lief ich zum Absperrgitter, hinter dem noch Strohballen zur Sicherheit lagen, und mischte mich unter die wenigen Zuschauer.
    Da rasten die ersten Räder auf der Hauptstraße heran. Die Fahrer in ihren farbigen, eng anliegenden Lederanzügen hockten wie sprungbereite Tiger auf ihren schnittigen Maschinen. Leider konnte ich wegen der Integralhelme ihre Gesichter nicht erkennen. Kurz vor der Stelle, an der ich stand, legten sich die Räder in die Kurve. Die Piloten hatten ihre schweren Zweiräder voll in der Gewalt. Ihre Knie berührten auf der Innenseite der Kurve den Boden, die am Bein befestigten Knieschleifer schienen auf dem Asphalt Funken zu schlagen.
    Eine starke Spannung überkam mich. Dieser Anblick erregte mich immer, hier in der Realität noch viel mehr als im Fernsehen. Wie gerne hätte ich selbst einmal auf so einer Maschine gesessen! Ich hatte auch einen Krad-Führerschein, aber um Rennen zu fahren – dafür fehlten mir doch der Mut und auch das Können.
    Insgesamt fuhren zehn Maschinen. Das Feld raste mit ohrenbetäubendem Lärm an mir vorbei. Ich atmete tief durch. Toller Sport! Jetzt zu Tante Emmi? Ich

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