Feuer der Götter: Roman (German Edition)
Unterwelt zu sein. Wenige Schritte vor ihm hielten zwei Männer die Frau fest, während sich der dritte hastig den Saum seines Kittels in den Gürtelstrick stopfte und dann nach den strampelnden Beinen der Frau griff.
»Haltet sie richtig fest! Verdammt, wieso ist die so zappelig? Mädchen, das Fest hat doch begonnen! Also halt schön still und genieß es!«
Rauh lachten die Männer. Den anderen lief bereits der Geifer aus den Mundwinkeln. Die Frau hörte auf, um sich zu treten, und schwieg, als habe sie sich in ihr Schicksal ergeben. Royia packte den ersten Mann bei der Schulter und riss ihn zurück. Sofort ließen die anderen ihr Opfer fallen. Die Frau kroch ein Stück davon und presste sich dicht an die Hauswand.
»Such dir eine andere«, einer der Männer griff nach einem beachtlichen Messer an seinem Gürtelstrick. »Schließlich laufen …«
Zähne brachen, als Royia ihm ins Gesicht schlug. Er kippte nach hinten.
»Bist du von Sinnen?« Auch der nächste Städter zog ein Messer, ein kleines schartiges, und der dritte schritt um Royia herum, um ihr die hölzerne Maske, die er sich vom Gesicht streifte, ins Genick zu schlagen. Royia drehte sich auf den Fersen, hieb dem Messerträger den Ellbogen ins Gesicht und schlug gleichzeitig mit der linken Faust nach dem Maskenträger. Er spürte den Kiefer krachen. Dann trat er zurück und sah zu, wie sie auf allen vieren über den schmutzigen Boden krochen. Fluchend rappelten sie sich auf und taumelten aus der Gasse. Auch der Mann, der die Frau zuerst hatte nehmen wollen, wankte blutspuckend in die andere Richtung davon. Royia hob das größere der beiden Messer auf.
»Geht es dir gut?«, fragte er die Frau. Auch ihr Gesicht verunzierten wilde Bemalungen, und ihre nackten Arme waren über und über mit klimperndem Schmuck verziert. Es hätte ihn nicht verwundert, wäre sie aufgesprungen und hätte sich böse beklagt, dass er ihr das Vergnügen genommen habe.
Sie rappelte sich hoch und strich ihr Kleid über den Schenkeln glatt. »Ich wollte … wollte ja. Aber nicht so. Ich glaube, ich brauche jetzt etwas Kräftiges zu trinken, um den Schreck hinunterzuspülen.«
Sie stapfte an ihm vorbei auf die belebte und von Fackeln erleuchtete Straße zurück, wo die Kinder neugierig zu ihr aufsahen. Dort drehte sie sich zu ihm um. »Ich schulde dir etwas.«
»Das tust du nicht. Aber sage mir, ob du von einer Naave gehört hast. Ich suche sie.«
»Ich kenne keine Naave. Aber komm doch mit; ich werde dir …«
Was immer sie ihm anbieten wollte, es blieb ihr in der Kehle stecken. Er war ebenfalls ins Licht getreten. Ihre Augen weiteten sich.
»Du bist ja ein Waldmensch«, stieß sie voller Abscheu hervor. »Und du …« Sie fasste sich an die Wange. »Dein Gesicht! Du bist … ein Feuerdämon! Ein Feuerdämon ist hier!«
Ihre Stimme war schrill vor Entsetzen oder Empörung; er vermochte es nicht zu sagen. Rasch schob er sie beiseite und machte, dass er im Gewühl verschwand. Vielleicht hätte er auch noch die Maske mitnehmen sollen, überlegte er grimmig. Es war nicht das erste Mal, dass man in ihm einen Waldmenschen erkannte – oder das, was sie einen Dämon nannten. So mancher kam ausgelassen auf ihn zu, tanzend und aus einer Kalebasse trinkend, nur um bei seinem Anblick wie aus einem Rausch zu erwachen. Das da in deinem Gesicht – das ist doch ein Feuermal! Kennst du das Gebot des Hohen Priesters, einen Feuerdämon, koste es, was es wolle, in den Tempel zu bringen? Es winkt einem eine große Belohnung! Ich kenne sogar einen, der einen kennt, der sie gekriegt hat; es ist noch gar nicht so lange her … Dass die wenigsten versuchten, ihn zu fangen, mochte auch an seinen vielfältigen Narben liegen. Oder dass er die meisten um einen halben Kopf überragte und auch ohne Messer wehrhaft aussah. Trotzdem war seine Andersartigkeit lästig – sie hinderte ihn, Naave zu finden.
Wenigstens wusste er, dass sie in der Stadt angekommen war. Nachdem er den Fluss überquert hatte, hatte er sogleich begonnen, nach ihr zu fragen. Und war auf einen Düsteren gestoßen, der ihm gesagt hatte, dass sein Bruder sie mitgenommen habe.
Naave … Er wollte sie finden, um sie zu fragen, ob er sie erschreckt hatte. Bist du vor mir geflohen? Bin ich für dich kein Mensch? Die andere Frage würde er vermutlich niemals aussprechen: Würdest du überhaupt wollen, dass ich einer wäre?
Stöhnend fuhr er sich durch die Haare. Diese Stadtfrau hatte ihn völlig verwirrt, da er den
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