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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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handelten nicht im Auftrag Tlepau Aqs; das begriff Naave, als sie den Yioscalo heranstapfen sah. Seine dicken Lippen zitterten vor Wut, als er vor ihr stehen blieb.
    »Ja, die ist es.« Vor Zorn überschlug sich seine hohe Stimme. »Die hat mich bestohlen. Bestimmt trägt sie mein Geld unter dem Kleid verborgen.«
    Ehe Naave sich es versah, hatte einer der Wächter sie gepackt, während der andere ihre Mitte betastete – und sofort die verräterische Ausbuchtung fand. Als er Anstalten machte, ihr das Kleid hochzuziehen, schlug sie um sich. »Finger weg«, schluchzte sie, tief beschämt. »Ich gebe es ja heraus.«
    Sie bückte sich und fasste unter das Kleid. Mit hochrotem Kopf reichte sie dem Yioscalo das Geld.
    »Diebin!«, fauchte er sie an, dass Speicheltropfen in ihr Gesicht flogen. »Das wirst du bereuen. Schafft sie ins Silberhaus!«
    Die Wächter nahmen sie in die Mitte, die Finger grob in ihre Oberarme gepresst. Dann marschierten sie los. Naave rannte zwischen ihnen her, den Kopf tief gesenkt.

15.
    E in glatzköpfiger, gebeugter Mann in einem weißen Schurz, auf dem kein Stäubchen zu sehen war, fragte sie nach ihrem Namen, doch sie schwieg. Niemals würde sie sich auf Tlepau Aq berufen. Nicht nur, weil man ihr nicht glauben würde. Nein, was immer ihr jetzt geschah, rechtfertigte nicht, in die Arme des verhassten Vaters zu fliehen. Sie würde das hier allein durchstehen, schließlich ging es nur um ein paar Geldringe. Für die Yioscalos war das doch nur ein Krümel, der von ihrem Tisch gefallen war.
    Das Diebesgut lag vor ihm auf einem Tisch. Ebenso eine aufklappbare Wachstafel, in der er das wenige vermerkte, was sie sagte: dass sie aus dem Graben stammte und arm war. Solche Tafeln standen aufgereiht in Wandregalen, dazu Körbe mit gebrannten Tonkissen, die mit Schriftzeichen übersät waren. An einer Wand lehnten mehrere Gestelle, die Webstühlen ähnelten, mit Geflechten voller verwirrender Knoten. Gelegentlich fand man gebildete Leute auf dem Markt, die mit solchen Knoten halfen, für andere etwas auszurechnen. Solch große Rechenteppiche hatte Naave allerdings noch nie gesehen. Und die Anzahl der Tonkissen und Schrifttafeln war gewaltig. Ständig kam jemand, kramte in den Körben und ging wieder.
    »Ich habe dich als ›Frau ohne Namen‹ eingetragen«, riss der Schreiber sie aus ihren Beobachtungen. »Bist du damit einverstanden?«
    Sie nickte.
    »Gut«, er schlug die beiden Tafelhälften zusammen und legte sie auf den Tisch. »Du wirst jetzt bestraft. Danach wirst du für einen Monat hier arbeiten. Unentgeltlich natürlich. Aber wenn du dich anstellig zeigst, wird man dir gut zu essen geben.«
    Naave atmete auf. Es klang nicht so, als sei dieser Monat schlimmer als dieselbe Zeit im Graben. Schlimm war nur, dass Nanxi nichts von ihrem Verbleib wusste. Aber sie hatte sich so lange durchgeschlagen, da würde sie diese Zeit auch noch schaffen. Verzeih mir, Tante Nanxi. Hätte ich auf dich gehört, wäre das nicht geschehen.
    »Komm.« Der Verwalter, oder was immer er war, erhob sich und trat durch eine schmale Tür ins Freie. Es war ein weitläufiger Hof, um den sich weißgetünchte Gebäude reihten. Auf ihren Dächern saßen Frauen unter Palmen oder Sonnenschirmen und aßen und schwatzten miteinander. Junge Mädchen hasteten an den außen gelegenen Treppen hinauf und hinab, mit Tabletts voller Schalen, Kalebassen oder schwarzglänzenden Gefäßen aus Lavagestein und mit Edelsteinen verziert. So manche kauerte hinter einer aufgeputzten Frau und kühlte mit einem Federnfächer den schmuckbehangenen Nacken; eine andere schlug mit einer Rassel in die Handfläche und stimmte einen zarten Gesang an, der die Frauen jedoch nicht veranlasste, ihre Unterhaltungen zu unterbrechen. Von irgendwo erklangen das Plätschern von Wasser und das Kreischen ausgelassener Kinder. Die berühmten künstlichen Badeteiche der Reichen im Sonnenviertel – Naave biss die Zähne zusammen, um den Schmerz zu ertragen, zwar hier zu sein, doch unter ganz anderen Umständen als jenen, die sie sich so oft ausgemalt hatte.
    Der Mann schritt voraus und winkte im Vorbeigehen einem Wächter, darauf zu achten, dass sie auch folgte. Der Wächter wirkte nicht ganz so furchterregend wie die des Tempels. Aber auch er trug ein Lavasteinschwert, dazu eine Schleuder und einen kurzen Bronzestab am Gürtel. Es ging zwischen zwei Häusern hindurch, aus denen es nach frisch gebackenem Brot und gelagerten Früchten duftete, über einen kleineren, von

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