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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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umrahmten. »Der Eine wird euch nicht hören. Ich bin jetzt die Herrscherin der Stadt. Denn seht, die Sonne ist der Finsternis gewichen!«
    Die vermeintliche Göttin der Unterwelt deutete hinauf in den Himmel, der in der Tat schwarz war – nicht verwunderlich, denn es war Nacht. Die Zuschauer legten die Köpfe in die Nacken und stießen übertriebene Verzweiflungsrufe aus.
    »Der Hohe Priester will einen von euch opfern, um den Gott-Einen herbeizurufen. Aber wer soll das sein? Findet sich unter euch erbarmungswürdigen Gestalten wirklich einer, der den Einen aus seinem Versteck locken könnte, wo immer das ist? Glaubt ihr das? Ha! Niemals!«
    Eine feiste Frau pfiff auf zwei Fingern und deutete auf den schmal gebauten Mann an ihrer Seite. »Ich habe den Priestern meinen Mann angeboten. Leider wollten sie ihn nicht. Zu dürr, sagten sie!«
    Das darauf folgende Gelächter dröhnte in Royias Ohren. Auch der Mann lachte. Er tat so, als wolle er sich seine Frau auf die Arme heben und davontragen. Beide landeten auf ihren Hintern, und das Grölen ringsum schwoll zu einem Lärmteppich an, der für die Ohren eines Waldmenschen nicht zu ertragen war. Royia machte, dass er weiterkam. Leicht war es nicht, in diesem Gedränge voranzukommen. Die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein und war es wohl auch.
    Sie machte ihrem einstigen Beinamen Die Verdorbene alle Ehre. Zum zweiten Mal war er nun hier, und zum zweiten Mal fragte er sich, ob er nicht mehr Herr seiner Sinne war, da er es gewagt hatte, sie zu betreten. Er war über denselben, von glitschigem Moos überwucherten Baumstamm gelaufen, über den er, wie es ihm schien, vor langer Zeit die andere Seite des Trennenden erreicht hatte, um Naave auf so bemerkenswerte Weise zum ersten Mal zu begegnen. Das Flussinselchen hatte er rasch hinter sich gelassen und sich geradewegs der Stadt zugewandt. Dreckige Gassen hatten ihn zwischen mehrstöckigen Häusern vorbeigeführt, dicht an dicht gedrängt und teilweise verfallen. An den Weg konnte er sich gut erinnern – hatte er ihn doch schon einmal genommen, gefangen in einem Käfig. Auf dem brechend vollen Platz vor dem Tempel hatte er eine für ihn neue Richtung gewählt und war in breitere, gepflasterte Straßen gelangt, mit großzügigeren Häuserfronten, die flachen Dächer teils üppig bepflanzt. Überall brannten Lampen und Fackeln und machten die Nacht zum Tag. Überall vor den Häusern reihten sich Schilfhütten aneinander, die man offenbar eigens für dieses Fest aufgebaut hatte. In manchen hockten Kinder und boten Rauschtrank und Cupalblätter feil – die ganze Stadt stank danach. Ihr eigentlicher Zweck schien jedoch zu sein, den Menschen einen Platz zu bieten, wo sie beieinanderliegen konnten. Die vor den Hütten hängenden Palmblätter verbargen wenig.
    Es war ganz so, wie der Düstere Canca es erzählt hatte. Royia fragte sich, ob die Stadtmenschen immer so waren – so ausgelassen, albern und gleichzeitig darauf aus, sich zu prügeln und zu umarmen. Oder ob es an diesem Fest der Endenden Finsternis lag. Als erwarteten sie, dass nach dieser Zeit die Dunkelheit tatsächlich bliebe, und sie gierten noch einmal mit aller Kraft nach dem Rausch des Lebens. Es verwunderte ihn, dass sie den Göttern und sogar dem Gott-Einen so wenig Respekt entgegenbrachten. Dieselben, die jetzt grölend den Rauschtrank in sich hineinschütteten, würden wahrscheinlich in fünf Tagen, wenn alles vorbei war, mit schmerzenden Köpfen aufwachen und sich unter bitterlichen Tränen vor den Tempelstufen zu Boden werfen, um die Vergebung der Götter zu erflehen.
    Der Schrei der Frau fiel in all dem Lärm kaum auf. Aus den Augenwinkeln bemerkte Royia, wie sie mit den Fäusten auf die Schultern eines Mannes einschlug, der sie in eine finstere Gasse schleppte. Noch war das in dieser Nacht der Absonderlichkeiten nicht weiter auffällig. Als sich zwei weitere Männer dazugesellten und eine Gruppe halbnackter Jungen neugierig die Hälse reckte, erinnerte er sich daran, dass es Canca zufolge gelegentlich auch Tote gab.
    Und es ist erst der erste Tag.
    Royia folgte den Männern und schob sich durch den Pulk der Kinder, die sich um die schmale Gassenmündung geschart hatten. Hier standen die Hausreihen so dicht, dass man sie mit den ausgestreckten Armen berühren konnte. Unrat türmte sich an den Seiten, und der Gestank nahm einem den Atem. Er fragte sich, wie er sich je vor dem Unterwald hatte ekeln können – dies hier schien in der Tat ein Weg in die

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