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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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Dienerschaft belebten Platz, in ein Haus, dann wieder auf eine Freifläche, an deren Seiten Ställe standen. Gepflegte Almaras reckten die langen Hälse über niedrigen Gattertüren.
    Naave konnte nicht verhindern, dass sie einige Tränen vergoss. Da ist sie, die Almaraherde, die ich mir so gewünscht habe  …
    Augenblicklich vergaß sie den Gedanken, als sie in einem riesigen Käfig eine Großkatze sah. Auf einem quer darin liegenden Baumstamm döste eine gewaltige schwarzgefleckte Cijac. Das Raubtier hielt die Augen geschlossen; die Vorderpfoten hingen herunter. Die großen, in langhaarige Spitzen auslaufenden Ohren jedoch waren aufgestellt und drehten sich hin und her.
    »Die Wächter sagen immer, dass sie sie aus dem Käfig lassen, wenn die Diener und Sklaven nicht spuren«, erklärte der Verwalter schmunzelnd. »Lass dich davon nicht beeindrucken, Frau ohne Namen. Sie haben es erst zwei- oder dreimal getan.«
    Naave schluckte. Nein, sie würde nicht fragen, wen es erwischt hatte und warum. Der Wächter packte sie am Oberarm und führte sie zu zwei gemauerten Pfosten. In Kniehöhe waren zwei Bronzeringe angebracht. »Bringt die Stange!«, rief er, worauf drei Leute zugleich in eines der Gebäude liefen und eine bronzene Stange brachten. Die Enden schoben sie in die Ringe.
    »Leg dich auf den Bauch«, befahl der Wächter. »Dann legst du die Füße auf die Stange, mit den Sohlen nach oben.«
    Naave schwindelte. Schon einmal hatte sie diese Art der Strafe durchstehen müssen, irgendwann vor Jahren auf einem der Marktplätze. Ihre Fußsohlen begannen bereits zu glühen. Nein, o ihr Götter, nein, bitte nicht  … Aber es gab kein Entrinnen. Da sie zögerte, schob der Mann sie zu den Pfosten und drückte sie auf den Boden nieder. Grob plazierte er ihre Füße auf der Stange und band sie fest. Dann kniete er noch einmal an ihrer Seite, um ihr eine Schnur über den Kopf zu streifen, an dem ein Stück Holz festgemacht war. Er schob es ihr zwischen die Zähne.
    Als wolle er sie aufmuntern, klopfte er ihr auf die Schulter.
    Er erhob sich und schritt aus ihrem Blickfeld. In Windeseile hatte sich der Platz mit Menschen gefüllt; sie standen, Körbe und Kisten auf den Armen oder Besen in den Händen, in den Schatten der Wirtschaftsgebäude.
    »Sie hat gestohlen und bekommt dafür dreißig Hiebe auf die Füße!«, erklärte der Wächter lauthals. Dann hörte sie ihn hinter sich treten. Schweigen breitete sich aus. Nur das Gelächter der feinen Frauen, die von dem hier nichts ahnten und die sich davon wohl auch nicht stören lassen würden, wehte herüber. Naave sah in einigen Gesichtern der Dienerschaft Mitleid, in den meisten Gleichgültigkeit; dann presste sie in der Erwartung des Schmerzes die Augen zusammen.
    Er kam trotzdem plötzlich und brutal. Ein scharfes Brennen zog sich über ihre rechte Fußsohle. Über die linke. Dann wieder rechts. Links. Rechts … Das Brennen wurde zum Glühen, zu einem Feuer, das ihren ganzen Körper erfasste. Sie glaubte, es müsse ein Messer sein, mit dem der Mann sie schlug. Ihre Zähne verbissen sich im Beißholz; ihre Hände schlugen auf die sandige Erde im verzweifelten Versuch, fortzukriechen. Naave warf sich hin und her und brüllte den grauenhaften Schmerz hinaus.
    • • •
    Auf den Armen des Wächters schwebte sie über eine gewundene Steintreppe, in einen runden Raum mit einer winzigen Fensteröffnung. Hier legte er sie auf den Boden, brachte ihr eine Decke, ein Tuch und einen Eimer mit Wasser. Dann ließ er sie allein. Naave hörte, wie er die schmale Tür sorgfältig verschloss.
    Nein, allein war sie nicht. Da lag eine weitere Gestalt am anderen Ende des kahlen Raumes, den Rücken ihr zugewandt. An den schwarzen Haaren und der helleren Haut erkannte sie ihn als einen Waldmenschen. Seine Fußsohlen waren verkrustet und geschwollen.
    Naave lehnte sich unterhalb des Fensterlochs an die Wand und zog den Eimer und das Tuch heran. Vorsichtig kehrte sie die schmerzenden Fußsohlen nach oben und tupfte das Blut ab. Mit dem ausgewrungenen Tuch fasste sie unter ihr Kleid und wischte sich das klebrige Wasser ab, das sie unter sich gelassen hatte.
    »Du bist keine Waldfrau«, hörte sie den Gefangenen sagen. Er hatte sich herumgewälzt und musterte sie im Liegen.
    »Nein«, erwiderte sie. Wollte sie wirklich wissen, wer er war und wie es ihn hierher verschlagen hatte? Wahrscheinlich auf die übliche Art: Er hatte die verrufene Stadt sehen wollen, hatte mit irgendetwas handeln wollen

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