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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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auskratzen, wenn er ihr davon erzählte.
    Pemzic krauste die Stirn. Was vom Himmel zu sehen war, hatte sich zugezogen. Irgendwo grollte Donner. »Seit Tagen liegt der Regen in der Luft, und ausgerechnet jetzt kommt er. Er wird euch die Sache nicht gerade erleichtern. Sollen wir es aufschieben? Könnte allerdings ein paar Tage dauern.«
    Die Männer murrten, und bevor Royia meinetwegen nicht sagen konnte, kam aus dem Baumhaus ein dumpfes, gebelltes »Nein!«
    Sofort waren alle still. Pemzic warf einen Blick hinauf, der beinahe entschuldigend wirkte. Auch Naave drehte den Kopf. Doch die aus Rindenfasern gewebten Tücher, die sich leicht wie Nebelschwaden bewegten, verbargen die Gestalt dahinter.
    Royia blieb keine Zeit, um sich über den Unsichtbaren Gedanken zu machen. Jemand begann eine Trommel zu schlagen. Die Töne erfassten sofort seine Glieder. Auch Tihaunaco straffte sich, marschierte am Rand des Wasserlochs entlang und sprang dann geschmeidig auf den Stamm des quer darüber gewachsenen Krüppelmanoqs. Und wartete. Er dachte nicht daran, seine restlichen Waffen abzulegen.
    Royia nahm die andere Richtung und betrat den gewundenen Stamm über dessen schmales Ende – ein weiterer Nachteil.
    »Wer herunterfällt, ist des Todes«, rief Pemzic. »Nicht, dass der Absturz tödlich wäre. Aber das Wasser ist derzeit nur knietief; ein paar Knochen wird es einen schon kosten. Und die werden zur Strafe nicht behandelt – was das hier in der Wildnis bedeutet, dürfte klar sein. Fangt an!«
    Royia nahm an, dass diese Drohung nur für ihn galt. Auf die Dienste des besten Dorfjägers würde man schwerlich verzichten wollen. Oder Pemzic war sich seiner Sache völlig sicher.
    Er blendete die beständig im Hinterkopf bohrenden Gedanken an das Rätsel der Botschaft aus. Auch an Naave verbot er sich zu denken. Ein Blick nur auf ihre jammervoll gefesselte Gestalt, und die Ablenkung konnte tödlich sein. Leicht geduckt schritt er über den Stamm, ertastete mit den Füßen jeden Riss, jede Schrunde, suchte das Leben des Baumes, um sich damit zu verbinden.
    Dicke Regentropfen zerplatzten auf seinem Gesicht. Er hob den rechten Arm. Dem Roten Menschentöter machte der Regen nichts aus. Royia bewegte die Armmuskeln, und das Insekt antwortete ihm mit einem Vibrieren, stärker als das gewöhnlicher Menschentöter. Deutlich spürte er, wie es Blut aus seinem Arm pumpte und sich daran labte. Er musste warten, bis es satt war.
    Tihaunaco stand starr, wartete wie Royia auf das Ende der Nahrungsaufnahme. Plötzlich sprang er mit einem Schrei vor und streckte den Arm. Die Mandibeln des Insekts weiteten sich. Eine glänzende Kugel schoss aus dem Maul. Royia duckte sich unter ihr hinweg. Eine zweite folgte, klatschte ihm ans Knie. Mit der linken Hand wischte er sie herunter. Verdammt, er war viel zu langsam! Für einen Moment glaubte er, der Krüppelmanoq schwankte. Die Wände des Wasserlochs schienen sich zu biegen. Es war nur die Nachwirkung des Giftes. Er biss die Zähne zusammen. Solche Schwäche musste tödlich sein. Doch Tihaunaco ließ sich Zeit. Er tänzelte, schwang den bewaffneten Arm und schien seinen Vorteil vertändeln zu wollen, indem er beifallheischend zu seinem Häuptling hinübersah.
    Plötzlich schoss die nächste Kugel auf Royia zu. Er musste sich rücklings fallen lassen, die Füße drohten die Verbindung zum Stamm zu verlieren. Rasch griff er nach einem seitlich herausragenden Ast, um nicht zu stürzen.
    Er streckte den Arm aus. Doch anscheinend war seine Waffe ein wenig störrisch. Hatten sich die Götter denn völlig gegen ihn verschworen?
    Ja. Genau das.

10.
    U nangenehm spürte Naave Pemzics Arm auf der Schulter. »Weißt du, wie solche Wasserlöcher einst entstanden sind?«, fragte er sie im Plauderton. Jedes Wort schickte üble Gerüche an ihre Nase. »Das geschah, als der Gott-Eine den Tod in die Unterwelt jagte. Der Tod warf riesige Feuerbrocken nach der Sonne, doch der Eine schlug sie mit solcher Kraft zurück, dass sie tief in den Erdboden eindrangen. Die Spuren dieses Kampfes findet man nur noch sehr selten. Wahrscheinlich sind die meisten Löcher und Krater im Laufe der Zeit zugewuchert.«
    Naave stellte sich vor, wie Pemzic hineinstürzte und sich das Genick brach.
    Der Regen klatschte ihr ins Gesicht. Das war gut, so würde niemand sehen, wenn sie weinte. Noch weinte sie nicht, noch kämpfte sie die Tränen erfolgreich zurück. Doch sollte der Kampf so weitergehen, würde es nicht mehr lange dauern, bis Royia

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