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Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Titel: Feuchtgebiete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Roche
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Patient und Pflegepersonal herstellen könnte. Einmal klingeln: Ich möchte gerne noch was Butter für mein Vollkornbrot. Zweimal klingeln: Bitte Blumenvase mit Wasser drin bringen. Dreimal klingeln: Hilfe, es läuft sehr viel Blut aus meinem Arsch, sodass ich kaum noch genug davon im Gehirn habe, um klar zu denken, und mir nur schlechte Ideen kommen, wie man das Krankenhaus optimieren kann.
    Ich sehe die Bremse, die blutverschmierte. Die muss ich noch sauberwischen, sonst fliege ich auf. Ich stehe ganz schnell auf und rutsche in meinem Blut fast aus. Ich halte mich am Bett fest und gehe langsam zum Fußende. Das Blut steigt zwischen den Zehen hoch auf den Fuß. Ich muss aufpassen, dass mir kein Blutaquaplaning passiert. Ich hocke mich vor die Bremse und wische sie mit einem Zipfel meines Hemdchens sauber. Spuren weggewischt. Naja. Die an der Bremse jedenfalls. Das Hocken tut weh, das Gehen tut weh. Ich klappe gleich zusammen. Komm, Helen, du schaffst es noch ins Bett. Leg dich hin, meine Kleine. Geschafft. Ich drücke beide Hände feste an mein Gesicht.
    Ich muss eine Ewigkeit warten. Immer muss man warten. Ich könnte denen auch entgegengehen und für große Aufregung sorgen, indem ich draußen auf dem Flur meine Blutspur hinter mir herziehe. Das verkneife ich mir.
    Mir wird schwindelig. Hier riecht es nach Blut. Nach viel Blut. Soll ich die Zeit überbrücken, indem ich ein bisschen durchwische? Ich will doch die beste Patientin sein, die die hier je hatten. Aber vielleicht verlange ich da zu viel von mir. Ich muss jetzt nicht aufräumen.
    Klopf. Die Tür geht auf. Robin. Sehr gut. Der kann das. Was denn eigentlich, Helen? Egal. Mit mir geht es bergab.
    Ich erkläre sofort: »Ich weiß auch nicht. Ich hab mich, glaub ich, komisch bewegt, und zack fing das Blut an zu laufen. Was machen wir denn jetzt?«
    Robins Augen gehen weit auf, er sagt, er ruft sofort den Professor.
    Er kommt auf mich zu. Hat er nicht grad gesagt, er will den Professor rufen?
    Er sagt, ich sehe blass aus. Dabei tritt er in meine Blutpfütze, und als er rausrennt, macht er Blutabdrücke durch das ganze Zimmer.
    Ich denke ihm noch hinterher: Pass auf, wegen Blutaquaplaning. Ich halte beide Hände gegen die Blutung, um sie etwas zu stoppen. Die Hände laufen voll. Was für eine Verschwendung. Haben nicht manche Leute zu wenig Blut? Oder war es nur so, dass manche Leute krankes Blut haben? Was weiß ich denn?
    Blutarm. Das war es. Es gibt Menschen, von denen sagt man, dass sie blutarm sind. Das bist du auch gleich, Helen, wenn du so weitermachst.
    Der Anästhesist kommt rein. Er fragt, ob ich was gegessen habe. Habe ich. Und zwar viel Müsli zum Frühstück. Das findet er schade. Warum?
    »Weil Sie dann keine Vollnarkose bekommen können. Wegen der Gefahr, dass Sie sich im Schlaf übergeben und daran ersticken. Also kommt für Sie nur eine PDA in Frage.«
    Er rennt raus und kommt mit einem Formular und Spritzen und Gedöns zurück.
    Das kriegen doch eigentlich Schwangere, die es normal nicht hinbekommen mit der Geburt. Die Memmenmütter. Die eine natürliche Geburt wollen, aber bitte ohne Schmerzen. Habe ich von meiner Mutter gehört.
    Ich muss irgendwas unterschreiben, von dem ich nicht weiß, was es ist, weil ich dem Arzt nicht zugehört habe. Dem Mann traue ich. Mich beunruhigt allerdings sehr, dass dieser doch sehr ruhige Mensch plötzlich rennt. Ich mache mir Sorgen um mich selbst. Er scheint es sehr eilig zu haben.
    Die finden wohl, ich verliere zu schnell zu viel Blut. Jetzt, wo mir klar wird, dass die das genauso sehen wie ich, geht es mir sehr schlecht, und ich habe Angst, wegen meiner
Elternverkupplungsidee zu sterben. Das hatte ich gar nicht eingeplant.
    Er erklärt mir, dass ich mich gleich im Bett aufsetzen und mich vorbeugen muss und den Rücken rund machen soll wie einen Katzenbuckel, damit er meinen Rücken desinfizieren, eine dicke Kanüle zwischen den Wirbeln im unteren Bereich einführen und dann da rein die Spritze setzen kann. Das klingt nicht gut.
    Ich hasse alles, was in die Nähe vom Rückenmark kommt. Ich denke, die vertun sich, und man ist für immer behindert und spürt nie wieder was beim Sex. Dann kann man den Sex auch ganz sein lassen. Alles, was er da erklärt, tut er wohl gleichzeitig auch. Ich fühle, wie er dahinten rumfummelt und wischt und macht und tut. In dieser Stellung zu sitzen, zieht sehr in den Schmerz rein. Es fühlt sich an, als würde mein Arsch immer weiter aufreißen.
    Er sagt, es dauert genau

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