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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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Entsetzens. »Er – und du?«
    Ja, ihr Götter, ja. Er und ich. So unmöglich es sein mag.
    »Es ist ja alles noch schlimmer, als ich dachte! Du gehörst dem Gott-Einen, so wie ich, begreifst du das nicht?«
    »Wenn das Leben im Licht eine Lüge ist, dann auch das«, erwiderte sie, ohne Royia loszulassen.
    Tlepau Aq winkte in Richtung der Tempelwächter. »Tötet ihn, aber seht zu, dass meiner Tochter nichts geschieht!« Und ihr befahl er: »Geh in den Tempel.«
    Ich denke nicht daran!
    Naave schloss die Augen und barg das Gesicht an Royias Schulter. »Geh«, sagte auch er.
    Sie schüttelte den Kopf. Es war geschehen, was sie sich ersehnt hatte, nämlich ihn wiederzusehen, und jetzt sollte sie ihn loslassen, nur damit es zu einem tödlichen Kampf kam? Über die Schulter hinweg sah sie voller Entsetzen, dass alle vier Wächter ihre Speere hoben. Wollten sie allen Ernstes diese schrecklichen Waffen über ihren Kopf hinweg auf Royia schleudern?
    »Sie sind äußerst treffsicher«, bestätigte Tlepau Aq ihre Gedanken. »Und du, Dämon, wirst nicht alle gleichzeitig anzünden können.«
    »Vater, das ist doch Wahnsinn.«
    »Ja, das ist es.«
    Entsetztes Geschrei kam von unten. Widerwillig hob Naave den Kopf, und zugleich schob Royia sie von sich, um sich dem Platz zuzuwenden. Zunächst entdeckte Naave nichts Auffälliges. Überall brannten Fackeln und Feuer. Doch an einer Stelle war Bewegung in die ausharrende Menge geraten. Sie stob vor einem Mann zurück, der auf den Tempel zuwankte. Er war nackt, und er war verrückt, so wie er sich schwankend drehte, dass sein schwerer Bauch schwappte, und den erschrocken schreienden Leuten schwarze Zähne und wild aufgerissene Augen zeigte. Auch seine Haare wirkten wie verkohlt. Doch nicht das war es, was alle vor ihm flüchten ließ.
    Sein linker Arm fehlte. Aus der klaffenden Wunde an seiner Schulter schlugen Flammen.
    »Royia!«, schrie Muhuatl herauf. »Warum bist du noch nicht tot? Warum sind sie alle noch am Leben? Sie sollten besser sterben! Sterben … sterben …«
    Er legte den Kopf in den Nacken und brüllte seinen Wahnsinn heraus. Er brüllte, bis auch sein Schlund brannte. Er brüllte noch, als sein ganzer Körper eine einzige lodernde Fackel war.
    Naave würgte von dem Gestank verbrannten Fleisches. Sie hob den Kopf, als Royia an ihr vorbeistürzte, auf die Tempelwächter zu, die von dem Anblick des sterbenden Feuerdämons abgelenkt waren. Royia riss dem Vordersten den Speer aus der Hand; die anderen kamen zu sich, doch es war zu spät. Er drückte ihm die Lavasteinspitze gegen den Bauch, so dass der Mann sich krümmte.
    »Zurück in den Tempel«, befahl Royia. »Und lasst euch nicht wieder blicken, sonst stoße ich hier alle von der Brücke.«
    Sie stießen Flüche über ihm aus; ihre Hände zuckten, wollten die Speere nach ihm werfen, doch dann zogen sich die Männer zurück. Er trat zurück an die Bahre, den eroberten Speer fest in der Hand. Mit der anderen löste er die Schnur um den Kopf des Opfers, die das mit Nussöl getränkte Schwämmchen unter der Nase hielt. Der Waldmensch drehte den Kopf hin und her und öffnete stöhnend die Augen. Naave dachte, dass er unweigerlich fallen würde, wollte er in seiner Benommenheit jetzt aufstehen. Doch seine Lider schlossen sich wieder, und er schlief weiter.
    »In diesem Jahr gibt es kein Opfer«, sagte Royia zu Tlepau Aq. Er nickte in Richtung des Waldes, wo sich hinter den Kronen die Wolkenstreifen rötlich eingefärbt hatten. »Seit undenklichen Zeiten geht die Sonne am sechsten Tag auf. So auch heute, wie du siehst, ohne dass dieser Mann sterben musste. Sie hätte es immer getan. Immer. Und was die Erwählten betrifft: Wenn zwei in deiner Stadt auftauchen, werden auch weitere kommen. Willst du sie alle töten? Die Zeit der Täuschungen ist vorbei. Vorbei, begreif das endlich! Also sag mir, was auf dem Berg geschieht!«
    Tlepau Aq sah ihn gequält an. Er wusste, dass Royia mit jedem Wort recht hatte. Sag es, wollte Naave ihn in Gedanken zwingen. Sag es endlich.
    Doch er schüttelte fahrig den schwer geschmückten Kopf. »O nein. Finde es selbst heraus, wenn du unbedingt die Welt in ihr Unglück stürzen musst. Ich werde dir dabei gewiss nicht helfen.«
    »Vater …«
    »Sei still, Tochter! Ich habe versagt! Ich habe vor meinem Herrn, dem Gott-Einen, aufs schmählichste versagt, denn ich konnte die Welt nicht vor diesem Mann bewahren, den du auch noch … liebst. So ist es doch, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Sogar Iq-Iq

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